Siegen/Wilnsdorf. Heftige Vorwürfe gegen Wilnsdorfer, der die Tochter seiner Lebensgefährtin angeblich übel sexuell missbraucht hat. Landgericht Siegen mit eindeutigem Urteil.
Für eine Verurteilung reicht es nicht: Die 1. Große Strafkammer am Landgericht Siegen hat den 44-Jährigen freigesprochen, dem vorgeworfen wurde, die damals 9-jährige Tochter seiner ehemaligen Lebensgefährtin schwer sexuell missbraucht und vergewaltigt zu haben. Es stand Aussage gegen Aussage: Er bestritt die Anschuldigung vehement, die Schilderungen des Kindes seien nicht annähernd ausreichend, um darauf einen Schuldspruch zu stützen, so die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach am Mittwoch, 13. November.
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Viel Zeit wurde im Verfahren dafür aufgewendet, die durchaus etwas komplizierten Lebensverhältnisse des Angeklagten nachzuvollziehen. Er hat mehrere Kinder von mehreren Frauen, zu denen er in teils rascher Folge Beziehungen einging, die sich teils auch überschnitten und aus denen oft weitere Kinder hervorgingen. Angezeigt hatte den Mann die Mutter des angeblichen Opfers, der das Kind von den vermeintlichen sexuellen Übergriffen erzählt hatte.
Landgericht Siegen: Mädchen konnte keine individuellen Angaben zur Vergewaltigung machen
In der Zeit, in der sich die Taten abgespielt haben sollen, war das Paar wieder einmal getrennt, er blieb dennoch in der Wohnung seiner Ex-Freundin und passte auf die Kinder auf - neben der 9-Jährigen auch noch ihre Halbschwester, das gemeinsame Kind mit der Nebenklägerin. Diese war wohl an Wochenenden mehrfach über Nacht nicht da, stellt das Gericht fest. Mutter und Tochter wurden vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört, demnach habe das Mädchen von den sexuellen Handlungen erzählt, wovon es auch eine Aufzeichnung gibt.
„Auch in so einem Alter kann ein Kind sich sowas ausdenken.“
Im Hauptverfahren selbst habe das Mädchen wenig gesagt, fasst die Vorsitzende zusammen: Und das, was sie sagte, habe „in keinem Punkt“ mit dem übereingestimmt, was sie der Polizei nach den angeblichen Taten erzählt hatte. Sie wisse es nicht, könne sich nicht mehr erinnern, könne dazu nichts sagen. Das Kind habe keine Angaben dazu machen können, wie es zu den angeblichen Übergriffen gekommen war, wie sich sich währenddessen fühlte, wie es nachher weiterging; habe lediglich die sexuellen Handlungen selbst geschildert. Diese habe sie zum überwiegenden Teil anders dargestellt als noch bei der Polizei, andere kamen neu hinzu, andere wiederholte sie demnach gar nicht. Individuelle Details hätten komplett gefehlt.
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„Das reicht nicht aus, um zu beurteilen, ob da etwas stattgefunden hat oder nicht“, macht die Vorsitzende Richterin deutlich. Natürlich sei es auch eine Belastung für ein so junges Mädchen, in einer Hauptverhandlung vor Gericht auszusagen. „Es hilft aber nicht, wir brauchen diese Aussagen.“ Diese müssten bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um gerichtsfest verwertbar zu sein, das war in diesem Fall „bei Weitem nicht“ gegeben. Weitere Beweismittel gebe es nicht. Und auch wenn das Mädchen noch sehr jung ist: „Auch in so einem Alter kann ein Kind sich sowas ausdenken.“