Bad Berleburg/Erndtebrück. Weil er die Scheidung einreichen wollte, attackiert die Erndtebrückerin ihren Mann im Schlaf mit einem Hammer und bedroht ihn mit einem Messer.
Er konnte in der Ehe nicht mehr und kündigte die Scheidung an, sie wollte aber um jeden Preis an der Partnerschaft festhalten – als alles Bitten um eine erneute Chance nicht half, griff die heute 56-jährige Erndtebrückerin zum Hammer und schlug damit gegen den Kopf des schlafenden Noch-Ehemannes. Als dieser sich mit einer blutenden Wunde wieder aufgerappelt hatte, drohte sie ihm mit einem Brotmesser: „Ich stech dich ab!“
Die Angeklagte
„Es tut mir unendlich leid, dass ich mit dem Hammer zugeschlagen habe“, gab die Erndtebrückerin am Freitagvormittag bei der Verhandlung im Amtsgericht Bad Berleburg alles zu. Am 29. November 2018 habe sich schließlich die ohnehin schon schwierige Situation in der Ehe zwischen ihr und ihrem heute 61-jährigen Ex-Mann zugespitzt. „Er hatte eine Freundin auf Arbeit und mit der hat er ständig geschrieben, auch vor meinen Augen“, berichtete die Angeklagte.
Auch am Tatabend sei dem so gewesen, zudem habe er die Angeklagte beleidigt. „Ich solle mich mal im Spiegel anschauen, ich sei lästig und mit mir könnte man doch sowieso nichts unternehmen“, erinnerte sich die 56-jährige Frau, die seit Jahrzehnten Alkoholikerin ist und auch an jenem Abend, nach dreiwöchiger Abstinenz, wieder zum Wein gegriffen hatte.
Die Polizei hatte bei ihr im Nachgang 1,74 Promille festgestellt. Mittlerweile habe sie den Alkoholkonsum stark eingeschränkt, beteuerte die 56-Jährige. Mal ein Glas Wein oder eine Flasche Bier am Wochenende sei alles, was sie zu sich nehme. Zusätzlich befinde sie sich noch wegen psychischer Probleme in Therapie, eine tiefenpsychologische Behandlung werde derzeit angestrebt.
Der Ex-Mann
„Eigentlich ist sie ein lieber und netter Mensch“, präsentierte sich indes der Ex-Mann alles andere als nachtragend im Zeugenstand. Der Alkohol jedoch verändere ihr Wesen. Auch habe er aufgrund ihrer persönlichen Geschichte Verständnis für ihre Angst. „plötzlich allein da zu stehen. Auch wenn das nicht rechtfertigt, mit dem Hammer zuzuschlagen.“ An einen schwerwiegenden Streit am Tatabend konnte er sich nicht erinnern: „Ich kam von der Spätschicht, zuhause war die Stimmung entspannt. Wir haben noch ferngesehen“, so der 61-Jährige. Die Angeklagte habe ihn noch einmal von den Scheidungsplänen abbringen wollen, dann sei er auf der Couch eingeschlafen. Aufgewacht sei er wieder, als er einen Schlag gegen den Kopf verspürte.
„Da stand dann meine Frau vor mir, mit dem Hammer in der Hand.“ Er sei ins Bad geflohen, um dort die Blutung zu stillen. Seine damalige Frau sei ihm daraufhin mit dem Messer gefolgt und habe ihm gedroht: „Ich stech dich ab!“
Suizid mehrfach verhindert
Der 61-Jährige konnte ihr das Brotmesser abnehmen und verhinderte dann ihren ersten Suizidversuch an dem Abend, indem er ihr noch ein zweites Messer wegnehmen konnte. „Danach hat sie sich im Badezimmer eingeschlossen und die Wanne volllaufen lassen. Ich konnte die Tür aber öffnen und da stand sie schon mit einem Bein im Wasser, in einer Hand einen Föhn.“ Den konnte er ihr abringen, ebenso wie inen Rasierapparat, mit dem sie ihr Vorhaben vollbringen wollte.
„Mir ist es auch heute nicht egal, wie es ihr geht, ich möchte schon, dass es ihr gut geht“, so der 61-Jährige. Er telefoniere auch noch gelegentlich mit ihr, wenn sie Sorgen habe. Nur habe ihn die Ehe zuletzt körperlich stark belastet und er die nächtlichen Eskapaden seiner Frau nicht mehr ertragen können: „Entweder ist sie mit der Zigarette in der Hand eingeschlafen oder hat mitten in der Nacht angefangen zu kochen bis der Rauchmelder anging.“ Er habe kaum noch Schlaf finden können – betrogen habe er seine Frau jedoch nicht, wie die vermutet habe.
Die Tochter
„Nein, meine Mutter trinkt am Wochenende nicht nur ein Glas Wein, absolut nicht“, gab die 35-jährige Tochter der Angeklagten zu Protokoll. Erst vor kurzem noch sei sie „hackenstramm“ gewesen. „Mit der Zeit stumpft man als Tochter diesbezüglich einfach ab“, so die 35-Jährige. Niemand habe sich mehr zu helfen gewusst, Polizei- und RTW-Einsätze seien bei ihrer Mutter regelmäßig der Fall.
So habe die Angeklagte an einem Heiligabend, in Gegenwart der kleinen Enkel, mit einem Messer herumgefuchtelt und Drohungen ausgesprochen. Die Tochter habe für ihre Mutter eine gesetzliche Betreuung beantragt, um ihr zu helfen. Auch erhoffe sie sich von dem Ausgang der Verhandlung eine Möglichkeit für ihre Mutter, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Die Entscheidung
Die Strafgewalt des Amtsgerichts reicht in diesem Fall nicht aus, waren sich schlussendlich Richter Torsten Hoffmann und Oberamtsanwältin Judith Hippenstiel einig. Statt der vorgeworfenen gefährlichen Körperverletzung stünde eher eine versuchte Tötung im Raum, zudem sei sie aufgrund ihres Alkoholproblems weiterhin eine Gefahr für ihre Nahestehenden. Deshalb soll der Fall am Siegener Landgericht erneut verhandelt werden.