Siegen. Ein Senior aus Burbach muss ins Gefängnis: Das Landgericht Siegen verurteilt den alten Mann, der seinen „Schwiegersohn“ töten wollte.
Vier Jahre Haft oder zwei mit Bewährung, das war die Spannweite der Anträge, mit denen sich die 1. Große Strafkammer beschäftigen musste. Am Donnerstagmittag ist nun das Urteil gegen den Burbacher Rentner gefallen, der im November 2021 auf den Lebensgefährten einer seiner Töchter geschossen hatte. Drei Jahre und sechs Monate soll er ins Gefängnis für einen versuchten Totschlag in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung. Dazu kommt eine einfache Körperverletzung für die Schläge mit der Faust gegen die Tochter, die versuchte, ihm die Tatwaffe zu entreißen.
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Genau dieses Kämpfen um die Waffe hat das Gericht mit davon überzeugt, dass der 89-Jährige fest entschlossen war, die Tat zu beenden, das mithin ein Vorsatz gegeben war, den ungeliebten Eindringling zu beseitigen, den der alte Mann im Gefährten seiner Tochter wahrnahm. Wenngleich es nach außen, auch das ist von der Kammer festgehalten worden, immer nach Harmonie aussah. Der Täter sagte nichts, die Opfer ahnten nichts. Vieles deutet darauf hin, dass ein Leben mit dem recht eigenwilligen Täter keinesfalls einfach gewesen sein muss.
Ein letztes Wort will der Angeklagte im Siegener Gericht nicht sprechen
Vor dem Urteil darf der Angeklagte noch das letzte Wort sprechen. Will er aber nicht. „Ich habe doch nichts zu sagen“, kommt fast trotzig. Und es nütze ja auch nichts. „Deshalb können Sie ja trotzdem etwas sagen“, versucht es die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach noch einmal. Er schüttelt den Kopf. Um dann allerdings eine Berichtigung in den Raum zu werfen. „Ich habe das Gewehr so gehalten“, zeigt er eine klassische Anschlagsposition. „Er lag mit dem Kopf auf dem Tisch“, wie er denn da überhaupt habe treffen können. Der Schuss habe sich im Getümmel gelöst.
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Die Kammer ist von einem minderschweren Fall ausgegangen, wie auch schon Staatsanwalt und Verteidiger. Das Alter, keine Vorstrafen, das bei allen Widersprüchen weitgehende Geständnis, all das spreche für den Angeklagten. Dazu kommt eine organische Persönlichkeitsstörung, die vom Sachverständigen festgestellt wurde. Der Schütze habe altersbedingt mehr und mehr unter Einschränkungen der Urteilsfähigkeit, des Gedächtnisses gelitten, sei daher am Tattag stark in der Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen. Auch der Tod der Ehefrau habe ihn schwer getroffen.
Landgericht Siegen geht nicht von Wahnzustand des 89-Jährigen aus
Von einem Wahn geht das Gericht nicht aus. Der Senior habe einerseits behauptet, vergiftet worden zu sein, aber zugleich eben versucht, die Wahrheit zu finden, sei nicht völlig sicher gewesen. Ob es eine Revision gibt, steht für den Verteidiger noch nicht fest. Der Haftbefehl bleibt bestehen, bislang ist der Senior trotz einiger Krankheiten haftfähig.
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Seine Opfer machen sich Gedanken, was nach der Entlassung geschieht. Weil da noch ein lebenslanges Wohnrecht existiert. Trotzdem: „Ich wollte nicht, dass er ins Gefängnis kommt“, sagt der 73-Jährige, der die Kugel in den Hals bekam. Nur gut verwahrt „und unter Verschluss“ und nicht mehr im Haus will der Mann den Rentner haben. Eine Zelle müsse es nicht sein.