Bad Berleburg.. Freilaufende Hunde stellen für Wildtiere eine mitunter tödliche Gefahr dar. Berleburgs Revierjäger appelliert an das Verständnis der Hundehalter.


Revierjäger Markus Surwehme ist entsetzt und sauer zugleich. Bereits zum zweiten Mal wird ihm in der Osterwoche ein schwer verletztes Reh mitgeteilt. Zum zweiten Mal kann dem Wildtier nicht mehr geholfen werden; es muss von seinen Verletzungen erlöst werden. Zum zweiten Mal muss der Revierjäger nicht nur das Reh in Augenschein nehmen, sondern auch die beiden Kitze, die im Mutterleib heranwuchsen und nun ebenfalls tot sind.

Passanten hatten die beiden Rehe einmal in der Nähe von Kühhude und einmal im Bereich Girkhausen entdeckt. Durch die Schreie der Tiere waren sie auf diese aufmerksam geworden. Sie hatten schwere Bissverletzungen an Kopf, Hals und Körper. Wahrscheinlich wurden sie von freilaufenden Hunden gehetzt, die von ihren Besitzern nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden konnten, vermutet Revierjäger Markus Surwehme.

Heikle Zeit für Jungtiere

„Während der Brut- und Setzzeit gehören Hunde in Wald und Feld an die Leine. Ein Jagdtrieb ist in jedem Hund vorhanden und wenn ein gewisser Schlüsselreiz einwirkt, wird dieser Instinkt ausgelöst. Egal, wie lieb oder gehorsam dieser Hund ansonsten ist.“ Ab dem Frühjahr bis in den späten Sommer hinein, so weiß der Fachmann der Wittgenstein Berleburgschen Rentkammer, sind die unterschiedlichsten Wildtiere mit der Brut oder Aufzucht ihrer Jungtiere befasst. – Eine besonders gefährliche Zeit für die Tiere.

„Oftmals werden Rehkitze direkt am Wegrand oder auch mitten auf dem Weg von der Ricke abgelegt“, erklärt Surwehme. Gerade dort sind viele Spaziergänger unterwegs, nicht wenige mit Hunden. Ebenso sind viele Bodenbrüter wie Enten, Gänse oder Singvögel gefährdet. Doch auch tragende Wildtiere sind mit Jungtieren im Bauch in dieser Zeit einer besonderen Gefahr ausgesetzt.

Markus Surwehme hat einen Tipp für Hundebesitzer um Wildtieren und Hunden gerecht zu werden: „Eine Feldleine verwenden, die etwa zehn Meter lang ist. So kann der Hund laufen, aber trotzdem kann der Besitzer sein Tier bei Bedarf zurückhalten“. Leider trifft der Jäger bei seinen Waldrunden immer wieder Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner nicht an der Leine führen.

„Ich will nicht der böse Jäger sein, der jeden ermahnt“, sagt er. „Ich versuche, für das Verständnis der Hundebesitzer zu werben. Ich habe selbst zwei Hunde und kann es auch verstehen, dass die Leute ihre Hunde gerne frei laufen lassen möchten. Während der Brut- und Setzzeit geht das aber nicht.“

Verständnis fehlt oft

Leider, so die Erfahrungen des Berufsjägers, habe aber längst nicht jeder Hundebesitzer Verständnis dafür. Viele werden laut und unsachlich und sehen nicht ein, warum sie ihren Hund an die Leine nehmen sollten. Wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dazu kommt, dass ein Hund ein Wildtier gehetzt und verletzt hat, gibt es nichts Grausameres, als es schwer verletzt seinem Schicksal zu überlassen.

Revierjäger Markus Surwehme von der Wittgenstein-Berleburg`schen Rentkammer beim Anbringen von Hinweisschildern zur Leinenpflicht für Hunde während der der Brut-und Setzzeit der Wildtiere
Revierjäger Markus Surwehme von der Wittgenstein-Berleburg`schen Rentkammer beim Anbringen von Hinweisschildern zur Leinenpflicht für Hunde während der der Brut-und Setzzeit der Wildtiere © Unbekannt | Matthias Böhl






„Die Hundebesitzer sollen dann wenigstens den zuständigen Jäger informieren und das Tier nicht einfach achtlos liegen lassen“, bittet Surwehme. Wenn man nicht weiß, wer der zuständige Jäger ist, kann auch die Polizei weiterhelfen. Sie würde dann den Kontakt zum Jagdausübungsberechtigten herstellen.

Damit es dazu nicht kommt, bittet der Berufsjäger darum, sich an die Regeln zu halten, und die Hunde während der Waldbesuche in der Brut-und Setzzeit anzuleinen. In Naturschutzgebieten gilt ohnehin eine ganzjährige Anleinpflicht. Seit Ostern weisen auch extra wieder Schilder an den Waldwegen im Bereich Kühhude auf die Brut- und Setzzeit und die damit verbundene Leinenpflicht hin.

Eine Wildschweinsau säugt ihre Frischlinge. Hier ist Vorsicht geboten: Das Muttertier wird ziemlich ungemütlich, wenn man ihrem Nachwuchs zu nahe kommt.
Eine Wildschweinsau säugt ihre Frischlinge. Hier ist Vorsicht geboten: Das Muttertier wird ziemlich ungemütlich, wenn man ihrem Nachwuchs zu nahe kommt. © Unbekannt | Matthias Böhl






Markus Surwehme hat auch noch andere Tipps für ein rücksichtsvolles Verhalten im Feld und Wald: „Junge Wildtiere keinesfalls anfassen, auch wenn sie sehr niedlich aussehen. Die Tiere wurden nicht verlassen oder ausgesetzt, sondern von ihren Alttieren abgesetzt. Sie werden auch wieder abgeholt“, erklärt der Jäger. Junge Feldhasen, berichtet er, seien beispielsweise Nestflüchter und von der ersten Stunde an alleine unterwegs.

Sie würden zum Säugen immer wieder von der Mutter aufgesucht. Erst wenn ein Tier über viele Stunden dort liegt und augenscheinlich krank aussieht oder klagt, kann etwas nicht in Ordnung sein. Dann sollte das Tier aber trotzdem nicht angefasst, sondern der zuständige Jäger informiert werden, der beurteilen kann, ob sich das Tier in Not befindet und entsprechend helfen kann.


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