Wittgenstein. Saisonale und regionale Produkte sparen Kosten, aber auch Energie für Lieferwege oder Kühlung. Und was tragen Bauherren, Mieter, Autofahrer bei?

Nicht zuletzt durch den Ukraine-Krieg des russischen Präsidenten Putin, der für Deutschland gerade die Erdgas-Zufuhr gedrosselt hat, bekommt Energiesparen auch in Wittgenstein derzeit noch einen ganz anderen Stellenwert. Dazu im Gespräch mit unserer Redaktion: Manuel Spies, im Bad Berleburger Rathaus Abteilungsleiter Immobilienmanagement, und Julia Eitzenhöfer vom Projektmanagement Kommunale Entwicklungspolitik.

Gas fürs Heizen wird knapp, Sprit fürs Auto wird teurer, Strom und Wasser offensichtlich auch – was rät die Stadt Bad Berleburg als nachhaltig agierende Kommune ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ganz allgemein angesichts der neuen Lage? Inwieweit muss man umdenken?

Manuel Spies: Die Stadt Bad Berleburg unterstützt den Bau neuer energieeffizienter und damit klimafreundlicher Immobilien – derzeit zum Beispiel beim zweiten Bauabschnitt im Neubaugebiet Sengelsberg. Alle, die dort energieeffizient bauen, erhalten eine Vergünstigung auf den Bauplatzpreis (10 Euro/Quadratmeter, maximal 6000 Euro). Grundsätzlich empfehlen wir, die kostenlose Energieberatung der Verbraucherzentrale NRW und der Stadt Bad Berleburg in Anspruch zu nehmen, um in diesem Zuge individuelle Lösungen zu finden. Dabei helfen können auch die kompetenten Handwerksbetriebe vor Ort, die – angesichts von derzeit allgemein bestehenden Lieferengpässen – insbesondere bei der Überprüfung langfristiger Alternativen sowie deren Umsetzung unterstützen können.

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Was sollten Bauherren derzeit besonders beachten?

Julia Eitzenhöfer: Ein großer Teil der Energie wird im Gebäudebereich bei Heizung und Warmwasser verbraucht. Das Einsparpotenzial ist hier also entsprechend groß. Bauherren unterliegen den gesetzlichen Regelungen, die einen gewissen Mindeststandard an Energieeffizienz erfordern. So wird unter anderem ein Mindeststandard beim Energiebedarf sowie die Nutzung erneuerbarer Energien bei Neubauten im Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschrieben. Diese Standards können etwa mit dem Effizienzhaus 40 oder Effizienzhaus 40 Plus sogar noch übertroffen werden. Mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Wohngebäude (BEG WG) lassen diese Standards zudem sogar subventionieren.

Wer ein solches Energiesparhaus bauen möchte, sollte sich bereits im Vorfeld von einer qualifizierten Expertin oder einem qualifizierten Experten beraten lassen. Die Expertin oder der Experte kümmert sich dann um die Planung, notwendige Bescheinigungen für die Förderanträge und beaufsichtigt auch die Ausführung, so dass am Ende auch das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Die Kosten für eine solche Expertin oder einen Experten werden übrigens ebenfalls von der Förderung bezuschusst. Weitere Infos dazu gibt es auch im Internet unter www.energiewechsel.de/KAENEF/Redaktion/DE/Standardartikel/Dossier/B-weg-zum-sparsamen-neubau.html

Lohnt sich für Hauseigentümer eine energetische Modernisierung – und in welcher Form? Wie kurzfristig geht das überhaupt?

Julia Eitzenhöfer, Stadt Bad Berleburg, Projektmanagement Kommunale Entwicklungspolitik: „Eine Überprüfung der Heizungsanlage und der Heizkörper ist schon vor den ersten kalten Tagen empfehlenswert. Ist diese richtig eingestellt und funktioniert problemlos, lassen sich so auch Energiekosten einsparen.“
Julia Eitzenhöfer, Stadt Bad Berleburg, Projektmanagement Kommunale Entwicklungspolitik: „Eine Überprüfung der Heizungsanlage und der Heizkörper ist schon vor den ersten kalten Tagen empfehlenswert. Ist diese richtig eingestellt und funktioniert problemlos, lassen sich so auch Energiekosten einsparen.“ © Unbekannt | Stadt Bad Berleburg

Eine energetische Sanierung lohnt sich fast immer – vom Keller bis zum Dach gibt es dabei zahlreiche Möglichkeiten. Mit der Wärmedämmung der Außenfassade oder des Daches können die Energiekosten eines Hauses um bis zu 40 Prozent gesenkt werden. Auch der Austausch alter Fenster oder der Einbau einer neuen Heizungsanlage wirkt sich positiv auf den Energieverbrauch und letztlich auch den Geldbeutel aus. Welche Maßnahmen in der einzelnen Immobilie effizient und umsetzbar sind, sollte mit einer Expertin oder einem Experten geklärt werden.

Gerade nach dem Kauf einer Immobilie ist eine energetische Sanierung nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) unter bestimmten Voraussetzungen aber auch Pflicht, nämlich wenn das Gebäude vor dem 1. Februar 2002 gebaut wurde und geltende Standards, etwa bei der Dämmung des Daches, nicht eingehalten werden. Wenn man eine solche Immobilie erwirbt, muss man innerhalb von zwei Jahren nach Einzug der Pflicht zur Sanierung nachkommen. Wie schnell eine energetische Sanierung vorgenommen werden kann, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren wie etwa der Bewilligung von Fördermitteln, Krediten und letztlich den Auftragsbüchern der ausführenden Gewerke ab.

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Wie hilfreich fürs Energiesparen ist eine Photovoltaik-Anlage oder eine Wärmepumpe?

Mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach können die Kosten für den Stromverbrauch gesenkt werden, da man – je nach Anlagengröße – einen Teil seines Bedarfs selbst produziert. Eine Wärmepumpe – diese kommt insbesondere bei Neubauten zum Einsatz – ist wiederum besonders geeignet, Energie zu sparen, da sie die vorhandene Umweltenergie nutzt, um zu heizen. Im Vergleich zu einer konventionellen Gas- oder Öl-Heizung wird hier im Schnitt nur ein Viertel an zusätzlicher Energie (Strom) benötigt, um die gewünschte Kesseltemperatur zu erreichen. Der größte Spar-Effekt lässt sich also durch eine Kombination von Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe erzielen.

Wo kann ich beim Einkaufen Energie sparen?

Auch beim Einkaufen lässt sich Energie sparen. So sollte beim Kauf neuer Elektrogeräte auf den Energieverbrauch geachtet werden. Dieser wird durch das EU-Energielabel ausgewiesen.

Produkte mit langen Lieferwegen oder Kühlketten sollten vermieden werden. Der Kauf stattdessen von möglichst saisonalen und regionalen Produkten spart nicht nur Kosten, sondern auch Energie für Lieferwege oder Kühlung. Auch durch weniger tierische Produkte kann Energie eingespart und der eigene CO2-Fußabdruck verringert werden. Dieser lässt sich übrigens mit dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes berechnen und weiteres Einsparpotenzial im Alltag aufzeigen. Der Rechner ist verfügbar im Internet unter https://uba.co2-rechner.de/de_DE/

Wie kann ich mich jetzt schon am besten daheim auf kalte Wintertage vorbereiten?

12 Tipps fürs schnelle Energiesparen

Schon kleine Anpassungen im Alltag können helfen, schnell relativ viel Energie oder Wasser einzusparen, so die Stadt Bad Berleburg. Dazu zählen:• Abschalten von elektrischen Geräten statt des Versetzens in den Stand-By-Modus• Helligkeit von Bildschirmen drosseln• Möglichst mit Deckel kochen, um Hitze im Kochgefäß zu halten und dabei passende Herdplattengröße wählen. Übrigens: Wasserkocher sind im Vergleich zur Herdplatte nicht nur energieeffizienter, sondern sparen zudem auch Zeit, da sie das Wasser beispielsweise für das Kochen schneller erhitzen• Kühlschrank auf sechs bis sieben Grad Celsius stellen, den Gefrierschrank auf minus 18 Grad Celsius• Spül- und Waschmaschine immer möglichst voll beladen, Eco-Programme nutzen• Insbesondere in der kalten Jahreszeit alle zwei bis drei Stunden für ein paar Minuten bei vollständig geöffneten Fenstern stoßlüften, statt dauerhaft bei gekippten Fenstern• Händewaschen mit kaltem Wasser. Seife reinigt auch ohne warme Temperaturen • Die Pflanzen mit Regenwasser gießen• Öfter duschen statt baden• Wassersparende Armaturen im Haushalt verbauen• Heizung regelmäßig warten lassen und hydraulischen Abgleich durchführen• Türen und Fenster abdichten

Um im Winter möglichst wenig Energie zu benötigen, lohnt es sich schon jetzt zu schauen, wo eventuelle Wärmelücken bestehen. Gerade über Fenster und Türen verlieren Wohnräume viel Wärme. Neue Dichtungen können hier auf jeden Fall helfen. Auch eine Überprüfung der Heizungsanlage und der Heizkörper ist schon vor den ersten kalten Tagen empfehlenswert. Ist diese richtig eingestellt und funktioniert problemlos, lassen sich so auch Energiekosten einsparen.

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Was sollten Mieterinnen und Mieter einer Wohnung beachten?

Zwar haben Mieterinnen und Mieter in der Regel keinen Einfluss auf den Energieträger, den Vermieter für die Immobilien wählen. Die meisten der genannten Alltagstipps zum Energiesparen können aber auch ohne Wohneigentum umgesetzt werden.

Welche sinnvollen Alternativen bieten sich in der Region zum derzeit teuren Autofahren mit Verbrenner-Motor?

Grundsätzlich sollte – wann immer möglich – der ÖPNV dem Auto vorgezogen werden. Wo dies – etwa auf Grund mangelnden Angebots – nicht möglich ist, sind Fahrgemeinschaften etwa mit Arbeitskollegen oder der Umstieg auf das Rad mögliche Alternativen. So können nicht nur die Kosten gesenkt, sondern kann gleichzeitig auch etwas für das Klima getan werden.

Die Stadt Bad Berleburg bietet auch eine Energieberatung an. Wie hilfreich wäre ein direktes Gespräch mit dem Fachmann vor dem Hintergrund der erwähnten aktuellen Lage? Wie komme ich an einen Termin?

Eine Energieberatung bei der Verbraucherzentrale lohnt sich besonders für Bauherrinnen und Bauherren bei Neubauten und Bestandssanierungen. Bei den Einzelterminen informiert der Energieexperte Dipl.-Ing. Joachim Weid zu Energiesparmöglichkeiten und Fördermöglichkeiten rund ums Haus. Die nächsten Beratungstermine sind am Mittwoch, 6. Juli und 3. August, jeweils in der Zeit von 12 Uhr bis 15.45 Uhr. Anmeldungen hierfür nimmt die Klimaschutzbeauftragte Jessica Durstewitz per E-Mail unter j.durstewitz@bad-berleburg.de oder telefonisch unter Tel. 02751/923-113 gerne entgegen. Auf Grund der in den vergangenen Monaten gestiegenen Anfragen hat die Verbraucherzentrale NRW zusätzlich ein breites Angebot an Online-Beratungen unter https://www.verbraucherzentrale.nrw/energie/energie-kompakt-72935 am Start.

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Wo finde ich konkrete Hinweise auf Ratgeber zum Energiesparen?

Konkrete Tipps und Ratgeber stehen Bürgerinnen und Bürgern an verschiedenen Stellen zur Verfügung. So informiert das Umweltbundesamt zum Thema Energiesparen im Internet unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energiesparen. Auch die Verbraucherzentrale NRW bietet zahlreiche Tipps und Hinweisen zum Energiesparen im Internet unter https://www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/energie an. Die Online-Seminare der Verbraucherzentrale zu verschiedenen Energiethemen finden sich im Internet unter https://www.verbraucherzentrale.nrw/energie/energie-kompakt-72935. Mit der Energiewechsel-Kampagne hat es sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zum Ziel gesetzt, die gesamte Gesellschaft zum Energiesparen zu aktivieren und informiert unter https://www.energiewechsel.de/KAENEF/Navigation/DE/Home/home.html ebenfalls umfassend über Energiesparmöglichkeiten, Förderprogramme und den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energien.

Auch Gemeinde Erndtebrück rät zum Umdenken

Auch die Gemeinde Erndtebrück rät ihren Bürgerinnen und Bürgern zum Umdenken in Sachen Energie.

„Im Sinne eines verantwortungsbewussten Ressourcen-Umgangs spielen die Themen Effizienz und Suffizienz sicherlich eine große Rolle“, heißt es dazu aus dem Rathaus an der Talstraße. „Effizienz kann in diesem Fall die energetische Sanierung von Gebäuden oder eine treibstoffschonen Fahrweise sein. Suffizienz meint den bewussten Umgang mit Energie: Hier wäre beispielsweise sinnvolles Lüften und Heizen ein Ansatzpunkt.“ Und in Bezug auf Mobilität könne die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung von Bus und Bahn oder auch des Fahrrads eine deutliche Verbesserung erzeugen.

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Bauherren sollten nachhaltige Energiequellen nutzen – aber auch darauf achten, dass ihr Haus möglichst energieeffizient gebaut wird. „Dabei ist auf den Dämmwert von Baumaterialien, das A/V Verhältnis oder die Nutzung solarer Wärmegewinne zu beachten.“ Das A/V Verhältnis ist eine wichtige Größe für die Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden.

Mit dem Bürgerbus zum Einkaufen

Und wie sieht es mit Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen aus? Sie „werden zur Erzeugung von Energie genutzt und haben daher keinen nennenswerten Effekt auf das Einsparpotenzial“, so die Gemeinde. Jedoch könnten die Energiekosten damit durchaus gesenkt werden, da nicht absehbar sei, dass das Preisniveau fossiler Brennstoffe in absehbarer Zeit sinke.

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Energie sparen lasse sich auch beim Einkaufen, so die Gemeinde – sowohl bei der Anreise hinsichtlich der Wahl der Verkehrsmittel Bahn, Bürgerbus oder Fahrrad, als auch bei der Wahl der eingekauften Produkte: Sie sollten aus der Region kommen und in die Saison passen.

Bad Laasphe verweist auf Energieverein Siegen-Wittgenstein

ie Stadt Bad Laasphe bietet keine eigene Energieberatung an – verweist aber wie im Übrigen auch die Gemeinde Erndtebrück auf den Energieverein Siegen-Wittgenstein (www.energieverein-siwi.de): Er sei „mit der nötigen Expertise ausgestattet“ und biete „für jeden eine individuell zugeschnittene, kostenfreie und kompetente Energieberatung an“, außerdem „Workshops, Vorträge und Info-Veranstaltungen rund ums Thema Energie(sparen)“, so die Pressesprecherin Ann-Kathrin Müsse. Ansprechpartner für Ratsuchende sei darüber hinaus die Verbraucherzentrale NRW mit Beratungsstellen in Bad Berleburg und Siegen.