Siegen. In Siegen gibt es erst seit 1991 offizielle Stadtführungen. Sechs Frauen der ersten Stunde sind noch im Einsatz – und haben Einiges zu erzählen.
Es wird schon jemand kommen, habe sie sich gedacht, als sie im Sommer 1991 im Innenhof des Oberen Schlosses wartete. Es war ihre erste Stadtführung, eine der ersten überhaupt, erinnert sich Katrin Bückmann – es gab noch keine Erfahrungen bezüglich der Resonanz. Doch dann kamen von allen Seiten Menschen auf den Hof, rund 80 wurden es schließlich. „Ich habe mich auf eine Bank gestellt“, schildert Katrin Bückmann, wie sie sich damals Gehör verschaffte. „Aber wir waren diszipliniert. Wir haben den Rundgang in zwei Stunden geschafft.“
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Katrin Bückmann und fünf ihrer Kolleginnen – ihre Mutter Rita Bückmann, Alida Matthey, Brigitte Eger-Kahleis, Renate Schuß und Ingrid Tielsch – sind vom ersten Tag an als Stadtführerinnen dabei. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagte Bürgermeister Steffen Mues nun im Siegener Ratssaal, wo die Frauen – außer Ingrid Tielsch, die verhindert war – persönlich für ihren jahrzehntelangen Einsatz geehrt wurden. Eine Merkwürdigkeit, die dabei deutlich wurde: Vor 1991 hat es keine offiziellen Stadtführerinnen und Stadtführer gegeben. „Eigentlich ja erstaunlich, wenn man bedenkt, was für einen historischen Schatz diese Stadt hat“, wie Steffen Mues anmerkte. Das änderte sich erst, nachdem Astrid Schneider – heute Leiterin der städtischen Kulturabteilung, damals Leiterin des „Presse- und Informationsamtes“ – zu einer Infoveranstaltung einlud, um Leute für diese Aufgabe zu gewinnen. Etwa 80 Personen erschienen; der Großteil strich jedoch die Segel, als bekannt wurde, dass es für diese Funktion einer intensiven Schulung nebst Abschlussprüfung bedurfte. Doch 27 Bewerberinnen und Bewerber durchliefen den Prozess. Und heute sind davon eben noch sechs im Amt. Diese haben sich übrigens ein Jahr nach dem Start auch zu Museumsführerinnen schulen lassen.
Stadtführerinnen in Siegen: Mit Empathie, Geduld und Leidenschaft unterwegs
Eine Silvesterführung mit einer Gruppe aus Berlin. Brigitte Eger-Kahleis ist mit den Gästen im Schlosspark unterwegs und spricht über das Kräuterbeet, das an das Wirken der Gräfin Juliana von Stolberg-Wernigerode erinnert. Die hatte 17 Kinder. „Ich sagte, das sei doch ein tolles Vorbild“, erzählt Brigitte Eger-Kahleis und lacht. Ein Mann aus der Gruppe sah das nicht so und regte sich auf: „Da habe ich ganz schön Feuer gekriegt!“
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Die Rolle der Stadtführerin hieße auch „lebendige Visitenkarte der Stadt Siegen zu sein, Botschafterin der Stadt Siegen“, betont der Bürgermeister. „Die Highlights der Stadt kann man gut vorzeigen. Und das machen sie ganz wunderbar.“ Es brauche aber auch viel Empathie, Geduld und Freude an der Sache, wie er aus eigener Erfahrung wisse. „Ich bin ja ein Kollege – so ein bisschen“, sagte Steffen Mues lächelnd: Er leitete mehr als 100 Baustellenführungen in der Innenstadt, erläuterte Bürgerinnen und Bürgern etwa die Projekte „Siegen – Zu neuen Ufern“ und „Rund um den Siegberg“. Jede Gruppe ist anders – darum sind Stadtführerinnen und Stadtführer auch jedes Mal neu gefordert.
Stadtführungen in Siegen: Interesse ist ungebrochen – neue Angebote in Vorbereitung
Als sie vor einigen Jahren Fürst Johann Moritz bei einer Führung erwähnte, sei ein Mann sehr hellhörig geworden, sagt Rita Bückmann. „Ist das unser Johann Moritz?“, habe der Herr gefragt – er war Brasilianer, war sich der Verbindungen des Fürsten nach Siegen aber vorher offenbar nicht bewusst. „Das sind Sachen, die mich bei den Führungen schon sehr berühren“, sagt Rita Bückmann. „Dieser direkte Kontakt zu den Menschen, der oft über Vorwissen entsteht.“
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„Rund ums Krönchen“ war die Führung, mit der alles anfing. Inzwischen gibt es mehr als zehn: zum Beispiel durch die Altstadt, entlang des Gruftenwegs auf dem Lindenbergfriedhof oder mit Nachtwächter Balthasar durch die Gassen. „Gerade im September und Oktober sind wir regelrecht überrannt worden“, sagt Katja Teixeira, Geschäftsführerin der Stadtmarketing Siegen GmbH, in deren Ressort die Stadtführungen inzwischen fallen. Auch „der Reisebustourismus zieht wieder deutlich an“, ergänzt Mitarbeiterin Katja Nix – die selbst übrigens auch als Stadtführerin tätig ist, unter anderem in der Rolle der Magd Magda beim Rundgang „Von Liebesleid und Mordgeschichten“. Die lange Corona-Pause mag eine Rolle für die hohe Nachfrage spielen; doch unabhängig davon haben Stadtführungen Konjunktur. Das Stadtmarketing möchte deshalb weitere Touren entwickeln. In Zusammenarbeit mit den Stadtführerinnen, versteht sich. Und an Ideen mangelt es denen garantiert nicht.
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