Erndtebrück. Großer Bahnhof fürs KoDorf in Erndtebrück: Zahlreiche Menschen wurden jetzt über das Projekt detailreich aufgeklärt.

Leben und Arbeiten auf dem Land hat Zukunft – und die muss mit den entsprechenden Rahmenbedingungen gefördert werden: Das war der Konsens aller Ansprachen bei der Bürgerinformationsveranstaltung zum KoDorf in Erndtebrück.

Mehr als 150 Personen hatten sich am Samstagnachmittag auf dem Gelände des Sägewerks eingefunden, um mehr über das Projekt zu erfahren – kaum jemand hatte mit diesem hohen Maß an Interesse gerechnet. Umso erfreuter zeigte sich Bürgermeister Henning Gronau: „Es ist toll, dass man in Corona-Zeiten so etwas erleben darf.“

Hans-Josef Vogel zeigte sich beeindruckt vom Projekt.
Hans-Josef Vogel zeigte sich beeindruckt vom Projekt. © WP | Lisa Klaus

Beeindruckt vom Interesse der Menschen – die nicht nur aus Wittgenstein, sondern unter anderem auch aus Köln oder Steinfurt angereist waren – aber vor allem auch vom Projekt selbst zeigte sich Regierungspräsident Hans-Josef Vogel: „Die Erndtebrücker und ihr Bürgermeister haben Zukunftslust. Sie wollen etwas Neues ausprobieren, sie wollen ihren Ort öffnen“, lobte Vogel.

Die Vorgeschichte

„Vor etwa eineinhalb Jahren habe ich den Kontakt zu Frederik Fischer gesucht, weil ich von der Idee des KoDorfes von Anfang an begeistert war“, erklärte Gronau den Hintergrund der Zusammenarbeit. Schlussendlich sei Erndtebrück eine von drei Kommunen in Deutschland geworden, für die sich die Initiatoren des KoDorfes entschieden haben, so Architektin Katrin Frische – zuvor hatten sie zahlreiche Städte und Gemeinden, die sich beworben hatten, besichtigt.

Erndtebrück jedoch habe dabei alle Voraussetzungen erfüllt – dazu habe die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr gehört sowie die entsprechende Fläche mit einer Größe von einem Hektar und auch eine ansprechende Optik und Nähe zur Natur.

Die Idee von Frederik Fischer erwuchs vor etwa fünf Jahren, als er sich überlegte, wie Menschen, die unter der Stadt „leiden“ und gerne auf dem Land leben wollen, dies ermöglicht werden kann – denn mittlerweile sei dies der Wunsch der meisten Menschen, so Fischer: „Die wenigsten wollen tatsächlich in der Stadt leben und würden ein Dorf bzw das Land bevorzugen.“

Hans-Josef Vogel,. Andreas Müller, Frederik Fischer und  Henning Gronau (von links) Corona-gerechte Begrüßung.
Hans-Josef Vogel,. Andreas Müller, Frederik Fischer und Henning Gronau (von links) Corona-gerechte Begrüßung. © WP | Lisa Klaus


Die Idee verabschiedete er beinahe, nachdem er nicht die richtigen Rahmenbedingungen finden konnte – ein Drei-Seiten-Hof, bewohnt von einer Gemeinschaft, wäre nur eine bessere WG, so Fischer. Als Teil einer Hochzeitsgesellschaft, die in einem Ferienpark untergebracht war, kam ihm dann die Idee zum Konzept des KoDorfes – „das war eine tolle Erfahrung, das einzige, was gefehlt hatte, war ein Raum für die Gemeinschaft.“

Der Plan

Mehrere Höfe, die aus verschieden großen Holzhäusern bestehen, sollen das KoDorf in Erndtebrück ausmachen. Noch bei der Veranstaltung verkündete der Initiator und Architekt Patric Meier spontan: „Mir kam der Gedanke, weil wir gerade darunter stehen: Diesen Unterstand des Sägewerks dürfen wir nicht abreißen, der ist großartig und wir sollten ihn beibehalten. Die Halle wird in den nächsten Entwurf mit eingezeichnet“, versprach Meier.

Die Häuser werden, wie bereits berichtet, dem Konzept des „tiny house“ (dt. winziges Haus) entsprechen: Das größte Haus werde nach derzeitiger Planung 64 Quadratmeter groß sein, die Einrichtung platzsparend und minimalistisch nach skandinavischem Vorbild. Die Kosten für den Bau eines Hauses dieser Größe belaufen sich laut Meier auf 268.000 Euro. Geregelt wird alles in einer Genossenschaft.

Die Fortführung

„Das soll kein Projekt sein, das zehn Jahre lang ,herumwabert’“, machte Frische deutlich. In eineinhalb Jahren solle mit dem Bau begonnen werden. Das KoDorf selbst werde jedoch schon wesentlich früher mit Leben gefüllt werden, berichtete Fischer aus der Erfahrung, die die Initiatoren bereits im KoDorf in Wiesenburg machen konnten.

So solle der Entwurf zusammen mit den Ideen Interessenten und Erndtebrückern entstehen. Wie genau das Leben im KoDorf ablaufen wird, sollen die Bewohner selbst entscheiden, erklärte Frische: „Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, jemanden für die Sauberkeit oder auch das Pflegen der Gärten einzustellen. Wenn das die Gemeinschaft selbst regeln will, kann sie das tun.“

Grundsätzlich solle es so laufen, dass Interessenten sich per E-Mail bei den Initiatoren melden können. Im nächsten Schritt müsse ein ausführlicher Fragebogen ausgefüllt werden, inklusive Foto und der Motivation, warum man Interesse am KoDorf habe. „Wenn wir dann denken, dass sich diese Person eignet, dabei zu sein, laden wir sie ein“, so Frische weiter.

Die Halle des Sägewerks soll erhalten bleiben.
Die Halle des Sägewerks soll erhalten bleiben. © WP | Lisa Klaus


Dann werde ein „Eintrittsgeld“ in Höhe von 200 Euro in die Genossenschaft fällig sowie drei weitere Zahlungen, die jedoch im Laufe der Zeit zurückgezahlt werden. Anschließend zahlt der Interessent ein Reservierungsgeld (in Wiesenburg waren es 3100 Euro) und kann sich dann auf dem Plan ein Grundstück aussuchen und bestimmen, wie groß das Haus werden soll.

Später zahlt der Bewohner ein Wohnungsgeld – „Miete wollen wir das nicht nennen“, erklärte Meier. Das Wohnungsgeld richte sich nach dem Eigenkapital des Bewohners.

Die Initiatoren suchen die ersten rund zehn Bewohner des KoDorfes aus, den Kern der Bewohner. Die können dann entscheiden, wer zu ihnen ins KoDorf zieht. „Wir würden uns wünschen, dass es eine Mischung wird“, so Frische: „Auswärtige aus der Stadt, aber auch Erndtebrücker oder Rückkehrer, für die es vorher keine Möglichkeit dafür gab.“


Weitere Informationen zum Projekt gibt es online unter www.kodorf-wiesenburg.de und www.kodorf-erndtebrueck.de