Girkhausen. „Die 100 Euro werde ich auf jeden Fall nicht bezahlen, aber ich lasse mir auch nicht das Telefon ohne weiteres abstellen“, sagt Karl-Georg Florin.

Kein Anschluss unter dieser Nummer… Für den Handwerksmeister Karl-Georg Florin aus Girkhausen heißt es aber in Abwandlung der alten Telefonansage „Kein Anschluss nach so einer Nummer“.

Der 71-jährige Seniorchef des gleichnamigen Elektroinstallateurbetriebes hat jetzt Konsequenzen gezogen und seinen Vertrag für einen Glasfaseranschluss des Unternehmens mit dem Netzbetreiber Innogy gekündigt, um privat und auch als Firma für Kunden erreichbar zu bleiben.


Der Fall des Arztes aus Elsoff

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Nachdem Florin in der Westfalenpost die Berichterstattung über den Elsoffer Arzt Hans-Peter Becker und dessen Warten auf einen leistungsfähigen Internetanschluss gelesen hat, hat der Handwerksmeister zum Telefon gegriffen, um den Lesern seine Geschichte zu erzählen.


Das Ganze beginnt bereits 2017 als direkt vor dem Betrieb im Peteweg in Girkhausen Bagger ein Leerrohr für einen späteren Glasfaseranschluss verlegen. „Ich bin raus gegangen, habe ich mich bei der Firma erkundigt und einen Vertrag abgeschlossen. Damals sollten wir spätestens im zweiten Quartal 2018 angeschlossen werden“, erinnert sich Florin. Aus diesem Termin wurde nichts und auch andere verstrichen. „Das ging immer so weiter“, ärgert sich der 71-Jährige. Einen Anschlusstermin hat er bis heute nicht.

Telefonanbieter kündigt


Das Problem hätte er auch ausgesessen, wenn sich nicht im September sein bisheriger Telefonanbieter Telekom gemeldet hätte: „Die haben mir geschrieben, dass ich ja einen Vertrag mit Innogy habe und dass mein Telefonanschluss deshalb zum 20. Oktober abgestellt wird.“ Daraufhin wird Florin unruhig und ruft die Kundenhotline von Innogy an. Doch die freundliche Stimme am anderen Ende habe ihm nicht weiterhelfen könne. Drei Mal ruft Florin bei Innogy an. Die versprochene Rückmeldung eines Sachbearbeiters bleibt aus, also greift der Seniorchef zur Tastatur und schickt eine Email. „Ich habe darauf aufmerksam gemacht, dass ich ein Unternehmen habe, ein Ausfall von Internet und Telefon meinen Betrieb schädigt und ich Innogy haftbar machen werde.“ Weil sich daraufhin nichts tat, hat Florin mit der Telekom die Kündigung seines Vertrages - die sogenannte Portierung - die Innogy im Zusammenhang mit dem Vertrag über einen Internetanschluss vereinbart hatte, rückgängig gemacht.

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Ohne Portierung könne Innogy aber auch seinen Anschluss nicht übernehmen und an Glasfasernetz anschließen. Deswegen forderte der Innogy Florin erneut auf eine Portierungserklärung abzugeben, andernfalls solle er eine „Bearbeitungsgebühr“ von 100 Euro entrichten.


Nach Beratung mit einem Rechtsanwalt kontert Florin. Im Gespräch mit dieser Zeitung legt er eine Email vor. In der er begründet, dass er den Vertrag mit Innogy ohne weiteres kündigen könne, weil diese ihm auch auf mehrfache Anfrage hin, keinen Anschlusstermin nennen konnten. „Die 100 Euro werde ich auf jeden Fall nicht bezahlen, aber ich lasse mir auch nicht das Telefon ohne weiteres abstellen“, schreibt er.

Das sagt Innogy

Auf Nachfrage erläutert Christoph Brombach von Innogy, dass die Verschiebungen der Anschlusstermine im verzögerten und aufwändigen Baufortschritt beim Breitbandausbau lägen. Die bekanntgegebenen Quartalstermine mussten deshalb öfters verschoben werden. „Dies bitten wir zu entschuldigen.“ Girkhausen sei über zwei Multifunktionsgehäuse (Am Bergelchen und An der Sprungschanze) ans Glasfasernetz angeschlossen. vom den insgesamt seitens des Kreises für den Breitbandausbau benannten 181 Adressen sind 26 Adressen über das MFG „An der Sprungschanze“ wegen technischer Probleme zurzeit nicht schaltbar. Westnetz hat hier bereits mehrmals Teile ausgetauscht und arbeitet an der schnellen Störungsbehebung, so Brombach. Über das MFG „Am Bergelchen“ könnten alle anderen Kunden auch im Peteweg nach Einhaltung der individuellen Kündigungstermine auf das schnelle Netz geschaltet werden.

Das sagt die Stadt


Auch bei der Stadt Bad Berleburg ist man nicht glücklich über die vielen Verzögerungen bei Breitbandausbau, wie der zuständige Koordinator im Rathaus, Manuel Spies, in einer Email an die Redaktion erläutert: „Die Baumaßnahmen dauern länger und das schon seit Jahren. Wir gehen davon aus, dass das auch in den kommenden Förderverfahren so bleiben wird – aus unterschiedlichen Gründen.“

Spies nennt zum einen die Topographie und die zum Teil schwierige Bodenbeschaffenheit „Klar, dass Wittgenstein felsig ist, sollte man vorher wissen, aber ab und zu hat das Ausmaß dessen wohl während der Bauarbeiten überrascht“, so Spies.

Außerdem hätten die ausführenden Firmen im Moment alle gut zu tun, auch deshalb könne sich der Ausbau verzögern. Dazu spielten Genehmigungsverfahren und Naturschutzaspekte eine Rolle.

Das Netz in Girkhausen

Der Ortsteil Girkhausen wird größtenteils in klassischer Bauweise (FTTC) versorgt, das heißt, dass die Verteilerschränke an das Glasfasernetz angeschlossen werden, bis zu den Endkunden aber Kupferkabel bestehen bleibt. Die Arbeiten dafür sind zwar noch nicht in jedem Detail abgeschlossen. „Deshalb ragen z.B. Kabel aus dem Boden“, so Spies. Aber der Großteil des Netzes in Girkhausen sei schon seit Wochen aktiv.


Das ausführende Unternehmen in dem Förderverfahren ist die Westnetz GmbH (Innogy/E.ON), es muss aber niemand zu diesem Anbieter wechseln. Das Netz ist mit Fördermitteln geschaffen worden und offen für alle Anbieter.