Bad Berleburg. Generationswechsel bei „Haas Bedachungen“ in Bad Berleburg: Vater Peter gibt ab, Sohn Paul Johann Peter übernimmt. Dazu ein Interview mit beiden.
Im Handels- und Genossenschaftsregister ist für die Haas GmbH, Bad Berleburg, ab sofort Paul Johann Peter Haas (32) als Geschäftsführer bestellt – statt bisher Peter Haas (62). Warum, darüber sprechen Sohn und Vater im Interview mit unserer Redaktion. Beide sind Dachdeckermeister.
Ist das jetzt ein echter Generationswechsel in der Firmengeschichte von „Haas Bedachungen“?
Paul Haas Das ist wohl so. Bis zum 1. Januar hatte mein Vater die Zügel in der Hand – und wir haben den Betrieb zum Jahreswechsel mit allem Wenn und Aber an mich übertragen. Das dafür im Handelsregister der 17. Februar steht, liegt wohl an den deutschen Behörden.
Warum tritt hier der Sohn in die Fußstapfen des Vaters?
Paul Haas Es bot sich an. Ich als Sohn bin nun auch bereits ein paar Jahre mit im Team und habe davor in einer fremden Firma gelernt. 2014 habe ich meinen Dachdeckermeister und den Klempnermeister gemacht. Mein Vater sehnte sich nach ein klein wenig Unterstützung im administrativen Bereich. Die Frage einer Übergabe stellte sich ja nur nach einem geeigneten Zeitpunkt. Am großen Tisch wurde alles besprochen und dann recht zügig auf den Weg gebracht. Zum Jahreswechsel wurde dann eben alles überschrieben.
Was motiviert Sie beide, aufs Dach zu gehen?
Paul Haas Was uns motiviert? Ich für mich liebe die Arbeiten im Handwerk, etwas mit meinen Händen zu erschaffen. Gerade traditionelle Werkstoffe wie Schiefer oder Blech finde ich extrem reizvoll, weil man damit eben nicht nur Dächer zumachen kann, sondern sich diese Materialien mit Kunsthandwerk verbinden lassen. Klar könnte man ein Herz aus Schweißbahn schneiden – aber eines aus Schiefer ist schöner.
Peter Haas Auch ich muss sagen, dass ich diesen Beruf in all den Jahren besonders im handwerklichen Bereich gerne ausgeübt habe. Vor allem Schiefer-Arbeiten jeder Art habe ich immer gerne ausgeführt. Interessant war auch seit jeher der Umgang mit Kunden, die sich ihr Dach manchmal nicht genau vorstellen konnten und wo ich durch Beratung dann Dach- und Wandflächen zur Zufriedenheit beider Seiten gestalten konnte.
Laut Register-Eintrag ist Ihr Unternehmen von der Straße Im Gunzetal 10 zur Limburgstraße 29 umgezogen. Warum war das notwendig?
Paul Haas Weil das Gunzetal die Privatadresse meines Vaters ist. In grauer Vorzeit befand sich das Büro dort und deshalb bot sich eben diese Liegenschaft als Rechnungsadresse an. Nun ist der Firmensitz gleich die Postanschrift.
Peter Haas, Dachdeckermeister – sind Sie noch der „Senior-Chef“? Und ganz nebenbei weiter Mitglied im Bauausschuss der Bad Berleburger Schützen?
Steckbrief: Peter Haas
Peter Haas (62) ist wie sein Sohn gebürtiger Bad Berleburger. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder.Haas war in den 70er Jahren einer der ersten Schüler der damals neu gebauten Realschule am Stöppel. Zum Dachdecker ausgebildet wurde er über zwei Jahre im elterlichen Betrieb. Eine von Haas‘ Maximen: Bei Bauprojekten im Idealfall Hand in Hand mit anderen Handwerksbranchen arbeiten.Haas, lange Jahre Handball-Spieler beim VfL Bad Berleburg, geht es heute beim Wandern und mit dem Wohnmobil ruhiger an. Seine Vorlieben in der Musik reichen von Klassik über Deep Purple bis Reinhard Mey. Seit nunmehr 25 Jahren ist Haas im Bauausschuss der Bad Berleburger Schützen aktiv. Hier würde sich der 62-Jährige übrigens „frisches Blut wünschen, damit es vorwärts geht“.
Peter Haas Auf dem Papier bin ich kein Seniorchef mehr. In den Köpfen aber schon. Ich kann also, muss aber nicht. Ich unterstütze meinen Sohn zusammen mit meiner Tochter in allem, was im Büro so anfällt. Angebote und Rechnungen sind immer noch zu einem großen Teil mein Part. Die Kundenbetreuung auf der Baustelle habe ich aber abgegeben. Ganz nebenbei hat der Unternehmer-Wechsel keinerlei Auswirkung auf meine Tätigkeiten im Schützenverein. Nach wie vor bin ich also im Bauausschuss aktiv.
„Zurzeit beschäftigen wir sechs Mitarbeiter auf der Baustelle“, heißt es im Internet-Auftritt Ihres Unternehmens. Und: „Unsere Bürokraft und natürlich der Geschäftsführer selbst runden das Team schließlich ab und machen es komplett.“ Stimmt das noch so vom Personal her?
Paul Haas Ja das stimmt noch so. Zusätzlich bin ich und ist mein Vater weiterhin auf den Baustellen aktiv, beziehungsweise zuständig für Vorarbeiten wie die Zusammenstellung von Materialien und die Erstellung von Blechkant-Teilen.
Und wie sieht es mit dem Nachwuchs fürs Unternehmen aus, Stichwort Fachkräfte-Mangel?
Peter Haas Ein leidiges Thema, über das wohl so gut wie jeder im Handwerk klagt. Wir haben Glück und aktuell ein sehr junges, dynamisches Team. Wir hoffen, wir können diese Mitarbeiter auch halten. Allerdings wollen wir natürlich in Zukunft auch weiter ausbilden. Wir haben aktuell eine Azubine, die aber im August voraussichtlich fertig sein wird und einen Lehrling im zweiten Lehrjahr, der nächstes Jahr in die Prüfung geht. Uns geht’s damit wahrscheinlich verhältnismäßig gut. Für die Zukunft wünschen wir uns natürlich weitere Bewerbungen.
Schwindelfrei zu sein ist natürlich Grundvoraussetzung für den Beruf, oder? Lässt sich das eigentlich auch antrainieren?
Paul Haas Wer grundlegende, panische Angst vor Höhe hat, ist woanders sicherlich besser aufgehoben. Und dennoch lässt sich auch diese Eigenschaft antrainieren. Wir erwarten von keinem, der daheim mal auf eine Treppenleiter gestiegen ist, über eine 14-Meter-Leiter eine Rinne zu reinigen. Aber nach und nach wird man in der Höhe dann sicherer – und das ist eben Grundvoraussetzung. Wir müssen ja nicht nur nach oben, sondern eben auch dort arbeiten. Dieser Prozess geht aber in der Regel relativ zügig vonstatten.
Welche Rolle spielt die allgegenwärtige Digitalisierung denn im Dachdecker-Handwerk?
Steckbrief: Paul Haas
Paul Johann Peter Haas (32) wird in Bad Berleburg geboren und wächst hier auf. In der Odebornstadt macht er auch seinen Realschulabschluss.Seine Ausbildung hat Haas bei Dachdecker Jürgen Saßmannshausen in Schameder gemacht. „Da hat man dann auch andere Arbeitstechniken kennengelernt“, sagt er. Seit 2009 arbeiten Sohn und Vater im gemeinsamen Betrieb. Eine künstlerische Vorliebe hat Paul Haas für Ornamente in Schiefer und Blech.In seiner Ausbildungszeit hat Haas auch seine Frau kennengelernt, fuhr ihr später nach Australien nach, wo beide sechs Monate verbrachten – ehe sie heirateten. Das Ehepaar Haas hat zwei Kinder.Als Hobby-Landwirt sitzt Haas oft auf dem Trecker und unterstützt außerdem seine Frau mit ihren Pferden.
Paul Haas Eine große. Das ging vor einigen Jahren mit Inkrafttreten der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GOBD) los – und seitdem ist da ohne PC wie fast überall fast kaum noch was zu machen. Außer natürlich das Arbeiten selbst.
Was passiert bei Ihnen konkret mit Hilfe des Rechners?
Paul Haas Angebote und Rechnungen werden bereits seit 25 Jahren an einem Rechner geschrieben. Mittlerweile sind noch einige Sachen dazu gekommen: digitale Aufmaße, Arbeitsvorbereitungen, Baustellenplanung, die gesamte Kommunikation und teilweise sogar die Beurteilung von Dachflächen, die als Drohnen-Aufnahmen ins Büro kommen und dort analysiert werden. Hier muss man einfach immer entscheiden: Was macht überhaupt Sinn, es digital zu erledigen, was macht man besser „analog“? Auch das Dachdecker-Handwerk bietet mittlerweile einen großen Pool verschiedener Software an, um zum Beispiel Feuchte- und Windsog-Berechnungen, Dämm- und Entwässerungskonzepte oder eben Aufmaße digital zu erstellen, um diese an Kunden oder Händler weiter zu geben.
Dachdecken und die Installation von Photovoltaik-Anlagen – wie verträgt sich das eigentlich? Oder ergänzt sich das?
Paul Haas Warum sollte sich das nicht vertragen? Wir arbeiten in diesem Bereich sehr eng mit Fachunternehmen für Strom oder Heizung zusammen, da die geplanten Module später ja auch in irgendeiner Form angeschlossen werden müssen. Die Installation auf dem Dach stellt ja eher ein Aufgabenbereich des Dachdeckers dar als die eines Installateurs. Beim Anschluss innen wiederum ist es genau umgekehrt.
Paul Johann Peter Haas, Klempnermeister – warum macht man als Dachdecker auch noch den Meister in diesem Handwerk? Haben Sie Ihrem Vater da jetzt etwas voraus?
Paul Haas Wir arbeiten im Dachhandwerk sehr oft gewerkübergreifend. Einen Kamin musste vor einigen Jahren noch ein Maurer aufmauern, mittlerweile werden wir da bereits geschult. Rinnen und Fallrohre war zu meiner Lehrzeit noch Sache des extra bestellten Klempners. Heute kenne ich kaum einen Dachdecker, der keine Rinne anschlägt. Es bot sich einfach an. Mich interessiert Blech ungemein – und warum keinen Meistertitel in einem Interessenbereich erwerben? Klempnermeister heißt ja nicht, dass ich jetzt Waschbecken anschließen kann. Um Verwechslungen zu vermeiden, sagen wir daher Spengler. Und da ich zu Hause ganz lieb gefragt habe, ob man mich für die Dauer des Kurses noch entbehren kann und mir dieses „genehmigt“ wurde, habe ich eben auch noch diesen Meister gemacht.
Ihr Slogan: „Seit 200 Jahren in Familienhand“. Was sind die Höhepunkte der Firmengeschichte?
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Paul Haas Da gibt’s in 200 Jahren natürlich einige. Ich denke, in jüngerer Geschichte dürfte der Firmensitz-Wechsel 1977 von der Ederstraße 50 hier ins Industriegebiet dazugehören, die Übernahme des Geschäfts meines Vaters 1989 und meine Übernahme 2021. Wir haben ein ganz tolles Verhältnis zu sämtlichen Gesellen, die bei uns in Rente gehen. Die werden immer gerne zu allen Feiern eingeladen und unterhalten uns mit ihren Geschichten. Hier könnte man vielleicht erwähnen, dass wir einen Mitarbeiter haben, der bereits in der dritten Generation in der Firma Haas tätig ist. Sein Opa war bereits bei meinem Opa beschäftigt. Das finde ich total super – und ich freue mich riesig, dass wir sozusagen eine ganze Familie gewinnen konnten.
Und welche Geschichten erlebt man so im Berufsalltag?
Paul Haas Wahrscheinlich dieselben wie anderswo auch. Kleinere Verbrennungen und Schnitte gehören für uns zur Tagesordnung. Es bieten sich fast täglich irgendwelche kleinen Anekdoten, worüber man später lachen kann. Vielleicht. Gottlob sind bislang nur wenige größere Unfälle passiert. Wir führen ein ganz tolles Verhältnis zu all unseren Mitarbeitern. Einzelne Geschichten sind eben einfach situationsbedingt komisch. Wer in diesem Beruf arbeitet, sollte wissen, dass man eben auch bei Schnee und Regen draußen ist. Das man arbeitet, bis man die Finger nicht mehr spürt oder die Unterhose nass werden kann. Das bei 35 Grad die Wassermenge von sechs Litern Schweiß zu schaffen ist. Wie fast überall liebt man diesen Job, oder man hasst ihn. Hier merkt man das dann aber sehr schnell.
Was sagt eigentlich der „Enkel des Unternehmers“ zu der Idee in Ihrem Internet-Auftritt, den „Traditionsbetrieb fortzusetzen“? Dürfte es auch eine Enkelin sein?
Paul Haas Prinzipiell darf es natürlich eine Enkelin sein. Man wird sehen, wie sich die zukünftige Nachfolge weiterentwickelt. Wer weiß schon mit acht oder neun Jahren, was man später einmal machen möchte? Ich glaube, keines der Enkelkinder meines Vaters ist ungern hier unten. So ein Betriebsgelände mit all den tollen Maschinen lässt natürlich so ein Kinderherz höherschlagen und bietet uns als Betrieb die Möglichkeit, die Werbetrommel für das Dachdecker-Handwerk innerhalb der Familie zu rühren. Folglich sind alle mit einem gewissen handwerklichen Geschick gesegnet. In unserer großen Familie bietet sich da auf jeden Fall Potenzial. Wichtig ist später, dass man liebt, was man tut. Einzig und allein das zählt.