Erndtebrücks CDU regt an, die Ortstafeln um den Schriftzug „Luftwaffengarnison seit 1966“ zu erweitern. Eine gute Idee? Oder einfach unnötig?

Pro: Gemeinde wäre eine andere ohne die Kaserne

Redakteurin Lisa Kaus
Redakteurin Lisa Kaus © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Das Erndtebrück, das wir heute kennen, wäre nicht genau dieses Erndtebrück ohne den Luftwaffenstandort auf dem Hachenberg. Seitdem die Kaserne und damit seit Jahrzehnten auch unzählbar viele Soldaten Einzug gehalten haben in die kleine Gemeinde, hat sich auch die Infrastruktur, ja der Ort selbst diesen Erfordernissen angepasst. Dadurch hat die Gemeinde vor allem gewonnen.

Darauf darf man stolz sein – und warum sollte man diesen Stolz, diese Verbundenheit, nicht auch nach außen hin präsentieren? Es ist kein plumper Militarismus – die Bundeswehr hatte und hat einen prägenden Einfluss auf die Gemeinde, noch heute steht der für die Wiedervereinigung bedeutsame Bunker Erich auf einer Anhöhe mit Blick auf den Kernort. Zudem ist der Einsatzführungsbereich 2 in Erndtebrück eine von nur zwei Dienstellen der Bundeswehr in Deutschland, von denen aus der deutsche Luftraum überwacht wird. Rund um die Uhr, an jedem Tag des Jahres üben die Soldaten auf dem Hachenberg einen hochgradig anspruchsvollen Job aus, mit einer Verantwortung auf den Schultern – nämlich unsere Sicherheit und die aller Menschen, die sich im deutschen Luftraum befinden – die sich nur die wenigsten zutrauen würden.

Der Antrag der Erndtebrücker CDU gliedert sich an den gemeinsamen Antrag der Gemeinde und des Einsatzführungsbereiches 2 an, nach den vielen Jahren des engen Miteinanders auch formell eine Partnerschaft einzugehen. Ein Zusatz auf dem Ortsschild wäre nur ein weiterer, konsequenter Schritt. Es mag die Frage aufkommen, wie viele Erndtebrücker (noch) wissen, welche Bedeutung die Bundeswehr für Erndtebrück hat– warum nicht daran erinnern? Zum Beispiel mit dem Zusatz auf dem Ortsschild? Daran kann das Miteinander zwischen Soldaten und Zivilisten doch nur weiter wachsen.

Lisa Klaus

Contra: Da sollte man erst die Bevölkerung fragen

Redakteur Eberhard Demtröder
Redakteur Eberhard Demtröder © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Kein Zweifel: In der Gemeinde Erndtebrück ist die Luftwaffe der Bundeswehr zuhause, hat in der Hachenberg-Kaserne ihr Domizil. Und die Bundeswehr ist ein wichtiger Arbeitgeber, demnach also ein gravierender Wirtschaftsfaktor für die Edergemeinde. Aber: Sind große Unternehmen wie etwa das Erndtebrücker Eisenwerk das nicht auch?

Erlaubt sein muss ebenfalls die Frage: In welchem Umfang sind solche Zusätze auf gelben Ortstafeln überhaupt gestattet? Sicher: Das NRW-Heimatministerium hat bereits im Dezember 2017 Zusatzbezeichnungen auf Ortsschildern zugelassen – als „Beitrag zur Identitätsstiftung in den Orten“, so Ministerin Ina Scharrenbach. Doch: Wie hoch ist eigentlich der Anteil jener Erndtebrücker, die sich wirklich mit der Bundeswehr in ihrer Heimatgemeinde identifizieren? Eine Umfrage könnte es an den Tag bringen – noch ehe die Politik vor Ort darüber entscheidet.

Üblicherweise nennt die Vorderseite der Ortstafel „den amtlichen Namen der Ortschaft und den Verwaltungsbezirk“, heißt es in einer Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) des Bundes. „Andere Zusätze sind nur zulässig, wenn es sich um Bestandteile des amtlichen Ortsnamens oder Titel handelt, die auf Grund allgemeiner kommunalrechtlicher Vorschriften amtlich verliehen worden sind“ – Beispiel: „Bad“ wie für Berleburg und Laasphe.

Und ich werde das Gefühl nicht los, dass man am Ende vor lauter Text auf den Tafeln gar nicht mehr erkennt, um welchen Ort es geht – nämlich Erndtebrück. „Universitätsstadt Siegen“ etwa lasse ich mir ja noch gefallen, das nimmt man als Autofahrer auf der Durchreise vielleicht noch wahr. Aber „Luftwaffengarnison seit 1966“, wie es die Erndtebrücker CDU vorschlägt? Über zwei Zeilen hinweg?

Eberhard Demtröder