Siegen. Preise, die dem Portemonnaie entsprechen: Eine Revolution für die Siegener Gastro-Szene? „Nicht jeder kann sich einen Cappuccino für 4,80 Euro leisten“
In der Siegener Innenstadt bahnt sich eine neue Initiative an, die nicht nur die Nachhaltigkeit vor Ort stärken soll, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe unabhängig von der Dicke des Geldbeutels fördert. Yannick Bollmann (32) und sein zwölfköpfiges Team haben seit mehr als zwei Jahren eine gemeinsame Vision: Die Idee eines Foodsharing-Cafés, das mehr sein soll als nur eine Austauschstätte für übrig gebliebene Lebensmittel. „Wir wollen mehr machen, als Lebensmittel zu verteilen“, sagt Yannik Bollmann, der auch den Verein Foodsharing in Siegen mitaufgebaut hat.
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In Zusammenarbeit mit anderen ehrenamtlichen Mitstreitern soll das Café Teilchen ein Raum ohne Konsumdruck werden, in dem jeder ungeachtet seines finanziellen Hintergrunds Zugang zu Speisen und Getränken hat. „Wir möchten Leute in Kontakt bringen.“ Das Café soll „soziokratisch“ organisiert sein – also: „Alle, die am Projekt mitwirken, haben auch ein Mitspracherecht.“
Siegen: Mit dem „Café Teilchen“ soll ein Ort ohne Konsumzwang geschaffen werden
Neben dem regulären Betrieb als Café sind in dem Projekt auch themenorientierte Abende und Workshops geplant. „Damit wird eine kreative Plattform für Diskussionen und Lösungsfindungen geschaffen, besonders in Hinblick auf die komplexen Herausforderungen unserer Zeit“, sagt Bollmann, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen arbeitet.
„Wir wollen keinen Gewinn erwirtschaften, aber die laufenden Kosten müssen gedeckt sein.“
Das Teilchen-Projekt ist auch als Teil eines experimentellen Forschungsclusters zu verstehen, das unter dem Dach der Organisation ReSis Mitwelt – Resiliente Reallabore Siegen-Wittgenstein – für partizipative Forschung stehe. „Die wissenschaftliche Begleitung soll den nachhaltigen Erfolg sicherstellen und wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Unternehmungen liefern“, sagt Bollmann.
Siegen: Preismodell „pay-what-you-want“ – ein Konzept für die Innenstadt?
Förderanträge habe das Team bereits gestellt. Anfang nächsten Jahres soll eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen werden. Circa 25.000 bis 30.000 Euro werden als Startkapital benötigt, sagt Bollmann. Ein Investor sei bisher noch nicht in Sicht. Die Gründung eines Fördervereins mit monatlichen Mitgliedsbeiträgen sei denkbar. „Wir wollen keinen Gewinn erwirtschaften, aber die laufenden Kosten müssen gedeckt sein“, sagt Bollmann.
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Verschiedene Preismodelle, beispielsweise „pay-what-you-want“, sollen den ökonomischen Rahmen des Teilchen-Cafés definieren. Das heißt, jeder soll soviel zahlen, wie er kann, so das Konzept. „Denn nicht jeder kann sich einen Cappuccino für 4,80 Euro leisten. Wir werden schauen, welche Bezahlsysteme funktionieren. Es ist ein Experiment.“ Zudem seien Kooperationen mit Siegener Schulen für die Verteilung übriggebliebener Mittagsmahlzeiten geplant.
Wann das Café Teilchen in Siegen öffnen kann, ist offen
„Wir möchten Bildungsarbeit für nachhaltige Entwicklung machen. Wir können uns vorstellen, dass wir in Schulen gehen oder auch Klassen in unser Café kommen.“ Das Café werde nicht ausschließlich von Ehrenamtlern bewirtschaftet. „Wir überlegen, dass Sozialarbeiter in dem Café arbeiten, die auch die Veranstaltungen moderieren“, sagt Bollmann. Inspirieren lassen hat sich das Team von ähnlichen Projekten in Städten wie Freiburg und Stuttgart. „Wir waren in dem Café in Stuttgart schon zu Besuch und tauschen uns regelmäßig mit den Ehrenamtlern aus. In den beiden Städten läuft das Konzept richtig gut.“
Nach Gründung eines Vereins im vergangenen Jahr wird aktuell ein Businessplan ausgearbeitet. Die Suche nach einem geeigneten Ladenlokal, welches nicht nur Platz für 30 bis 40 Gäste sondern auch eine Theke und eine modulare Einrichtung bietet, gestalte sich jedoch noch schwierig. „Der Prozess ist zäh. Aktuell laufen Gespräche mit der Stadt Siegen“, sagt Bollmann. Wann das Café Teilchen seine Türen öffnen kann, hängt also davon ab, wie lange die Suche nach einer Immobilie noch dauert.
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Momentan sei das Team dabei, möglichst vielen Menschen von dem Projekt zu erzählen – persönlich und in sozialen Netzwerken. „Wir planen ein Pop-up-Café und sind dazu in Gesprächen mit der Stadt. Schon länger machen wir monatlich einen Foodsharing-Brunch an wechselnden Orten, wie im ,Lebendigen Haus‘ am Häusling in Siegen, bei dem wir Informationen rund um die Bewegung teilen. Jeder ist dazu eingeladen.“