Siegen.. Fast zehn Jahre nach der Tat bildet die Polizei eine neue Mordkommission. Die Fahnder haben einen neuen Ansatz, den Mörder von Bianca Burbach doch noch zu stellen.


Bianca Burbach kam nie zu Hause in der Freudenberger Straße an. Die Studentin der Sozialarbeit wurde am 25. April 2007 auf dem Heimweg aus dem Lyz-Restaurant, nach einem Elternabend, überfallen, vergewaltigt und dann erwürgt. Wer der Mann war, der ihr irgendwann an diesem Mittwochabend gegen 23 Uhr an der Fußgängerbrücke über die HTS zur Tiergartenstraße begegnete, hat die Polizei nie herausfinden können — trotz rund 4500 Vernehmungen, trotz 2900 Speichelproben für den DNA-Vergleich, trotz Fernsehfahndung über Aktenzeichen XY. Fast zehn Jahre nach der Tat bildet die Polizei eine neue Mordkommission: Es gibt neue Ansätze für die Fahndung.

Ermittler bitten um Speichelproben

Fachleute der „Operativen Fallanalyse“ beim Landeskriminalamt haben die bisherigen Ermittlungsergebnisse neu bewertet: Für die Reihenuntersuchung, die 2007 vorgenommen wurde, hatten die Fahnder vor allem Männer aus dem Umfeld der Studentin an der Uni ausgewählt sowie bereits bekannte Sexualstraftäter. Jetzt sollen auch Männer zunächst um freiwillige Speichelproben gebeten werden, die wegen Eigentumsdelikten oder als Gewalttäter bereits straffälig geworden sind — und solche Sexualstraftäter, die erst nach 2007 auffällig geworden sind. Denn der Täter hat Bianca Burbach nicht nur vergewaltigt, sondern ihr auch die Brieftasche geraubt. Größer gezogen wird das Einzugsgebiet für die erneut intensivierten Ermittlungen: „Wir wissen noch nicht, wie viele Männer betroffen sind“, sagt Lars Detmer von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde.

Erstmals in die Öffentlichkeit bringt die Polizei dieses Detail: Die Ermittler wünschen sich Hinweise auf Personen, die den „Kehlkopfgriff“ anwenden oder die selbst schon einmal auf diese Weise angegegriffen wurden. „Das haben wir bisher zurückgehalten“, sagt Detmer — Täterwissen, durch das ein Verdächtiger überführt werden könnte. Bianca Burbach, Mutter eines Kindes, damals 32 Jahre jung, starb, als ihr ein Mann mit der flachen Hand den Hals zudrückte. Im Gebüsch am Fuß der Fußgängerbrücke entdeckte eine Spaziergängerin, die ihren Hund ausführte, am nächsten Mittag die unbekleidete Leiche. Eine halbe Hundertschaft Bereitschaftspolizei durchkämmte damals das Gebiet auf der Suche nach Spuren, speziell ausgebildete Beamte ließen sich sogar von der HTS abseilen. An dieser Stelle erinnert bis heute ein schlichtes Holzkreuz an das Verbrechen, das vielleicht doch noch aufgeklärt wird.

Es wäre nicht das erste Mal: Am 30. November 1993 wurde in einer Ferndorfer Spielhalle die 21-jährige Peggy Becker erstochen. Acht Jahre später gelang es der Polizei, den Täter durch den Vergleich von DNA-Spuren zu überführen — sie hatte drei Jahre zuvor die Ermittlungen noch einmal aufgenommen und verstärkt. Würde das Verbrechen an Bianca Burbach aufgeklärt, bliebe noch eine Gewalttat übrig, die ebenfalls ungesühnt ist: der Überfall auf den Kreuztaler Küster Josef Schulz. Am 30. Dezember 2004 war der 53-Jährige abends auf dem Heimweg von einem nach wie vor unbekannten Täter erstochen worden.

Bianca Burbach: Die Anteilnahme war groß in Siegen, nicht nur in den Tagen nach der Bluttat in der Tiergartenstraße — zum ersten Jahrestag bildeten 300 Menschen mit einer Lichterkette, um der Ermordeten zu gedenken. Auch Norbert Rautenberg hat das damals mitbekommen: Der Polizeihauptkommissar aus dem Polizeipräsidium Hagen, der Chef der 2007 gebildeten Mordkommission war, wird auch das neu gebildete Team leiten.

Die Polizei fragt: Wer hat am Tatabend verdächtige Beobachtungen gemacht und diese bislang nicht der Polizei gemeldet? „Wer hat nach dem 25.4.2007 eine Person beobachtet, die ihr normales Umfeld plötzlich verlassen hat?

Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, ist eine Belohnung von 5000 Euro ausgesetzt. Hotline- 0271/7099-7099, Poststelle. Siegen-Wittgenstein@polizei.nrw.de