Siegen-Wittgenstein. Luiza Licina-Bode, Peter Müller und Karl Ludwig Völkel wollen Volkmar Klein Direktmandat Siegen-Wittgenstein abnehmen. SPD-Delegierte wählen.
Eine Frau und zwei Männer wollen für die SPD den CDU-Mann Volkmar Klein als direkt gewählten Bundestagskandidaten für Siegen-Wittgenstein ablösen: Der Kreuztaler Peter Müller, Luiza Licina-Bode aus Bad Laasphe und Karl Ludwig Völkel aus Erndtebrück.
Positioniert haben sich offiziell zwei Wittgensteiner Ortsverbände: Die SPD Bad Berleburg unterstützt Luiza Licina-Bode, die Erndtebrücker Genossen sprechen sich für ihren früheren Bürgermeister Karl Ludwig Völkel aus. Die Kreuztaler Sozialdemokraten hätten für seine Kandidatur votiert, sagt Peter Müller. Der Unterbezirksvorstand verzichtet ausdrücklich auf eine Beschlussempfehlung, um den innerparteilichen Willensbildungsprozess nicht zu beeinflussen, betont dessen stellvertretender Vorsitzende Hannes Gieseler.
Siegen-Wittgensteiner SPD-Ortsverbände entsenden Delegierte
Der innerparteiliche Willensbildungsprozess sei coronabedingt nur in sehr begrenztem Maße möglich, bedauert Hannes Gieseler – normalerweise wäre die Kandidatur im Rahmen einer Mitgliedervollversammlung festgelegt worden. In Pandemiezeiten wurden im November alle Mitglieder angeschrieben mit der Bitte, Vorschläge zu machen oder die Kandidatur einzureichen; fünf Personen bewarben sich, jetzt bekräftigen noch diese drei ihre Absichten. Am Mittwoch stellten sich Müller, Licina-Bode und Völkel per Videokonferenz rund 100 Siegen-Wittgensteiner SPD-Mitgliedern in einer intensiven Diskussion, so Gieseler – „leider die letzte und einzige Möglichkeit, die Kandidatin und die Kandidaten kennenzulernen.“
Vorsitz vakant
Alle Bewerber können sich vorstellen, als Bundestagsabgeordnete auch das vakante Amt des Unterbezirksvorsitzenden zu übernehmen. Willi Brase hatte zuletzt beide Ämter auf seine Person vereinigt.Möglich sei allerdings auch eine Ämtertrennung, dass einer der unterlegenen Bewerber den Posten übernimmt.
Am Freitag, 26. Februar, tagt die vorgeschriebene Delegiertenkonferenz in der Siegerlandhalle, bei der 91 Vertreter der Ortsvereine die Personalentscheidung treffen werden. Die Ortsverbände entsenden gemäß ihrer Mitgliederzahlen Delegierte nach Siegen. Vereinigt eine Person im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich, wird sie oder er SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis 148, vereinigt niemand mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich, gehen die beiden Bewerber mit den meisten Stimmen in die Stichwahl.
„Siegen-Wittgenstein hat sozialdemokratisches Wählerpotenzial“
Einfach werde der Wahlkampf nicht, sind sich alle drei einig: Zunächst gelte es ohnehin, das Programm der Bundespartei abzuwarten, „ich würde gerne möglichst viele Menschen treffen, aber wir werden sehr viel auf digitale Medien setzen müssen“, meint Karl Ludwig Völkel. Entscheidend seien die Themen, um die Menschen in Siegen-Wittgenstein anzusprechen und als SPD stärker wahrgenommen zu werden.
„Siegen-Wittgenstein hat sozialdemokratisches Wählerpotenzial, das haben wir bei der Kommunalwahl gesehen.“ Entscheidend werde das richtige Wahlkampfteam sein, sagt Peter Müller – und eine geschlossene Zusammenarbeit, Hand in Hand. Der Unterbezirk werde sich uneingeschränkt hinter die Kandidatin oder den Kandidaten stellen und den Wahlkampf auf seine oder ihre Person zuschneiden, bekräftigt Hannes Gieseler.
Die Bewerberin: Luiza Licina-Bode – neues Gesicht für Siegen-Wittgenstein
Profil: Gewerkschafterin (IG Metall, Verdi), Volljuristin, angestellte und später selbstständige Rechtsanwältin, heute in Berlin tätig für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Motivation: „Ein Büro in Berlin ist vorhanden, ich schaue aus meinem Fenster auf den Bundestag – da möchte ich mich einbringen und für unsere Themen eintreten. Es brauchte keine große Überlegung, dass ich mich bewerbe – jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich bringe als neues Gesicht die richtigen Kompetenzen mit, Siegen-Wittgenstein zu vertreten.“
Themen: Arbeitnehmerrechte seien ihr eine Verpflichtung, sagt Licina-Bode, insbesondere auf den Feldern Leiharbeit und befristete/prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Arbeit und Wirtschaft hätten Priorität, sagt sie. Die Verkehrsanbindung der Region sei ein Thema, bei dem seit Jahren zu wenig passiere – es müssten etwa Instrumente geschaffen werden, Planungsverfahren zu verkürzen. Licina-Bode will sich dafür einsetzen, dass von Städtebauförderung auch kleinere Kommunen profitieren, die sonst oft nicht zum Zug kämen. Der Tourismus müsse auch als Faktor für Wirtschaft und Beschäftigung stärker in den Fokus rücken, ebenso neue Technologien und die Ansiedlung von Unternehmen aus dieser Branche in der Region.
Allianzen: „Ein Politikwechsel“ – mit der SPD in der Führungsrolle.
Peter Müller aus Kreuztal: „Siegen-Wittgenstein ist Heimat“
Profil: 58, Gewerkschaftsmitglied und politisch aktiv seit 1981. Ex-Juso-Vorsitzender in Kreuztal, Engagement unter anderem in den Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) – „Ein Gewerkschafter gehört in die SPD“. Seit 2017 Vorsitzender des Arbeitskreises für Arbeitnehmerfragen im Unterbezirk Siegen-Wittgenstein, hier auch im Regional- und Landesvorstand.
Motivation: „Siegen-Wittgenstein ist nicht nur ein Wahlkreis, sondern Heimat. Man muss für seine Heimat einstehen.“
Themen: Klarer Fokus auf Arbeitnehmerfragen. Deren Interessen will Müller im Bundestag durchsetzen und im heimischen Kreis stärken: Davon nicht zu trennen sind für ihn Themen wie Tarifbindung, Wohnen, Rente, Verkehr, Pflege und Infrastruktur.
Allianzen: Keine erneute Große Koalition – idealerweise könne sich die SPD den nächsten Koalitionspartner aussuchen, „das kommt drauf an, mit wem man sich am besten verständigt.“
Politik-Veteran Karl Ludwig Völkel kann gegen den Trend Wahlen gewinnen
Profil: 73, verwitwet, drei Töchter, seit 1981 in der SPD und politisch aktiv. Früherer Bürgermeister von Erndtebrück, dort heute Ratsmitglied sowie Kreistagsabgeordneter.
Motivation: „Ich kandidiere, weil wir für Siegen-Wittgenstein jemanden in Berlin brauchen, der für die Region arbeitet und die hiesigen Probleme auch im Bundestag anspricht.“ Und: „Ich stehe für Glaubwürdigkeit – ich halte, was ich verspreche und verspreche nichts, was ich nicht halten kann.“ Zudem habe er gezeigt, auch gegen den Trend Wahlen gewinnen zu können.
Themen: Infrastruktur, vor allem die Route 57 und eine durchgängig zweigleisige Bahnstrecke Siegen-Köln nennt Karl Ludwig Völkel. „Wir brauchen die Schiene“, auch hinsichtlich Klimaschutz. In diesem Komplex will er sich auch den Erneuerbaren Energien widmen, „es kann nicht sein, dass nach 20 Jahren Photovoltaikanlagen abgeschaltet werden, weil die Bindungsfrist abläuft.“ Als AWO-Kreisvorsitzender will sich Völkel für Werkstätten-Beschäftigte stark machen, die mit einem „arbeitnehmerähnlichen Status“ lediglich 99 Euro Grundgehalt verdienen. Nicht zuletzt gelte es, die Corona-Folgen abzumildern und die Kommunalfinanzen sowie das Gesundheitssystem neu zu strukturieren. Man werde „deutlich über Steuererhöhungen nachdenken“ müssen und das bei denen, die das auch bezahlen können, höhere Einkommens- und Erbschaftssteuern etwa. Gleichzeitig gelte es, Familien zu entlasten.
Allianzen: „Es kommt drauf an – es geht um Inhalte.“ Gespräche führe man mit allen parlamentarischen Fraktionen außer der AfD. Eine Zusammenarbeit mit der Linken hänge für ihn von deren Positionierung etwa zur NATO ab.
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