Siegen. Siegen am Samstag: In der Innenstadt demonstriert die AfD, auf der Eintracht treffen „III. Weg“ und Antifa aufeinander.
Es gibt reichlich zu tun für die Polizei am Samstag in Siegen. Statt friedlichem 3. Advent haben die Bürger das „Vergnügen“ mit abgesperrten Straßen, Verkehrschaos mitten in der Stadt und lautem Skandieren politischer Parolen. Das graue Nieselwetter bietet dazu das fast perfekte Umfeld, stört aber offenbar jene überhaupt nicht, die es an diesem 11. Dezember auf die Straßen treibt.
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AfD-Zug provoziert Verkehrsstau in Siegener Innenstadt
Gegen 15 Uhr beginnt der große Zug der AfD am Busbahnhof, mit dem Henning Zoz und seine Anhänger auf legale Weise „den Rechtsstaat herausfordern“ wollen. Das „Festzelt““, das bis dahin vor dem Sieg-Carré gestanden hat und als Info-Punkt dient, wird nun von vier Personen aufgenommen und an der Spitze eines Zuges durch die Straßen getragen.
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Bei drei Metern Abstand sieht Zoz die AHA-Regeln eher übererfüllt, findet es aber dennoch gut, um den Zug in die Länge zu ziehen und für ordentliche Sichtbarkeit zu sorgen. Auch sollen die Teilnehmer, darunter viele Familien, „möglichst langsam gehen“, um die Aktion auch von der Zeit her so lang wie möglich auszudehnen. Was direkt beim Ausmarsch an Kochs Ecke zu einem mehr als 20-minütigen Stau mit viel Gehupe führt. „Das sind bestimmt so bescheuerte Querdenker“, grinst eine junge Frau, die gerade mit einer Freundin Richtung Innenstadt läuft und den Lärm nur aus der Entfernung hört.
Am Bahnhof Kundgebung gegen Impfpflicht
Henning Zoz hat zuvor alles in die Waagschale geworfen, um der Aktion Wichtigkeit zu verleihen. „Wir sind keine Impfgegner und Coronaleugner“, betont er bei der Ansprache auf dem Bahnhofsvorplatz. Allerdings sollten freie Bürger in einer Demokratie das Recht haben, selbst über ihre Körper zu entscheiden. Eine Impfpflicht wird unter Jubel von allen abgelehnt. Zoz begrüßt die Polizei und dankt für deren Schutz, ebenso den Ordnungsbehörden ausdrücklich für die Genehmigung des Marsches. „Warum lassen sie da Kinder mitmarschieren?“, kritisiert eine ältere Siegenerin, die den Vorgang auf dem dichtfrequentierten Areal beobachtet.
Protest gegen den „III. Weg“
Einige hundert Meter weiter sind eine gute Stunde später weniger Menschen aktiv, aber auch hier füllt es sich mit voranschreitender Zeit. Da ist – so der Aufruf – „in Ruf- und Sichtweite zu den Rechtsextremen, die sich vor ihrem Parteibüro zu politischen Reden und Glühwein einfinden wollen“, eine Kundgebung geplant, an der Ecke Wiesenstraße/Schlachthausstraße, wo der „III. Weg“ nahbei noch einige Zeit sein Büro unterhält.
Insgesamt friedlich
Der Samstag der Demonstrationen endet kurz nach 21 Uhr. De Polizei zieht ihr Fazit: Ein „friedlicher Verlauf“. Eine Strafanzeige wegen Beleidigung wurde gefertigt, ein Platzverweis wurde ausgesprochen.
Die Feier der Rechtsextremen sei der Anlass für die Kundgebung gewesen, erklärt einer der Veranstalter, der sich als Micha vorstellt. Initiator sei das Antifa Info Café Siegen, daneben aber auch Gruppen wie der DGB, die Frauen vom „IFC“ sowie die „Seebrücke“ und andere beteiligt. „Wir haben 150 Menschen angemeldet“, sagt der junge Mann. Er hat keine genaue Vorstellung, wie viele am Ende kommen werden. Angesichts der Pandemie werde sehr genau auf Maskenpflicht, 2G-Regel und Test geachtet. Neben der „Feier“ am Ende der Straße gehe es auch um eine solidarische Gesellschaft für alle, „wir wollen auch eigene Schwerpunkte setzen.“
Nach wie vor Bedrohung im Quartier Hammerhütte
Der Zugang zu der Kreuzung ist von Polizeifahrzeugen abgeriegelt, jeder muss sich erklären und identifizieren, der in den Demo-Bereich will. Auch Anlieger. Zumindest persönlich können sich die Parteien nicht zu nah kommen. Allerdings machen die Gegendemonstranten lautstark deutlich, dass sie da sind. Einige würden wohl gern auch mehr tun. „Ihr Wichser“, ruft einer mehrfach halblaut in Richtung der anderen Partei. „Ich würde euch so gern in die Fresse hauen“, wird er noch leiser.
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Ansonsten aber bleibt es friedlich, wird „Antifa-Musik“ gespielt, werden Reden gehalten über den falschen Schein, den der „III. Weg“ mit seinen angeblich volksnahen Weihnachtszeremonien verbreiten wolle. Es komme nach wie vor zu Bedrohungen und Pöbeleien gegen die Menschen im Quartier, sagt Sprecher Micha. Das solle nicht hingenommen werden. Zudem sei mit dem Wegzug die rechte Gefahr nicht beseitigt, die in Siegen schon lange Zeit immer wieder sichtbar werde.
„Die Hammerhütte bleibt bunt“ – auch AWO, Gewerkschaften und Caritas beteiligen sich
Beteiligt waren mit dem Verein „Bunte Hammerhütte“, dem AWO-Kreisverband, den im Quartier ansässigen Gewerkschaften sowie dem DGB und dem Siegener Bündnis für Demokratie auch lokale Akteure. Das gemeinsame Motto „Die Hammerhütte bleibt bunt“ zeigte sich in verschiedenen Aktionen. Der Verein „Bunte Hammerhütte “ sorgte für ein farbenfrohes Fahnenmeer im Quartier mit eigens erstellten Flaggen. Auch Arbeiterwohlfahrt und Gewerkschaften hatten ihre Geschäftsstellen mit Bannern ausgestattet. Auf dem Außengelände der AWO gab es Getränke „to go“ für die Quartiersbewohner. Die youngcaritas hielt eine Mahnwache an den in der Wiesenstraße verlegten Stolpersteinen, um auf das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus hinzuweisen. Das Gewerkschaftshaus war in den Abendstunden farbenfroh illuminiert.. „Das Quartier Hammerhütte machte damit klar, dass die Demokratinnen und Demokraten im Viertel miteinander solidarisch sind, für eine bunte Gesellschaft und für ein bunte Stadt Siegen eintreten“, heißt es in der Erklärung der Initiative.
Nach Schätzung der Polizei nahmen 280 Personen an den Demos teil.
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