Siegen. Angeklagt ist ein staatenloser Mann. Er soll mit Drogen fast 900.000 Euro verdient haben. Die Staatsanwaltschaft will eine lange Haftstrafe.
Das könne ein ziemlich langer Verhandlungstag werden, vermutet Staatsanwältin Tabea Schneider. Es ist die Fortsetzung des Verfahrens gegen einen 28-jährigen Mann ohne Staatsangehörigkeit, der im Siegerland aufgewachsen und im Rahmen der Ermittlungen rund um EncroChat in den Blick der Behörden geraten ist. Dahinter verbirgt sich ein inzwischen abgeschaltetes Messenger-System, das überwiegend von Kriminellen genutzt wurde.
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Forderung der Staatsanwaltschaft geht dem Gericht zu weit
Ende November beim Auftakt ist dem Angeklagten vorgeworfen worden, im größeren Stil mit Drogen gehandelt und dabei einen Gewinn von 865.830 Euro eingestrichen zu haben. Öffentlich wurde danach nicht mehr verhandelt, es gab allerdings ein Rechtsgespräch. Die Staatsanwältin habe auf einer Strafe ab acht Jahren bestanden und wolle davon auch nicht abgehen, lässt die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach wissen. Die beiden Verteidiger hätten dagegen auf die in einigen Fällen sehr schwierige Beweislage verwiesen und eine Höchststrafe von sechs Jahren in die Diskussion gebracht. Die Kammer selbst in Gestalt der beiden Berufsrichter sehe die acht Jahre derzeit auch als zu hoch angesetzt an, betont die Richterin und stellt fest, dass es keine Verständigung gegeben habe.
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Es gehe nicht darum, das Verfahren zu verzögern, betont Verteidiger Leis, der zu Beginn noch um eine Besprechung mit seinem Kollegen Trode und dem Mandanten gebeten hatte. „Wir haben zwei Kanzleien und kommen aus unterschiedlichen Regionen“, das mache die Absprachen manchmal etwas schwierig. Er avisiert dann aber eine Einlassung des Mandanten zur Person und stellt eine weitere für Anfang Januar „zur Sache“ in Aussicht, die durchaus als Geständnis ansehbar sein könne. Der einzige geladene Zeuge, ein Polizeibeamter, wird entlassen und soll am 4. Januar gehört werden. „Oder sind Sie dann im Ski-Urlaub“, lacht die Richterin und bekommt ein Ja zur Antwort. Jetzt kommt der Beamte am 10. Januar.
In Deutschland nur „geduldet“ – Ausbildung nicht möglich
Der Angeklagte berichtet dann davon, in Darmstadt geboren und früh ins Siegerland gekommen zu sein. Er und seine ältere Schwester seien staatenlos, der Rest der Familie nicht. Für eine Staatsangehörigkeit oder deren Änderung müsse er im Heimatland der Eltern, in Albanien, registriert sein, was aber nicht erfolgt sei und auch nicht gelinge. Weil er über eine Duldung in Deutschland verfüge, die alle sechs Monate verlängert werden müsse, habe er nie eine Ausbildung machen können. Zumindest sei es mit diesem Status auch nicht möglich, ihn abzuschieben, sinniert die Richterin und entschuldigt sich unmittelbar für „den schlechten Scherz“.
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Früher Drogenkonsum – jetzt Familienvater
Der 28-Jährige hat früh mit Drogen begonnen, teils sechs bis sieben Gramm Cannabis täglich geraucht. Er möchte unbedingt eine Therapie machen, hat in der Untersuchungshaft bereits an einem Kurs teilgenommen. Dort sei ihm auch klar geworden, dass sein Weg ein völlig falscher sei: „Ich habe immerhin einen Sohn.“ Der Junge und dessen Mutter, mit der er verlobt ist, hätten am meisten unter seinem Tun zu leiden. „Das ist wohl das Schlimmste für einen Vater“, sagt er mit tränenerstickter Stimme. Er hat ein paar kleinere Vorstrafen, allerdings auch bei Leihfirmen gearbeitet. Im Gefängnis war der junge Mann noch nie. Für den 4. Januar steht nun auch die Aussage zum Sachverhalt auf dem Programm.
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