Wittgenstein.. Straßen-Sanierungen in Wohngebieten – das kann für die Anlieger teuer werden. In Bad Berleburg soll ein neues Konzept die Unterhaltung wirtschaftlicher machen. Ob es gelingt? Im benachbarten Bad Laasphe ist man da schon ganz neugierig.


Gerne würde die Stadt Bad Berleburg die maroden Straßen im Wohngebiet „Am Kappler­stein“ in Aue von Grund auf sanieren. „Doch das ist gar nicht so einfach“, räumt Stadtplaner Wolfgang Acker-Marx ein. Denn: Die rund 100 Anlieger müssen mitspielen, sich über Beiträge am Ausbau beteiligen. Der städtische Anteil steht bereits im Haushaltsplan für 2015 – aber der macht nur rund 20 Prozent der vermutlichen Gesamtkosten aus. Den Rest tragen die Bürger. Unsere Zeitung fragt in den Wittgensteiner Rathäusern nach: Muss diese Kostenverteilung wirklich sein?

Wie verfährt die Kommune mit dem Ausbau beitragspflichtiger Straßen? Startet der, wenn’s mit dem Zustand gar nicht mehr geht? Oder läuft kontinuierlich Instandhaltung? Mit welchen Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge?

Bad Berleburg

Stadtplaner Wolfgang Acker-Marx unterscheidet zunächst einmal ganz neue Straßen etwa in Neubaugebieten, die nach dem Baugesetzbuch des Bundes im Verhältnis 90:10 Prozent mit Löwenanteil für die Anlieger abgerechnet werden – sowie Straßen, die nach 25 bis 30 Jahren „abgängig“ sind und „nochmalig hergestellt werden“. Auf letztere seien die Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) anwendbar. Und die liegen in Bad Berleburg derzeit bei 80 Prozent der Baukosten für die Anlieger. Das sei auch „als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung“ zu verstehen, sagt Acker-Marx. Jedenfalls könne die Stadt ihr relativ großes, rund 300 Kilometer langes Straßennetz derzeit auf gar keinen Fall aus dem eigenen Haushalt finanzieren.

Allerdings stütze man sich bei Ausbau-Entscheidungen ganz wesentlich auf „Hinweise aus der Bevölkerung“, erläutert Acker-Marx – schaue, wo bei den Bürgern auch tatsächlich „die Bereitschaft da“ sei, sich an den Kosten zu beteiligen.

Bad Laasphe

Zum Vergleich: In Bad Laasphe macht die Stadt bei den Ausgaben für eine normale Wohnstraße „halbe, halbe“ mit den Anliegern, berichtet Beigeordneter Dieter Kasper. Dabei seien nicht wenige Straßen im Stadtgebiet dringend sanierungsbedürftig – vor allem auf den Dörfern, so Kasper, wo sie nicht selten noch den Standards der 60er, 70er Jahre entsprächen: keine Beleuchtung, keine Entwässerung, kein Bordstein. Und damit eigentlich nicht mehr geeignet für die gewachsene Verkehrsdichte und den 20-Tonnen-Müllwagen von heute.

Erndtebrück

Die Gemeinde verfügt nach eigenen Angaben über ein vom Rat der Gemeinde beschlossenes Straßenausbauprogramm, das im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel abgearbeitet wird: „Die vorhandenen Straßen werden im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht und der zur Verfügung stehenden Mittel unterhalten und regelmäßig instandgesetzt.“

Welche konkreten Beispiele gibt es für besonders dringende Straßenbau-Maßnahmen?

Bad Berleburg

Das eingangs erwähnte Wohngebiet „Am Kapplerstein“ in Aue gehöre dazu, so Berleburgs Stadtplaner Acker-Marx, aber sicherlich auch „der große Bereich der Entlastungsstraße“ am Bahnhof vorbei durch die Kernstadt parallel zur Poststraße (B 480). Hier bleibe die Stadt am Ball, um den Bund an den Kosten für einen Ausbau zu beteiligen.

Bad Laasphe

Für Bad Laasphe nennt Beigeordneter Dieter Kasper die Straße „Zum Ebsch“ in Hesselbach – „ein einziger Flickenteppich“. Hier stehe die Stadt „in der Verantwortung“. Mit dem „jämmerlichen Zustand“ in der Oberndorfer Straße dagegen sei es nach dem Ausbau für rund 1,1 Millionen Euro zum Glück vorbei.

Erndtebrück

Blick nach Erndtebrück: Hier wurden im laufenden Jahr zum Beispiel ddie Anbindung der Weiherstraße an die Bergstraße (L 720) umgesetzt. In Planung sind momentan die Ausbauten des Höhenwegs (vorderer Teil) und der Ausbau der Breidenbachstraße.

Wie können neue Ideen zum Ausbau städtischer Straßen helfen, hier besser zu wirtschaften?

Bad Berleburg

Bad Berleburg arbeitet derzeit gemeinsam mit einem Planungsbüro ganz konkret an einem Konzept zur Bewirtschaftung von Straßen- und Wirtschaftswegen – im Moment vor allem um auszuloten, welche Wege im Netz womöglich überflüssig und privatisierbar sind, so Stadtplaner Acker-Marx. Das betreffe vor allem Wirtschaftswege in große private Forst- oder Agrar-Flächen, aber auch die kleine Stichstraße mit ein oder zwei Anliegern. Gemeinsam mit der Politik wolle man nun nach und nach die Details zum Konzept erarbeiten – möglichst schon in einer Sondersitzung des Ausschusses für Planen, Bauen, Wohnen, Umwelt am Dienstag, 18. November. Die Sitzung ab 18 Uhr im Bad Berleburger Feuerwehrgerätehaus an der Sählingstraße ist öffentlich

Bad Laasphe

Im Bad Laaspher Rathaus beobachtet man die Aktivitäten in der Nachbarstadt mit großem Interesse, so Beigeordneter Dieter Kasper – und hoffe auf ein vorbildliches Konzept für die Lahnstadt. Klar sei jedenfalls: Auch Bad Laasphe müsse gerade beim Straßenbau „die Gelder wirtschaftlicher einsetzen“.

Erndtebrück

Die Gemeinde Erndtebrück stellt in Frage ob neue Programme oder Konzepte erforderlich sind. „Schon heute wird ausschließlich die wirtschaftlichste Lösung umgesetzt“, heißt es aus dem Rathaus.

Was halten Sie von allgemeinen Abgaben, die zweckgebunden für den örtlichen Straßenbau eingesetzt werden können?

Bad Laasphe

Anlieger-Beiträge oder Steuern zur Beteiligung der Bürger an der Finanzierung des Straßenbaus – da sei man ja im Grunde frei, sagt Bad Laasphes Beigeordneter Dieter Kasper. Aber: „Hier die Pferde zu wechseln, ist gar nicht so einfach.“ Sicher: Man könnte die Zahlungen alternativ über die Grundsteuer B abwickeln – doch würden da alle Bürger wirklich mitmachen? Und wie gerecht wäre eine Umstellung jenen Anliegern gegenüber, die bereits Beiträge gezahlt haben?

Bad Berleburg

Für Bad Berleburgs Stadtplaner Acker-Marx ist eine Alternative zum KAG „ganz schwierig“ – und „rechtlich auch gar nicht möglich“.

Erndtebrück

Originalton Gemeinde Erndtebrück: „Die zur Verfügung stehenden Instrumentarien des Kommunalen Abgabengesetzes werden hier als ausreichend angesehen. Die Anwendung ist rechtlich abgesichert.“