Wittgenstein. Der Leiter des Regionalforstamtes Siegen-Wittgenstein, Diethard Altrogge, äußert sich zu den Auswirkungen des milden Winters auf Wald.
Der Winter lässt auf sich warten. Wir haben mit dem Leiter des Regionalforstamtes, Diethard Altrogge über die Auswirkungen des warmen Wetters auf den Wald gesprochen.
1 Für die Touristiker- und Wintersportfreunde ist der bisherige Winterverlauf dramatisch schlecht. Warum ist das Wetter für Forst- und Landwirtschaft ein Segen?
Wir Forstwirte sind froh um jeden Tropfen Wasser der fällt. Aber das warme Wetter bedeutet auch für den Wald enormen Stress.
2 Die lang anhaltende Dürre hat die Bäume geschwächt und die Borkenkäfer-Kalamität begünstigt. Hilft der feuchte und warme Winter gegen den Käfer?
Nein. Es bleiben sogar eine Menge Käfer mehr am Leben. Normalerweise leben die ein bis zwei Jahre. Eine natürlichen Wechsel zwischen Kälte und Wärme mögen sie nicht. Die Jungkäfer und die Larven überwinter unter der Rinde und sind dadurch schlechter gegen Kälte geschützt. Die ausgewachsenen Käfer graben sich in den Waldboden ein. Strengen Frost überstehen sie aber gut. Sie können die Käfer ein paar Tage in die Kühltruhe legen und sie fliegen dann trotzdem noch. Unabhängig vom Borkenkäfer braucht die Lebensgemeinschaft Wald aber auch strenge Winter - zur Auslese.
3Das Thema Auslese gilt nicht nur für Insekten, sondern auch für das Wild. Was muss sich da ändern?
Die Borkenkäfer-Kalamität wird noch drei bis vier Jahre andauern. Wichtig ist, was danach kommt: Mit der Wilddichte, wie wir sie jetzt haben, werden wir nach der Borkenkäfer-Kalamität auf den Freiflächen keinen neuen Wald großziehen können. Die Tiere fressen uns dann alles, was nicht Fichte ist einfach weg.
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4 Wie lange müsste sich dieses nasse aber warme Wetter fortsetzen, um nachhaltig die Wasserspeicher aufzufüllen?
Dafür müsste es schon drei bis vier Monate weiter regnen. Aber Wasserspeicher ist ein wichtiger Begriff. Bislang reden wir immer nur über die Wasserversorgung der Bäume. Die stellen beispielsweise ihre Atmung ein, wenn die Versorgung unter 40 Prozent sinkt. Dadurch wird dann auch kein Holz mehr produziert. Aber Wald hat ja auch noch eine andere Aufgabe: Trinkwasser bereitzustellen.
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5 Können Sie diese Funktion näher erläutern?
Weltweit sind nur 3 Prozent des Wassers Süßwasser. 97 Prozent sind in den Meeren gebundenes Salzwasser. Dann muss man wissen, dass der Großteil des Süßwassers, 2,7 Prozent, an als Eis an den Polen gebunden ist. Nur 0,3 Prozent stehen also zu Verfügung. Und dieses Trinkwasser wird im Wald durch die Bäume gefiltert und zur Verfügung gestellt. Der Wald ist also der wichtigste Trinkwasserlieferant des Menschen.
Mit Diethard Altrogge sprach
Lars-Peter Dickel