Obersetzen. Den Auftakt unserer neuen Serie macht eine Siegener Schreiner-Familie, die nicht nur gut mit Holz umgehen kann, sondern auch zusammen musiziert.
An seine erste Werkstatt kann sich Herfried Nöll noch gut erinnern. Sie war mehr eine Hütte und stand im Obstgarten der Familie in Obersetzen. Auch an seinen ersten Auftrag, nachdem er seine Schreinerei 1964 gegründet hatte: der Innenausbau eines Hauses in Dahlbruch. „Damals wurde alles gemacht: Fenster, Türen, Treppen, Böden“, erinnert er sich und fügt schmunzelnd hinzu, dass er zu dieser Zeit noch vor der Meisterprüfung stand: „Nur das Meisterstück war schon fertig: Eine Anrichte. Ich weiß heute noch die Maße davon.“ Vielleicht liegt Herfried Nölls gutes Erinnerungsvermögen auch daran, dass er auch heute mit seinen über 80 Lebensjahren noch immer in das Geschehen des Schreinerbetriebs eingebunden ist.
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Das Schreinerhandwerk ist längst auch High-Tech – auch bei Nöll in Siegen
Natürlich hat sich in den knapp 60 Jahren des Bestehens der Schreinerei Nöll vieles verändert. Von der Gründungszeit ist nichts mehr zu sehen. Die neue Werkstatt ist groß, lichtdurchflutet und steckt voller modernster Technik. Und längst hat Volker Nöll die Hauptverantwortung für den Betrieb mit den knapp zehn Mitarbeitern übernommen. Er hatte während seiner Schulzeit zunächst ein Praktikum als Landmaschinen-Mechaniker gemacht, aber schnell auch seine Liebe zum Werkstoff Holz entdeckt. Nach seiner Lehre in Hilchenbach trat Volker 1986 als Geselle in den väterlichen Betrieb ein und machte vier Jahre später seine Meisterprüfung.
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Da stellt sich die Frage nach der beruflichen Harmonie wie von selbst. „Ohne gutes Einvernehmen klappt es in einer solch kleinen Firma nicht“, ist seine klare Antwort. Die technische Entwicklung dieses so traditionell daherkommenden Schreinerhandwerks zeigt sich auch an der CNC-Maschine, die seit zwei Jahren in der Nöll’schen Werkstatt steht und vor allem für den Treppen- und Möbelbau eingesetzt wird: „Die Pläne werden am Rechner einprogrammiert und dann millimetergenau ausgearbeitet. Da kann ein Mensch nicht mithalten“, sagt Volker Nöll, verschweigt aber auch nicht, dass ein solches High-Tech-Gerät so viel kostet wie ein kleines Einfamilienhaus.
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Komplettiert wird der Familienbetrieb durch Anja Nöll, Volkers Frau, die seit 2003 das Büro gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter verwaltete und nach deren Tod im letzten Jahr allein dafür verantwortlich ist. „Wir waren 55 Jahre lang verheiratet, sie war der Mittelpunkt der Familie, hat mir den Rücken freigehalten“, sagt Herfried Nöll über seine verstorbene Frau.
Die dritte Schreiner-Generation Nöll steht in Siegen in den Startlöchern
Um die Zukunft der Schreinerei Nöll brauchen sich Vater Herfried und Sohn Volker keine Sorgen zu machen. Die steht mit dem 16-jährigen Jonas schon in den Startlöchern. Jonas gehörte zum letzten Jahrgang der Realschule am Schießberg, der im vergangenen Sommer die Mittlere Reife gemacht hat. Ein dreiwöchiges Praktikum bei einer Wohnungsgenossenschaft hat ihm die berufliche Orientierung erleichtert: „Die erste Woche im Büro war nichts für mich“, sagt er, „die anschließende praktische Arbeit hat mir Spaß gemacht.“ Damit wurde auch sein Berufswunsch gefestigt, Schreiner zu werden wie sein Opa und sein Vater. Die berufliche Ausbildung macht er aber nicht bei seinem Vater, sondern in der Firma Holly-Objektbau in Siegen.
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„Früher war unsere Arbeit durch drei bis vier Neubauten im Jahr gesichert“, berichtet Herfried Nöll. Als die Auftragslage Anfang der 1980er Jahre mau war, retteten ihn Aufträge der Kreuztaler Firma Blefa, für die die Schreinerei wöchentlich bis zu 350 Dachflächenfenster herstellte – bis Blefa 1995 die Produktion nach Polen verlegte. Inzwischen ist die Schreinerei Nöll auftragsmäßig breit aufgestellt: durch maßgefertigte Einbaumöbel, Kunststoff-Fenster in Zusammenarbeit mit der Laaspher Firma Blecher und durch Altbausanierungen, die das Team im Auftrag von Wohnungsgenossenschaften erledigt. Vor allem jedoch durch einen Rahmenvertrag mit der Stadt Siegen, der alle Tischlerarbeiten umfasst, die in städtischen Einrichtungen anfallen, angefangen von Schulen und Jugendeinrichtungen bis hin zu Rathäusern und Bürgerhäusern. Wobei Volker Nöll betont, dass dieser Vertrag alle drei bis vier Jahre neu ausgeschrieben wird.
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65 Jahre im Posaunenchor Siegen-Obersetzen – das schafft auch nicht jeder
Die gemeinsame Klammer der Familie Nöll ist neben dem Beruf die Leidenschaft für Blasmusik. Opa Herfried spielt seit 1953 Tuba und wurde vor einiger Zeit für 65 aktive Jahre im Posaunenchor Obersetzen mit einer Urkunde geehrt. Enkel Jonas hat das Trompetenspiel von der Pike auf in der Fritz-Busch-Musikschule gelernt und gehört ebenso wie sein Opa dem Obersetzer Posaunenchor an. Volker Nöll ist ebenfalls Trompeter, war einige Jahre lang Leiter des Posaunenchors und beherrscht noch ein weiteres Instrument: das Alphorn. Auch seine Schwester und deren zwei Töchter spielen Trompete. Die Bläserfamilie wurde auch dadurch bekannt, dass sie ein Pandemiejahr lang mit kleinen Konzerten am ehemaligen Geisweider Lutherhaus erfreute.
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