Bad Berleburg. Sollte der Kernstadt-Verkehr am Bahnhof vorbei nordwärts und via Poststraße südwärts fließen? Warum diese Idee aus den 90ern wieder in Mode ist.
Werden die Poststraße und die parallel verlaufende, sogenannte Entlastungsstraße am Bahnhof entlang bis hinauf zum Nordkreisel demnächst zu Einbahnstraßen, um die Aufenthaltsqualität dort für Fußgänger, vor allem aber auch für Radfahrer zu erhöhen? Diese Idee wird in Bad Berleburg derzeit ernsthaft politisch diskutiert. Im Grunde hätte die Stadt eine solche Regelung schon vor über 20 Jahren haben können – als besagte Idee schon einmal aufkam. 1999 hatte eine Bürgerinitiative sogar einen Bürgerentscheid zum Thema ins Rollen gebracht, um genau dies zu erreichen.
Die Ablehnung
„Meine Gegenspieler waren Michael Sittler und Eberhard Friedrich“, erinnert sich Horst Günter Linde, damals einer der Initiatoren. Die beiden damaligen Fraktionschefs der SPD und der CDU hätten das Einbahn-Vorhaben damals „politisch verhindern“ wollen, sagt Linde. Er gehört heute für die UWG-Fraktion Mitglied dem Bad Berleburger Ausschuss für Planen, Bauen, Wohnen und Umwelt an, ist Abgeordneter im Siegen-Wittgensteiner Kreistag und Mitglied der Kommission für Verkehr und Mobilität im Regierungsbezirk Arnsberg. Und tatsächlich lehnte die Stadtverordneten-Versammlung am Ende ab -- weil ein Gutachten 1998 zu dem Ergebnis kam, dass so eine Regelung das Verkehrsaufkommen um 30 Prozent steigern würde, Stichwort „Parksuchverkehr“. Genau dieses Gutachten soll nun die Basis werden für eine Mobilitätskonzept, das neue Ergebnisse liefert.
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Die Argumente
Schon damals hatte die Initiative „eine Reihe wesentlicher Vorteile gegenüber dem Zweirichtungsverkehr“ im Blick – unter anderem mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer durch zusätzliche Flächen, mehr Grün im Straßenraum und günstigere Bedingungen für den Busverkehr, aber auch zusätzliche Parkplätze. Doch die Zeit und die Kommunalpolitik damals sei für derart innovative Ideen offenbar noch nicht reif gewesen, meint Linde rückblickend. Bislang sei die Verkehrspolitik immer auf das Auto ausgerichtet gewesen – aber jetzt gebe es einen erkennbaren „einen Trend zum Umdenken“. Das zeigen laut Linde auch ganz deutlich die Konzepte für den Radverkehr der Zukunft in der Region, die derzeit in Arbeit seien.
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Das Bürgerbegehren
„Vertretungsberechtigte“ für das Bürgerbegehren waren neben Linde auch der ehemalige Bad Berleburger Kinderarzt Dr. Adolf Spieske und der grüne Kommunalpolitiker Edgar Neidhardt aus Beddelhausen. Linde, letzter Überlebender des Trios: „Wir brauchten formell 2400 Unterschriften für einen Bürgerentscheid – und hatten am Ende 3600 Berleburger, die mitgemacht haben.“ Wobei die weitaus meisten der Unterzeichner damals für die Einbahn-Regelung gestimmt hätten. Allerdings sei der Entscheid am Ende an zu geringerer Beteiligung gescheitert, bedauert Linde – und wohl auch an den damaligen formellen Hürden. So hätten die Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Stadtgebiet lediglich im Rathaus an der Poststraße abstimmen können. „25 Prozent hätten an einem Sonntag zustimmen müssen, das haben wir aber knapp verfehlt“, bedauert der UWG-Politiker noch heute.
Die Finanzierung
Blick zurück
„Ich bin dafür, dass in der Kernstadt von Bad Berleburg die Verkehrsplanung so erfolgt, dass im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden der Einbahnstraßenverkehr verwirklicht wird.“ So lautete damals die Fragestellung. Dabei sollte der Verkehr auf der Achse Schulstraße, Unterm Höllscheid und Bahnhofstraße Richtung Norden fließen und in der Poststraße nach Süden.Horst Günter Linde erinnert sich, dass die Welt an Poststraße und Bahnhofstraße Ende der 90er Jahre noch ganz anders aussah. „Es gab damals noch kein Modehaus Krug, kein Rossmann – da war die Tankstelle von Christian Eckelsbach. Und vom Bahnhof bis zum heutigen Rewe lagen auf rund 17.000 Quadratmetern ja noch Gleise. Einen Busbahnhof gab es schon, aber noch nicht nach dem heutigen Standard.“
Zur Finanzierung des Einbahn-Verkehrs hatte die Initiative vor allem Fördergelder des Landes und des Bundes, aber auch Anlieger-Beiträge nach Kommunalabgabengesetz (KAG) vorgeschlagen – und den Ausbau mit Kosten von rund 2,5 bis 3,5 Millionen D-Mark beziffert. Linde schätzt, dass so ein Ausbau heute das Gleiche kosten würde – allerdings in Euro. Und ob die Entlastungsstraße tatsächlich mit Geld aus KAG-Beiträgen zu finanzieren sei, das sei noch zu hinterfragen. Schließlich gehe es auch bei der aktuellen Einbahn-Idee im Wesentlichen darum, den gesamten Verkehr samt Lkw auf der B 480 durch Bad Berleburg auf zwei Parallelstraßen zu verteilen – so dass bei der Finanzierung womöglich auch der Bund als Straßenbaulastträger ganz wesentlich ins Spiel komme.
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Der Kompromiss
Der Kompromiss in der Einbahn-Diskussion damals sei gewesen, so Linde, 2003 die Poststraße durchzusanieren. Und heute biete sie auch genügend Platz etwa „für einen einseitigen Radweg“, findet er. „Was aber nicht passieren darf, ist, dass wir uns in der Sache politisch blockieren“, warnt Linde. Denn: „Die Entlastungsstraße muss jetzt erneuert werden“ – idealerweise mit Einbahn-Regelung.