Siegerland.. Offiziell gibt es in Freudenberg, Kreuztal, Netphen, Wilnsdorf und Siegen kein einziges Bordell. Allein in Hilchenbach ist ein Etablissement bei der Stadt gemeldet. Dennoch findet Prostitution in der Region statt. Sie wird in Freudenhäusern und Privatwohnungen, die mit zweideutigen Werbetafeln auf ihr Angebot aufmerksam machen, ausgeführt.
Viele Siegener assoziieren mit der Hagener Straße in der Stadtmitte Bordelle und das Geschäft mit der Lust, weil es einst die bekannteste Adresse der Szene war. Auch wenn es an dieser Stelle keine Prostitution mehr gibt, Freudenhäuser und Privatwohnungen, die mit zweideutigen Werbetafeln auf ihr Angebot aufmerksam machen, gibt es im Siegerland jede Menge.
Eine Suche im Internet, wo (häufig) Frauen ihre Dienste offen und hüllenlos anbieten, fördert Dutzende Adressen und Telefonnummern zu Tage. Eine Anfrage in den Städten und Gemeinden im Siegerland bringt hingegen ein ganz anderes Bild hervor. Einzig in Hilchenbach ist ein Bordell, das als solches auch bei der Stadt angemeldet ist. In Freudenberg, Kreuztal, Netphen, Wilnsdorf und Siegen gibt es offiziell also keine Bordelle.
Polizei: offiziell kein Freudenhaus gemeldet
Auch die Polizei bestätigt, dass es offiziell kein Freudenhaus gibt: „Im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein gibt es keine Bordelle und auch keine Sperrzonen. Überwiegend findet Wohnungsprostitution in sogenannten Terminwohnungen statt“, sagt Michael Zell, Polizeihauptkommissar. Gleichwohl wisse die Polizei, wo im Kreis Prostitution betrieben werde und beobachte die Szene. Wohnungsprostitution liegt nach behördlicher Definition vor, wenn neben der Nutzung der Räume zu Wohnzwecken, untergeordnet auch Prostitution stattfindet.
Dabei darf die Arbeitsfläche laut Prostituiertengesetz nicht mehr als 50 Prozent der gesamten Wohnung ausmachen und es muss eine private Rückzugsmöglichkeit geben. Die besonderen Dienste, die drinnen angeboten werden, sind häufig von außen am Gebäude nicht sichtbar. Auch hier gilt: Bei den Städten und Gemeinden sind keine derartigen Dienstleister gemeldet. „Wir haben hierzu keine Zahlen vorliegen, denn – entgegen landläufiger Annahme – ist es nicht so, dass (selbstständig tätige) Prostituierte ein Gewerbe anmelden müssen. Ganz im Gegenteil. Wir können und dürfen Gewerbeanmeldungen von Prostituierten gar nicht entgegennehmen“, sagt Siegens Stadtsprecherin Sabine Schutz.
Was nicht sein darf, ist auch nicht
Also gilt für die Stadt: Was nicht sein darf, ist auch nicht. In Siegen gibt es offiziell keine Prostitution. Auch nicht in Privatwohnungen.
Das dürften die Damen von „Liebesperlen“ in der Stadtmitte anders sehen. Schließlich bewerben sie nicht umsonst „die Privatwohnung mit Niveau.“
„Bordellbetriebe müssten gewerberechtlich angemeldet werden. Dies geschieht aber in den wenigsten Fällen. Voraussetzung dafür wäre nämlich, dass die Räume auch bauaufsichtlich für diesen Nutzungszweck genehmigt wären. Das ist jedoch in der Regel ebenso wenig der Fall. Daher auch keine Gewerbesteuer für die Stadt Siegen“, erklärt Schutz. Kontaktanzeigen wie die folgende aus einem Kreuztaler Etablissement: „Triff einige der schönsten Damen der Umgebung in unserem stilvollen Club! Bildhübsche, superschlanke Ladys lesen Dir nahezu jeden Wunsch von den Augen ab“, sprechen hingegen eine ganz andere Sprache.
Medizinische Massagesalons
Auch in den anderen Städten und Gemeinden finden sich Anzeigen, die keinen Zweifel daran lassen, dass es sich bei der angegebenen Adresse eindeutig um ein Bordell handelt. Andrea Neumann von der Stadt Kreuztal weiß, dass Bordelle offiziell häufig unter anderen Branchenbezeichnungen firmieren. Am geläufigsten seien „nicht medizinische Massagesalons“.
Auch solche Dienstleister müssen natürlich Steuern zahlen. Ob die Geschäftsberichte überprüft werden, ist angesichts der Tatsache, dass viele Lokalitäten gar nicht erfasst sind – obwohl es sie augenscheinlich gibt – oder offiziell eine ganz andere Dienstleistung anbieten, fraglich. „In den meisten Finanzämtern jedenfalls würden Einkommensteuererklärungen Selbstständiger, die im Rotlichtmilieu tätig sind, nur selten kontrolliert“, versichert ein Sachbearbeiter. Schließlich wäre die Überprüfung der Kundenströme, die eine Dame empfange, auch nur sehr schwer überprüfbar.