Bad Laasphe. Mindy Nudelmans jüdische Großeltern leben bis zu ihrer Deportation 1942 in Bad Laasphe. Zum 1. Mal ist sie nun in der Geburtsstadt ihres Vaters.

Die aktuelle Hitze schien den Gästen aus Israel nichts auszumachen. „It’s like our home“ (Es ist wie bei uns zu Hause), sagte Mindy Nudelman, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Ilan aus der israelischen Stadt Rishon LeZion für ein paar Tage in Deutschland zu Besuch ist. Seit Sonntag sind die beiden in Bad Laasphe auf den Spuren der Vergangenheit. Denn: Mindy Nudelmans Großeltern, Herz und Minna Beifus, ein jüdisches Ehepaar, lebten bis zu ihrer Deportation ins Konzentrationslager Theresienstadt im Jahr 1942 mit ihren sechs Kindern in Bad Laasphe.

Die deutschen Verwandten

Ihr Vater, Artur Beifus, wurde in der Pogromnacht vorübergehend inhaftiert, musste für einige Monate ins KZ Sachsenhausen. 1939 ging er nach England, 1942 nach Kanada, wo er mit seiner Frau Anne 50 Jahre lang lebte. Ihr Vater sprach nicht viel von seiner Zeit hier in Deutschland, erzählte Mindy Nudelman bei dem Empfang im Rathaus.

Doch was er sagte, war, dass er sehr stolz sei, Deutscher und auch Laaspher zu sein. Am heutigen Dienstag, 25. Juni, hätte er seinen 104. Geburtstag gefeiert. Damit schließe sich ein Kreis, so Mindy Nudelman, die schon lange den Wunsch hatte, den Geburtsort des Vaters kennenzulernen.

Der Kontakt

Eingeladen zu diesem besonderen Treffen hatte der christlich-jüdische Freundeskreis unter dem Vorsitz von Rainer Becker. Er erklärte, wie es dazu kam: „Den ersten Kontakt knüpfte Mindy Nudelman per E-Mail im Januar 2019. Meine E-Mail-Adresse hatte sie von ihrer Cousine Dalia Lavi.“

Dalia Lavi und ihr Bruder Naftali waren vor fast zwei Jahren anlässlich des 75. Jahrestages der Deportation von 18 jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern – darunter die Großeltern der Cousinen, Herz und Minna Beifus – in Bad Laasphe zu Besuch gewesen.

Die Vergangenheit

Dass dieses Treffen und auch der Kontakt zwischen den Cousinen entstanden ist, das sei dem ehemaligen Bürgermeister von Bad Laasphe, Otto Düsberg zu verdanken, gab Becker zu bedenken. Dieser hatte 1988 die Holocaust-Überlebenden der jüdischen Gemeinde Laasphe anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht in ihre Heimatstadt eingeladen. Die vier Brüder Artur, Berthold, Robert und Julius Beifus trafen sich hier zum ersten Mal nach dem Ende der Nazi-Diktatur wieder.

„Dieser ist einer der emotionalen Momente eines Bürgermeisters, den man niemals mehr vergisst“, sagte Düsberg. Das bewegendste des Zusammentreffens war, dass sich die vier an ihre Kindheitssprache, dem Laaspher-Platt, erinnerten und miteinander sprachen; denn nicht alle von ihnen konnten gut Englisch.

Der Eintrag ins Goldene Buch

„Thank you for that and for all you do to remember the Jews of Bad Laasphe“ (Danke für das und für alles, was Sie tun, um an die Juden von Bad Laasphe zu erinnern), sagte Mindy Nudelman, nachdem die Eheleute dem Wunsch des Bürgermeisters nachkamen und sich ins Goldene Buch der Stadt eintrugen.

Während ihres Aufenthaltes waren sie bereits im Steinweg 5, dem Haus, in dem Vater Artur aufgewachsen ist. Den letzten Wohnort der Großeltern, die Schlossstraße 16, sowie die Gräber weiterer Verwandten auf dem jüdischen Friedhof besuchte das Ehepaar Nudelman ebenfalls. Die beiden, die selbst Eltern von drei Töchtern sind, haben zehn Enkelkinder. Sie kündigten an, von ihren Erlebnissen zu erzählen, und hoffen, dass ihre Enkel eines Tages ebenfalls nach Bad Laasphe kommen und ihre Wurzeln kennenlernen.


Weitere aktuelle Informationen, Bilder und Videos aus Wittgenstein finden Sie hier.

Übrigens: Uns gibt es auch auf Facebook.