Krombach. Das Restaurant „Zum Anker“ ist Heimat für Kartenspieler, Sportler nach dem Training, Sänger nach der Chorprobe - und „alte Haudegen“ aus Krombach.
„Zum Anker“, das Krombacher Restaurant und Hotel, hat keine maritime Tradition. Der Name steht vielmehr für die Verankerung traditioneller Gastlichkeit im nördlichen Siegerland.
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Hier gibt es noch einen Stammtisch, wie man ihn sich vorstellt: Direkt gegenüber der Theke, was die Bestellungen sehr viel leichter macht. An der Wand Schwarz-Weiß-Fotos aus vergangenen Zeiten. Früher stand da auch noch eine der legendären in Freudenberg gefertigten Stahlschmidt-Standuhren, doch die hat inzwischen einen neuen Ort im Haus gefunden. Hier, im Volksmund auch „Beim Stutte“ genannt, treffen sich Kartenspieler, Sportler nach dem Training, Sänger nach der Chorprobe, „alte Haudegen“ aus Krombach und fühlen sich wohl. Denn es ist einmal in der Woche ihr Ankerpunkt.
Kreuztal: Restaurant und Hotel „Zum Anker“ – Start mit deftiger Hausmannskost
Dem Gebäude, in dem der Anker zu Hause ist, sieht man seine 350 Jahre nicht an. Und auch nicht seine Bedeutung im Ortskern von Krombach zu einer Zeit, als die inzwischen weltweit bekannte Brauerei nur eine von vielen im Siegerland war. Denn es beherbergte einen Lebensmittelladen, eine Bäckerei, einen Wald- und Landwirtschaftsbetrieb und eine kleine Gastwirtschaft.
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Bernd Stahl, der die Gaststätte 1991 gemeinsam mit seiner Frau Bernadette übernahm, hatte als Kind noch seinem Vater geholfen, das im Haus gebackene Brot auszuliefern. Dieser war, genau wie zwei seiner Brüder, Bäcker- und Konditormeister. „In unserer kleinen Gaststätte mit nur einem Raum gab es damals neben Krombacher Bier und Korn vor allem deftige Hausmannskost zu essen“, erinnert sich Bernd Stahl, „unsere Tante Lene war fast 50 Jahre in unserem großen Haus für die Küche verantwortlich.“
„Zum Anker“ in Kreuztal-Krombach: Restaurant mit Traditionsbewusstsein
Er hat diese Anfänge nicht vergessen und ihnen ein dauerhaftes Andenken gewidmet: Es wurde ein Künstler beauftragt, vier dieser ursprünglichen Standbeine seiner Familie an der Thekenfront durch typische Holzschnitzereien zu verewigen: So kann man auch erkennen, dass zum Hausstand ein Ochse für den Holztransport und zwei Pferde für die Landwirtschaft gehörten.
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Bernd war der erste in der Familie Stahl, der den Beruf des Kochs erlernte. Seine Eltern, Lina Stahl geb. Burbach und Willi Stahl, hatten das Lebensmittelgeschäft schon in den 50er Jahren zugemacht und auch die Bäckerei war längst geschlossen. Seine Ausbildung machte er im Haus der Siegerländer Wirtschaft in Siegen, dem beliebten Stammlokal Siegerländer Fabrikanten und anderer „Spitzen der Gesellschaft“ und auch die Heimat der 1848 gegründeten „Gesellschaft Erholung“.
Kreuztal: Restaurant „Zum Anker“ genießt überregional einen sehr guten Ruf
Seine Frau Bernadette und er, die demnächst die Goldene Hochzeit feiern, lernten sich in einem Hotel in Braunlage kennen und lieben. Sie, eine Diätassistentin, aus der österreichischen Steiermark stammend, er, der Siegerländer, der im gleichen Betrieb als Koch arbeitete. Zurück in Krombach warteten große Herausforderungen: Bernd und Bernadette Stahl mussten den „Anker“ zukunftsfähig machen: Durch viele Umbauten, gründliche Modernisierungen und Erweiterungen im Restaurant und Hotel, die 1994 vorläufig beendet waren.
Kompakt
Anschrift: „Zum Anker“, Hagenner Straße 290, 57223 Kreuztal-Krombach, 02732/8 95 50Mitarbeiter (fest): zehn, zusätzlich bei Bedarf AushilfskräfteÖffnungszeiten: Täglich außer montags von 12 bis 14 Uhr und 18 bis 22 UhrHotel: Zwölf Einzelzimmer ab 70 Euro, sechs Doppelzimmer ab 110 Euro inclusive FrühstückInhaber: Thomas Stahl
Bernd kümmerte sich dann vor allem um den Küchenbetrieb und erarbeitete dem „Anker“ einen auch überregional ausgezeichneten Ruf. Bernadettes Aufgabenfelder waren Service, Frühdienst und Büro. Dazu kamen noch die drei gemeinsamen Söhne und die Tatsache, dass auch die Eltern von Bernd Stahl mit im Haus wohnten und immer eine große Hilfe waren. Billig waren die vielen Investitionen nicht: So gönnten sich die Eheleute Stahl 20 Jahre lang keinen Ruhetag im Betrieb, der Anker hatte immer geöffnet. Und selbst heute noch hilft der 75-Jährige gerne aus, wenn „Not am Mann“ ist.
Restaurant „Zum Anker“ in Kreuztal: Zweite Generation übernimmt den Betrieb
Der nächste Generationenwechsel stand Anfang 2015 an. Thomas, der älteste der drei Stahl-Söhne, übernahm. Schon als Kind hatte er seinem Vater in der Küche geholfen. Die Stationen der beruflichen Ausbildung sind beeindruckend: Drei Jahre Interconti Frankfurt, anschließend Excelsior Ernst in Köln und danach fünf Jahre Petersberg Bonn, erstklassige Adressen deutscher Spitzenküche und Hotellerie. Wobei er am Petersberg vor allem für Controlling zuständig war. „Einkauf, Kalkulation und mit Zahlen umgehen sind unerlässlich, damit ein Betrieb funktioniert“, sagt Thomas Stahl, der nebenbei noch erwähnt, in Dortmund zum Betriebswirt ausgebildet worden zu sein und beim Kreuztaler Spitzenkoch Klaus Dreute viel gelernt zu haben.
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Natürlich hat auch er als neuer Chef im „Anker“ vieles verändert. Vor allem in der Küche. Vom Siegerländer Profiküchen-Spezialbetrieb Eibach aus Neunkirchen, der unter anderem den Promi-Koch Johann Lafer küchenmäßig ausstattete, hat er sich genau die Einrichtung entwickeln lassen, die seiner Art zu kochen entgegenkommt. „Früher arbeiteten wir mit Gas, neuerdings nutzen wir die vielen Vorteile der Induktionstechnik“, sagt er, wobei er auch betont, dass die neue Küche energieeffizienter ist. Außerdem haben die Stahls eine Außengastronomie mit 60 Sitzplätzen bauen lassen, in Corona-Zeiten besonders wichtig.
Kreuztal: Restaurant „Zum Anker“ kann Personal über die Corona-Jahre halten
Die gerade für die Gastronomie so schwierige Pandemie-Phase hat die Familie Stahl gut überstanden. „Wir haben unser Stammpersonal halten können“, sagt Thomas Stahl, denn als viele Restaurants schließen mussten, konnte sich der Anker durch Außer-Haus-Bestellungen vor allem am Wochenende einigermaßen über Wasser halten. Auch die Hotelzimmer waren durch Geschäftskunden und Monteure, die die Maschinen in der benachbarten Brauerei gewartet haben, ziemlich gut belegt. „Zum Anker“ bietet immer auch Ausbildungsplätze an: In der Küche, als Restaurantfachmann/frau und Hotelfachmann/frau. Zwei junge Leute werden hier zur Zeit ausgebildet.
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Froh und dankbar ist Thomas Stahl „für einen wunderbaren, treuen Gästekreis“ und ebenso für die Betriebstreue seines Stammpersonals, das er auf besondere Weise pflegt: „Demnächst werden wir mit unseren zehn festen Angestellten eine Segeltour in Holland unternehmen“, sagt Thomas Stahl. Und das spricht für sich.
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