Siegen. Siegener Kliniken analysieren alle Patienten: Aussagen von Oberarzt bei Corona-Montagsspaziergängen zu angeblichen Impfkomplikationen sind falsch
Zwei Siegener Kliniken treten den Behauptungen eines Arztes entgegen, der im Rahmen der Corona-Proteste, „Montagsspaziergänge“ genannt, Falschdarstellungen die Corona-Schutzimpfung betreffend von sich gegeben hatte. Der Mediziner hatte angegeben, als Oberarzt viele schwerwiegende Komplikationen erlebt zu haben, die er auf das Impfen zurückführen würde. Das St.-Marien-Krankenhaus, wo der Mann beschäftigt ist, weist diese Behauptung nach Prüfung der Daten zurück. Weil der Fall vor allem in den sozialen Netzwerken für Aufsehen gesorgt hatte, stellt sich auch das Diakonie-Klinikum Jung-Stilling an die Seite der Mariengesellschaft.
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Man erlebe, wie sich die Stimmung nach dem spontanen Statement des Arztes bei der Demonstration am Montag, 24. Januar, aufheizt, heißt es in einer Stellungnahme des St.-Marien-Krankenhauses: Man erhalte zahlreiche Zuschriften und Telefonate zu seinen Einlassungen; neue, vermeintliche „Fakten“ entwickelten auf unterschiedlichen Online-Plattformen ein Eigenleben. Auch die jüngsten Proteste gegen die Impfpflicht bezogen sich auf die Aussagen des Mannes. Ein Youtube-Video von dem Auftritt hat die Plattform inzwischen wegen Verstoßes gegen die Richtlinien gelöscht.
St.-Marien-Krankenhaus Siegen bejaht Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
Um das gesamte Thema zu versachlichen, bekräftigen Geschäftsführung und Ärztliche Leitungen der Mariengesellschaft, dass sie das Grundrecht der freien Meinungsäußerung grundsätzlich und uneingeschränkt bejahen. „Das beinhaltet selbstverständlich auch die Teilnahme von Mitarbeitenden als Privatpersonen an Demonstrationen, wobei dort gesellschaftliche Themen auch kritisch diskutiert werden können und gewiss keine Deckungsgleichheit zu Positionen des Krankenhauses erwartet wird“.
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Bei besagter Veranstaltung stellte sich der Mediziner den Angaben zufolge jedoch als Mitarbeiter des Krankenhauses vor und berichtete darüber, dass er in seiner Funktion als Oberarzt viele schwerwiegende Komplikationen erlebt habe, die er auf das Impfen zurückführe: Seit zwei Jahren nehme er eine „massive Häufung von Lungenembolien“ in der Klinik wahr, die nicht erklärbar wären. Er habe diesbezüglich auch Meldungen an das Paul-Ehrlich-Institut abgegeben.
Behauptung auf Corona-Demonstration in Siegen „nicht hilfreich, vielmehr irritierend“
Das Marien-Krankenhaus widerspricht der Feststellung des Arztes: Alle Patientinnen und Patienten der Klinik für die Jahre 2018 bis 2021 wurden analysiert, eine signifikante Häufung von Lungenembolien sei nicht feststellbar – auch nach Beginn der Impfkampagne im Januar 2021 nicht. „Weiter vertreten wir die Auffassung, dass derartige Behauptungen auf einer Demonstration weder zu einer sachgemäßen medizinischen Diskussion beitragen können, noch hilfreich sind; sie sind vielmehr irritierend.“ Man bedaure die durch die Behauptungen des Oberarztes entstandene Verunsicherung. In einem ersten Gespräch habe man dem Mediziner Gelegenheit gegeben, zu diesem Vorgang und zu seinen Behauptungen Stellung zu beziehen. Dann werde man den Vorgang bewerten.
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„Wir sind davon überzeugt, dass die bisherigen Impfungen unzähligen Menschen das Leben gerettet und einen maßgeblichen Anteil an der Bekämpfung der Pandemie beigetragen haben. Aus diesem Grund werden wir die Impfkampagnen weiterhin aktiv unterstützen.
Jung-Stilling Siegen: Ausführung des Oberarztes wissenschaftlich nicht haltbar
„Die Ausführungen des Oberarztes sind wissenschaftlich und medizinisch nicht haltbar“, sagt Dr. Josef Rosenbauer, Geschäftsführer der Diakonie in Südwestfalen und des Diakonie-Klinikums Jung-Stilling. Man sehe die aktuelle Diskussion mit Sorge, weil man in den Krankenhäusern „vom Vertrauen der Menschen in unsere Behandlung, aber auch in unsere Expertise leben.“ Er habe keine Zweifel am verantwortungsvollen Umgang und an den Aussagen des St. Marien-Krankenhauses, nach denen es in den vergangenen Jahren keinerlei Häufung bestimmter Erkrankungen als Folge von Impfungen gegeben habe.
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Auch die Diakonie hat sich intensiv mit eventuellen Impfnebenwirkungen beschäftigt – und auch sie kann seit Beginn der Impfkampagne vor gut einem Jahr keinerlei Anhaltspunkte für Auffälligkeiten feststellen, betont Prof. Dr. Christian Tanislav, Ärztlicher Direktor des Diakonie-Klinikums. Dr. Rosenbauer stellt klar: „Das Impfen ist im Kampf gegen die Pandemie zu wichtig, um mit völlig haltlosen Behauptungen die Menschen zu verunsichern und eine Klinik in Misskredit zu bringen. Impfen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg aus der Pandemie.“