Siegen. In einem Forschungsprojekt, das das Museum für Gegenwartskunst Siegen koordiniert, soll Kultur digital erfahrbar werden.
Die Berliner Entwickler Jennifer Aksu, Holger Heißmeyer und Sebastian Quack komplettieren als Digitalpartner das Team des institutionsübergreifenden Forschungsprojekts „Offene Welten“.
Damit sind die letzten strukturellen Weichen gestellt, sodass das Museum für Gegenwartskunst Siegen, Imagine The City Hamburg, die Kestner Gesellschaft Hannover und das Museum Marta Herford mit der praktischen Umsetzung einer digitalen Anwendung beginnen können.
Das Projekt, das im „Fonds Digital“ von der Kulturstiftung des Bundes über drei Jahre mit 960.000 Euro gefördert wird, möchte per digitalem Parcours künstlerische Inszenierungen in den Stadtraum bringen.
Interkit heißt die Idee für eine Anwendung, die der Digitalpartner in Kooperation mit den Berliner Designern von Sansho Studio für den Verbund entwickeln wird. Das Ergebnis soll eine App für Nutzer und Nutzerinnen sowie ein Redaktionssystem für die Projektpartner sein. Interkit soll damit zu einem universellen Werkzeug für die Gestaltung von interaktiven, web- und smartphonebasierten Kulturerlebnissen werden, heißt es seitens des Entwicklerteams.
Digitale Ideen für die Kunstszene aus Berlin
Seit zehn Jahren erarbeitet das interdisziplinäre Joint Venture um Jennifer Aksu, Holger Heißmeyer und Sebastian Quack gemeinsam spielerische, digitale Ideen für die Kunstszene.
Neben ihrer Expertise stach das Trio im Vergabeprozess besonders durch ihre hohe Sensibilität für die Einbindung künstlerischer und kuratorischer Vermittlungsaspekte hervor, so das MGK: „Die Anwendung soll Begeisterung wecken für die Kunstproduktion unserer Zeit. Das Museum für Gegenwartskunst Siegen hat sich für die kommenden Jahre zum Ziel gesetzt, an dem Kunstmuseum für morgen zu arbeiten – ‚Offene Welten‘ leistet dazu einen wichtigen Beitrag“, sagt Direktor Thomas Thiel.
Aus dem Siegener Museum heraus wird das Verbundprojekt koordiniert. „Das Museum der Zukunft wird immer weniger ein fester Ort sein“, ergänzt Roland Nachtigäller, Direktor vom Museum Marta Herford. „Es ist ein offener Raum der Begegnung und Auseinandersetzung, im Gebäude, auf der Straße, digital. Insofern ist uns die enge Vernetzung zwischen Ausstellungsraum, Stadtraum und Vorstellungsraum ein zentrales Anliegen.“
Kunst und individuelle Lebensrealität
Zunächst entwickeln die beteiligten Institutionen in Case Studies experimentelle Module, die künstlerische Projekte in das sie umgebende städtische Umfeld einbetten. Auf diese Weise sollen auch weniger Kulturaffine nur mit dem eigenen Smartphone ausgestattet eine Antwort auf die Frage finden, was Kunst mit ihrer individuellen Lebensrealität zu tun hat.
„Der Ansatz von Offene Welten ist dem unseren sehr nah“, sagt Ellen Blumenstein, Künstlerische Leiterin von Imagine The City, das in Hamburg exemplarisch neue Formate an der Schnittstelle zur Stadtentwicklung konzipiert. „Die finale App soll Standorte und Projekte digital und inhaltlich vernetzen sowie den urbanen Raum imaginär aufladen.“
Bei der Entwicklung wird von bestehenden Nutzungsmustern digitaler Plattformen wie Maps, Spiele-Apps und Messenger-Diensten ausgegangen, um einen niederschwelligen Zugang zu gewährleisten.
Koordination seit August aus dem MGK Siegen
In einem zweiten Schritt sollen die daraus gewonnenen Erfahrungen in eine institutionsübergreifende digitale Plattform auf Open-Source-Basis einfließen, auf der die einzelnen Module ortsunabhängig ausgetauscht werden können. „Wir möchten eine nachhaltige Anwendung entwickeln, die später von Kulturschaffenden aller Art übernommen, abgewandelt oder erweitert werden kann“, betont Elena Frickmann, die das Projekt seit August vom MGK aus koordiniert.
„Die öffentlichen finanziellen Mittel, mit deren Hilfe wir unsere Erkenntnisse gewinnen, sollen so schlussendlich wieder der Öffentlichkeit zugutekommen.“ Das digitale Vorhaben wird darüber hinaus zum Anlass genommen, innerhalb der beteiligten Institutionen und im direkten Umfeld Kooperationen zu fördern. Das Projektziel, Kunst digital sichtbar und erlebbar zu machen, scheint aus Sicht der Macher und Macherinnen in den aktuellen Zeiten zentraler denn je.
„Dass Museen und Institutionen mit technologischen Entwicklungen mitgehen müssen, war schon vor Corona wichtig“, sagt Elena Frickmann. „Was die aktuelle Situation aber zeigt ist, dass wir dringend Wege brauchen, kulturelle Erlebnisse auch ohne eine Eintrittskarte ins Museum erfahrbar zu machen.“
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