Neunkirchen. Catrin Bayer musste nicht lange überlegen, als die historische Gaststätte zum Verkauf stand: „Der Standort gehört zu schönsten Ecken Neunkirchens.“

Viele Jahre lang wurde in der historischen Gaststätte „Alt Neunkirchen“ Bier ausgeschenkt – jetzt stehen neben Zapfhahn und Theke bunte Kunstwerke. Die Wände und Böden sind voller Leinwände. „Für mich ist die historische Kneipe der perfekte Platz, mich auszuleben“, sagt die Neunkirchener Künstlerin Catrin Bayer. Die Kneipe sei immer noch ein beliebter Ort – vor allem bei älteren Einwohnern. „Ich komme oft mit älteren Personen ins Gespräch, die sich die Kneipe anschauen möchten und dann meine Kunst entdecken.“ Die meisten Leute wissen, dass ein alter Brunnen im Keller der Kneipe sei.

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Vor gut einem Jahr hat Catrin Bayer das Schieferhaus mit Kneipe an der Kirchstraße im Neunkirchener Ortskern erworben. „Damals stand die Kneipe schon seit drei Jahren leer. Hier gab es schon ein Schnitzelhaus oder eine Pizzeria“, erzählt die Neunkirchenerin, die früher selber oft Gast in der Kneipe war. Wer Catrin Bayers Kunst anschauen möchte, bekommt allerdings kein Bier mehr ausgeschenkt – „dafür gibt es leckeren Kaffee“, sagt sie.

Täglich arbeitet die Künstlerin in der ehemaligen Kult-Kneipe „Alt Neunkirchen“

Es ist 9 Uhr morgens. Catrin Bayer öffnet die Türen der Kneipe. „Ich freue mich jeden Tag hier zu sein.“ Bis 12 Uhr kann man die Neunkirchenerin täglich in der historischen Gaststätte antreffen – aber auch auf Anfrage gehe sie mit Interessenten in die Kneipe, sagt die Neunkirchenerin. Wenn auf dem Platz in Neunkirchen ein Fest stattfindet, wie vor Kurzem die Dorfplatzeröffnung, sei hier einiges los, sagt sie. „Mein Standort gehört zu den schönsten Ecken Neunkirchens. Deshalb musste ich nicht lange überlegen, als die Räumlichkeiten zum Verkauf standen.“

kneipenkunst
Bei ihrem Malprozess nutzt die vierfache Mutter, was ihr in die Finger kommt: Sprühdosen oder auch mal einen Föhn. © Henrica Gehrmann | henrica gehrmann

Was die Gäste zu sehen bekommen, sind Kunstwerke, die sie intuitiv gemalt hat. Catrin Bayer setzt bei ihrer Kunst auf Zufall: „Ich lasse die Farbe verspritzen, abklatschen, verlaufen. Während dieses Prozesses entstehen dann erste Ideen und Vorstellungen.“ Dabei komme es auch vor, dass Bilder entstehen, die der Künstlerin nicht gefallen. „Hier versuche ich aber darin eine Chance zu sehen, dass daraus noch etwas Besseres entstehen kann.“

Neue Besitzerin der Kultkneipe „Alt Neunkirchen“ begeistert vom Unperfekten

Die gelernte Kunsttherapeutin und -pädagogin hat erst vor anderthalb Jahren wieder zum Malen gefunden, zuvor war sie als Grundschullehrerin tätig. Im Sommerurlaub letztes Jahr habe sie einen Podcast gehört, sich inspirieren lassen und wieder zum Pinsel gegriffen, sagt sie. Vergangenes Jahr eröffnete sie dann ihren Instagram-Account und ihr Geschäft kam ins Laufen. „Beim Malen gelingt es mir total im Hier und Jetzt zu sein und den Kopf auszuschalten“, sagt Bayer. „Mein Ziel ist es, mit meinen Bildern die Kreativität der Betrachter anregen und Lebensfreude an die Wände zu bringen. Die Betrachter sollen eine kleine Auszeit vom Alltag bekommen und sich ein positives Ambiete in ihre Wohnräume schaffen.“

„Ich male, weil es mich glücklich macht, und ich möchte dieses Glück mit anderen teilen.“

Catrin Bayer
Künstlerin

Auf Instagram erzählt die Künstlerin offen von sich selbst und möchte damit zeigen, wie schön es ist, nicht perfekt zu sein. Sie postet zum Beispiel: „Ich hatte mal ein Nasenpiercing“, „Bis vor zwei Jahren mochte ich meinen Zeitnamen Elisabeth nicht“, „mein erstes Tattoo habe ich mir vor einem Jahr stechen lassen.“ Kunst bedeutet Catrin Bayer viel. Sie möchte damit auch ein Zeichen setzen. „Meine abstrakte Kunst zeigt, es muss nicht alles perfekt sein.“ Die Neunkirchenerin arbeitet mit ihren Fingern, Sprühdosen oder einem Föhn. „Alles was mir so in die Finger kommt. Ich male, weil es mich glücklich macht, und ich möchte dieses Glück mit anderen teilen.“

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Der Online-Verkauf über die Plattform „etsy“ und Instagram laufe bisher am besten, sagt sie. „Ich möchte aber mehr von meiner Kunst vor Ort in Neunkirchen verkaufen“, sagt sie. In Arztpraxen in Freudenberg und Eiserfeld habe sie bereits ausgestellt. Weitere Ausstellungsorte seien in Planung, sagt Bayer. Die Kultkneipe in Neunkirchen ist und bleibt ihr Lieblingsort – „einfach einzigartig“.

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