Siegen-Wittgenstein. Siegener Kliniken lockern Besucher-Regeln bei vollem Impfschutz. Doch wie ansteckend sind Geimpfte? Die Datenlage ist hierzu noch unklar.

Bundesweit wurden mehr als 13.000 positiv getestete Coronafälle bei Zweitgeimpften festgestellt. Das meldete jetzt die Deutsche Presseagentur. Laut Gesundheitsministerium ist dabei noch unklar, ob die Infektionen bei vollständigem Impfschutz, also 14 Tage nach der zweiten Impfung auftraten oder bereits knapp danach. Gleichzeitig gelten seit 17. Mai in den heimischen Kliniken gelockerte Bestimmungen für Besucherinnen und Besucher mit vollem Impfschutz (siehe Infobox): Geht von ihnen Infektionsgefahr aus?

Diakonie Klinikum

Im Diakonie-Klinikum Jung-Stilling beobachte man „täglich die Entwicklungen“ und „derartige Zahlen mit Sorge“, sagt Prof. Dr. Christian Tanislav. Auch wenn man sich das Coronavirus „lieber heute als morgen weg wünschte“, dürfe man nicht vergessen: Es sei immer noch relativ neu und unzureichend erforscht. Die Medizin lerne zwar hinzu und wisse inzwischen viel – „aber eben längst noch nicht alles“, erinnert der ärztliche Direktor des Diakonie-Klinikums und Chefarzt der Geriatrie des Krankenhauses.

Besucherregeln

Seit dem 17. Maigelten, analog zu den Lockerungen der Bundesregierung vom 9. Mai, auch Erleichterungen für geimpfte und genesene Besucherinnen und Besucher in den Krankenhäusern. Personen, die ihre vollständige Impfung oder Genesung vorweisen können, müssen kein negatives Testergebnis mehr vorlegen.

In kurzer Zeit sei es gelungen, Impfstoffe zu entwickeln, die perspektivisch viel Normalität zurück brächten. Prof. Christian Tanislav betrachtet das Impfen deshalb als „alternativlos“ – für die überwältigende Mehrheit böte es einen wirkungsvollen Schutz. Und dennoch: Man dürfe nicht den Fehler machen und zu leichtsinnig werden. „Auch eine vermeintliche Herdenimmunität wird nicht alle Covid-Probleme aus der Welt schaffen.“ Das Virus werde es weiter geben.

Seiner Einschätzung nach stellten jedoch Geimpfte „aktuell im Diakonie-Klinikum kein Risiko dar“. Bezüglich der Lockerungen, die seit dem 17. Mai für geimpfte Besucher im Jung-Stilling in Siegen und im Bethesda-Krankenhaus in Freudenberg gelten, sei „ein gesundes Augenmaß“ geboten: Trotz der für sie entfallenen Testpflicht gelten die Hygienebestimmungen „unvermindert“. Die gelockerten Besucherregeln setze man in Absprache mit den lokalen Gesundheitsbehörden deshalb weiterhin „mit der gebotenen Vorsicht und Sorgfalt um“.

Kreisklinikum Siegen

Auch im Kreisklinikum Siegen hält man an diesen neuen Lockerungen der Besucherregeln fest: Doppelt geimpfte und genesene Personen brauchen keinen Test mehr. Die Begründung: Es sei weiterhin davon auszugehen, dass von vollständig immunisierten und symptomfreien Besuchern 14 Tage nach der zweiten Impfung „weniger Gefahr ausgeht, als von einem asymptomatischen Besucher mit negativem Schnelltest“, so Lara Stockschläder, Marketing-Leiterin des Klinikums.

Rund 700 stationäre Corona-Patienten zählte das Kreisklinikum bisher. Keinen einzigen habe man davon behandelt, „der bei vollständigem Impfschutz eine symptomatische Infektion entwickelt hat“, sagt Lara Stockschläder. Vereinzelt seien Testergebnisse zwar positiv gewesen – jedoch nur bei Patientinnen und Patienten ohne jegliche Symptome. Die aktuellen Daten ließen bislang „keinesfalls den Schluss zu, dass von vollständig Geimpften ein Risiko ausgeht.“

Darüber hinaus seien diese „noch unvollständig“. Entscheidend: Die Frage nach dem Ansteckungszeitpunkt. „Wie viele Menschen haben sich nach Vorliegen eines vollständigen Impfschutzes, also 14 Tage nach der Zweit-Impfung, infiziert?“ Solange es hierzu keine Daten gebe, könne noch keine sinnvolle Interpretation stattfinden. „Rein aufgrund der bisher vorliegenden Zahlen wären weitergehende Maßnahmen als verfrüht anzusehen“, so Lara Stockschläder.

Man sehe daher „derzeit keinen Änderungsbedarf für die bestehende Regelung“. Auch den genesenen und geimpften Besuchern im Kreisklinikum sei der Zugang weiterhin nur mit medizinischen Masken erlaubt. Der „Besuch stark immungeschwächter Patienten“ sei zudem generell nur mit einer sogenannten Umkehrisolation erlaubt – bei der sich der Patient in einem Einzelzimmer mit einer vorgelagerten Schleuse befindet. Der Zutritt für Personal und Besucher sei hier nur „mit spezieller Schutzkleidung und unter Einhaltung sehr strenger Hygienemaßnahmen möglich“.

Marien-Gesellschaft

Die Regeln in den Einrichtungen der Marien-Gesellschaft habe man noch vor ein paar Wochen „erstmal generell sehr streng gefasst. Da wurden wir noch für ausgebuht“, sagt Pressesprecher Dr. Christian Stoffers. Man habe davor „schon relativ früh mit dem Impfen begonnen – und dann waren in unseren Seniorenzentren einige nach den ersten Impfungen infiziert worden.“ Im St. Marien-Krankenhaus durften Patienten deshalb beispielsweise erst ab dem sechsten Tag ihres stationären Aufenthaltes pro Tag für eine Stunde Besuch empfangen.

Die Corona-Infektionen trotz Erstimpfung seien bei den Seniorinnen und Senioren „glimpflich ausgegangen“, sagt Stoffers. Infektionen nach den Zweitimpfungen seien ihm jedoch nicht bekannt – „außer vielleicht ganz unmittelbar nach der zweiten Impfung“, wenn der Schutz noch nicht gänzlich in Kraft getreten sei. Von den neu gelockerten Regeln für vollständig geimpfte Besucher – die auch hier seit dem 17. Mai das St. Marien-Krankenhaus ungetestet betreten dürfen – werde man deshalb bisher nicht absehen. „Letztlich besteht immer ein gewisses Risiko, das sich nicht ausschließen lässt – auch bei den Tests“, sagt Christian Stoffers. Auch diese erfassten nicht 100 Prozent aller Covid-19-Fälle.

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