Bad Berleburg. Es gibt erste Ideen für Auswahlkriterien für Flächen. Grundbesitzer, Investoren und Politik haben aber unterschiedliche Interessen.

„Da herrscht genauso Goldgräberstimmung, wie bei der Windkraft“, macht der Bad Berleburger CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Schneider deutlich, warum seine Fraktion bereits im März 2023 die Stadtverwaltung in einem Antrag aufgefordert hat, sich um Kriterien für die Ausweisung von Vorrangzonen für Freiflächen-Photovoltaik zu kümmern, sobald die Arbeiten an den Windkraftvorrangzonen abgeschlossen sind. Schneider möchte „Eckpfosten einschlagen, damit Investoren und Grundbesitzer Planungssicherheit haben“.

Das sagt ein Landwirt

Darauf wartet auch Fritz Marburger aus Christianseck seit Jahren. Der Nebenerwerbslandwirt möchte sieben Hektar seiner Grünflächen neben Hof Teiche an einen Projektierer verpachten, damit dieser dort eine Freiflächensolaranlage aufstellen kann. „Die Pläne sind fertig und wir stehen in ständigem Kontakt mit der Stadt. Aber bisher hatten wir den Eindruck, dass die sich dagegen wehren“, sagt Marburger. „Wir haben auch bereits mit den Windkraftprojektierern aus Elsoff gesprochen. Die können sich vorstellen, dass man die Stromeinspeisung an deren Trasse vom Ohrenbach herunter andockt“, so Marburger. Dafür allerings bräuchte man Baurecht und eine Genehmigung.

In der kommenden Plenarwoche ist es nun soweit: Die Stadt Bad Berleburg will Regeln schaffen, nach denen Photovoltaik auch auf freien Flächen möglich ist. Der entsprechende Vorschlag für Auswahlkriterien von geeigneten Flächen ist in einer Vorlage für den Bauausschuss zusammengefasst. Möglich wird das ganze laut Verwaltung auch, weil eine Änderung im Landesentwicklungsplan vom 23. April diesen Jahres „neue Planungsräume eröffnet“.

Martin Schneider, CDU-Fraktionsvorsitzender

„Strom kann man nicht essen. Es kann nicht sein, dass wir landwirtschaftlich ertragreiche Flächen für Freiflächensolaranlagen opfern.“

Martin Schneider

Während Windenergieanlagen im Baurecht privilegiert sind, dass heißt einfacher geplant, genehmigt und gebaut werden können, gilt das bei Freiflächen-Photovoltaik nur für Solarparks in einem 200-Meter-Streifen entlang der Autobahnen oder von zweigleisigen Fernzug-Trassen. Außerdem genießen sogenannte Agri-PV-Anlagen bis maximal 2,5 Hektar Fläche eine Privilegierung, wenn sie in räumlicher Nähe zu Bauernhöfen stehen. Das schränkt die Planung erheblich ein, weil für alle anderen Freiflächen-Vorhaben ein Flächennutzungsplan nötig ist.

Rechtliche Grundlagen definieren

„Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung die Entwicklung von Leitlinien vor, die als Maßstab für die Entscheidung über die Einleitung und Durchführung von Bauleitplanverfahren angewendet werden können. Die Erarbeitung der Leitlinien soll mit juristischer und planerischer Unterstützung erfolgen“, heißt es in der Verwaltungsvorlage und bedeutet übersetzt: Vorangzonen können mit Hilfe von Anwälten geplant werden.

Zu den Auswahlkriterien gehören dann Abstände zu Wohnbebauung, Naturschutz, Schutz von bestimmten ertragreichen landwirtschaftlichen Flächen wie Äckern, Geländebeschaffenheit, Erschließbarkeit durch Fahrzeuge, Anschlussmöglichkeiten. Berücksichtigt werden sollen aber auch kommunale Grundstücke. Und: bei Freiflächen PV-Anlagen gibt es gesetzliche Bestimmungen, wie die Kommunen finanziell beteiligt werden müssen. „Auf diese Weise können die Kommune und die Bevölkerung vor Ort an der Wertschöpfung der PV-Nutzung beteiligt werden“, heißt es in der Vorlage.

Kalamitätsflächen nutzen

Martin Schneider, der auch der Vorsitzende des Bauausschusses ist, kennt mehrere Interessenten, die wie Fritz Marburger in Christianseck, an anderen Stellen im Stadtgebiet Freiflächen-PV-Anlagen errichten wollen und verleiht auch der Notwendigkeit für eine Regelung Nachdruck: „Strom kann man nicht essen. Es kann nicht sein, dass wir landwirtschaftlich ertragreiche Flächen für Freiflächensolaranlagen opfern.“ Schneider weiß, dass es bereits Vorverträge geben soll. Wenn dann ein Investor mehr Pacht zahlt als ein Landwirt, verliere dieser die Flächen für die Bewirtschaftung und muss möglicherweise seinen Hof aufgeben, beschreibt Schneider ein negatives Szenario. „Es kann nicht sein, dass wir dann hier keine Milch oder Lebensmittel mehr produzieren.“

Fritz Marburger

„In Bergregionen und auf minderen Flächen sollten Solaranlagen genehmigt werden. Da können durchaus auch Schafe weiden oder Hühner gehalten werden.“

Fritz Marburger

„Die Ertragsverluste sind minimal“, entgegnet dazu Fritz Marburger. „In Bergregionen und auf minderen Flächen sollten Solaranlagen genehmigt werden“, sagt der Nebenerwerbslandwirt. Und er betont, dass die Plänen auf seinem Grund zwar keine Agri-PV-Anlage vorsehen, aber auch unter einer Freiflächenanlage sei eine landwirtschaftliche Teilnutzung möglich: „Da können durchaus auch Schafe weiden oder Hühner gehalten werden“, so Marburger.

Der Wunderthäuser Ortsvorsteher Martin Schneider bringt andere Flächen ins Spiel. Er kann sich durchaus vorstellen, abgeholzte Kalamitätsflächen, steile Hänge mit Südausrichtung für Photovoltaik zu nutzten. „Das ist aus meiner Sicht machbar“, sagt Schneider und weiß, dass es dabei Widerstände aus anderen Bereichen, wie dem Landesbetrieb Wald und Holz geben könnte.