Eslohe. Mehr als 40 Jahre war Gudrun Kobilke Sekretärin des Esloher Bürgermeisters. Einblicke in einen spannenden Job, in dem sich viel geändert hat.
Gerade einmal 20 Jahre alt war Gudrun Kobilke, als sie im Jahr 1978 als Chefsekretärin des Gemeindedirektors im Esloher Rathaus begonnen hat. In wenigen Tagen geht sie in den Ruhestand. Hinter ihr liegen vier ereignisreiche und wechselvolle Jahrzehnte im Vorzimmer des Bürgermeisters von Eslohe.
Frau Kobilke, welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Anfänge im Esloher Rathaus?
Gudrun Kobilke Bei meinem Vorstellungsgespräch stand im Vorzimmer noch eine mechanische Schreibmaschine. Insofern war damals die Anschaffung einer elektrischen Kugelkopfschreibmaschine einer meiner ersten Wünsche. Bevor ich im Esloher Rathaus begonnen habe, hatte ich beim Kreis vertretungsweise im Vorzimmer des Oberkreisdirektors gearbeitet, deshalb wusste ich im Großen und Ganzen welche Abläufe mich erwarten. Nach dem Motto „Wir wollen alte Zöpfe abschneiden“ wurde des Sekretariat etwas umstrukturiert. Die Telefonate wurden fortan mit einer neuen Telefonanlage über das Vorzimmer an Gemeindedirektor Walter Habbel weitergeleitet und ich habe als Sekretärin unter anderem damit begonnen, den Terminkalender zu führen. Das war vorher alles anders. Mir war von Anfang an wichtig, ein offenes Büro zu führen.
Das heißt, mit Gudrun Kobilke ist 1978 eine rebellische 20-Jährige ins Rathaus eingezogen mit der alles anders wurde?
(lacht) So weit würde ich nicht gehen. Aber dieses Ansinnen von mir war sicherlich schon etwas Besonderes. Manch einer wird sicher gedacht haben, da kommt so eine Neue und stellt direkt Ansprüche. Aber als ich am 2. Januar angefangen habe, stand die neue Schreibmaschine tatsächlich an meinem Platz. Ich bin damals auch nicht großartig eingearbeitet worden. Meine Vorgängerin war weg und ich hatte quasi „frei tanzen“. Das war schon ganz angenehm. Auch, weil Walter Habbel als Chef für Neuerungen und Veränderungen stets offen war.
Wann haben denn die ersten Computer Einzug ins Rathaus gehalten?
Anfang der 80er-Jahre hat die damalige KDVZ den kleinen Kommunen wie Eslohe die ersten PCs zur Verfügung gestellt. Einer der ersten landete im Vorzimmer des damaligen Gemeindedirektors. Also bei mir. Damit habe ich quasi die Arbeit mit dem PC im Rathaus eingeführt. Das war nicht ganz ohne und schon eine Herausforderung. Im Vorzimmer war ohnehin immer viel los. Trotzdem sind eine Kollegin und ich dann eine Woche ausquartiert worden, um uns von einem Programmierer der KDVZ den PC erklären zu lassen. Bis die Gemeinde einen eigenen Computer-Fachmann eingestellt hat, habe ich sogar in einigen Arbeitskreisen bei der Entwicklung von Programmen bei der KDVZ und dem Hochsauerlandkreis mitgearbeitet. Das kann man sich heute alles gar nicht mehr vorstellen. Heute steht auf jedem Arbeitsplatz ein PC mit mindestens einem Bildschirm.
Und mit dem Einzug des PC hatten Sie sicher plötzlich ganz viel Zeit, weil vieles deutlich schneller und einfacher ging?
Natürlich ist vieles einfacher geworden. Aber es sind dann auch weitere Aufgaben hinzugekommen. Es hat nicht lange gedauert, bis ich Teile des so genannten Ratsbüros übernommen habe. Dazu gehörte dann unter anderem die Koordination der Termine von Rats- und Gremiensitzungen, die Abstimmung der Tagesordnungspunkte mit den Abteilungen sowie das Erstellen und Versenden der Einladungen mit Sitzungsvorlagen. Damals wurden die Sitzungsvorlagen noch per Druckmaschine im Rathaus gedruckt. Technisch hat sich da wirklich sehr viel verändert in all den Jahren. Was sich aber nie geändert hat, ist der zeitliche Druck bei den Vorbereitungen der Sitzungen. Bis so eine Tagesordnung steht, ist extrem viel Koordination im Haus nötig. Man versucht das immer in gewisse Bahnen zu lenken und zum Schluss wird es dann doch immer hektisch.
So viel zur Technik. Was hat sich denn menschlich in all den Jahren gewandelt?
Heute wird tatsächlich sehr schnell der Bürgermeister am Telefon verlangt, statt sich bei gewissen Dingen an die jeweilige Fachabteilung der Verwaltung zu wenden. Das hängt aber sicherlich auch damit zusammen, dass der Bürgermeister inzwischen von den Bürgern direkt gewählt wird. Hier ist die Erwartungshaltung eine andere geworden.
Als Sekretärin des Bürgermeisters mussten Sie auch Besuche prominenter Gäste organisieren und koordinieren. Was erlebt man da?
Das ist eigentlich ganz unterschiedlich. Der Besuch von Ministerpräsident Johannes Rau war trotz großem Sicherheitsaufgebot recht unspektakulär, während die Radtour von Ministerin Ina Scharrenbach im Jahr 2019 bereits aus Düsseldorf detailliert geplant war und diese Planungen von uns in die Tat umgesetzt werden mussten. Nach einem Frühstück und Besuch im Museum in Eslohe sollte ein weiteres Ziel das Backhaus in Wenholthausen sein - an dem erfahrungsgemäß an einem normalen Wochentag nichts los ist. Weil wir aber für Leben sorgen wollten, haben wir im Vorfeld Kinder und Senioren zusammengetrommelt, die sich bereits versammelt hatten, als die Ministerin in Wenholthausen ankam. In einem Dorf halten alle immer irgendwie zusammen, wenn es darauf ankommt. Trotzdem sind wirklich unzählige Telefonate erforderlich, bis so ein Besuch bis ins Detail durchgeplant ist.
Das klingt nach enorm viel Organisation, ist das allein überhaupt zu schaffen?
Ich hatte einen sehr netten Kollegenkreis, auf den ich mich in all den Jahren immer verlassen konnte. Oft braucht man zum Beispiel die Hilfe vom Bauhof. Die Kollegen haben oft alles stehen und liegen lassen, wenn zum Beispiel ganz kurzfristig nochmal schnell gemäht oder gepflanzt werden musste. Ich habe nie erlebt, dass man mich am langen Arm hat verhungern lassen. Das war wirklich toll!
Sie sind auch Partnerschaftsbeauftragte seit der Gründung der Städtepartnerschaft mit Kisbér. Wie ist es dazu gekommen?
Kisbér war damals so etwas wie das Baby von Walter Habbel, das ich als Sekretärin quasi mit großgezogen habe. Wir haben von 1992 bis heute gemeinsam viel erlebt. Damals gab es noch sehr viele Begegnungsfahrten und Hilfsgütertransporte. Diese Transporte und auch die Zahl der Fahrten haben deutlich abgenommen. Neben den Jubiläen, die wir gefeiert haben, war sicherlich auch die von Bürgermeister Reinhold Weber initiierte Städtepartnerschaftskonferenz 2008 in Berlin zum Thema „Voneinander und miteinander lernen“ einer der Höhepunkte. Es ist schon sehr viel gelaufen, wenn man das über all die Jahre mal zusammenzählt. Durch die aktuelle Situation stagniert das Ganze zwar ein wenig - aber das ergeht anderen Städtepartnerschaften ähnlich. Der Bürgermeister arbeitet aber schon an einer „Wiederbelebung“. Das möchte er gern noch vor meinem Ruhestand in Bewegung bringen.
Und Sie waren dabei, als der Sauerland-Herbst aus der Taufe gehoben wurde? Wie kam es dazu?
(lacht) Jeder Bürgermeister hat so sein Räppelchen. Bei Walter Habbel war es die Städtepartnerschaft und bei Bürgermeister Reinhold Weber war es später die Kultur. In einem kleinen Rathaus wie Eslohe ist es angesichts der Fülle anderer Aufgaben aber nicht ganz einfach, eine Kulturabteilung einzurichten. Also hat Reinhold Weber mich damals zu der Veranstaltung des Hochsauerlandkreises geschickt, bei der sich die Idee für den Sauerland Herbst entwickelt hat.
Was ist denn das Räppelchen von Bürgermeister Stephan Kersting?
Das habe ich mich auch gerade schon gefragt, weil ich wusste das diese Frage jetzt kommen wird (lacht). Ein spezielles Räppelchen zu benennen, ist bei ihm sehr schwierig. Ich würde ihn als einen Kämpfer bezeichnen, der unheimlich gerne arbeitet. Einen normalen Bürotag gibt es für ihn eher nicht und oftmals brennt an den Wochenenden auch das Licht im Chefbüro. Das sieht man auch daran, was sich in seiner Zeit in Eslohe bereits alles getan hat. Das fängt zum Beispiel beim Esselmarkt an. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit geleistet werden muss, bis solch ein Projekt in die Tat umgesetzt werden kann. Ich würde behaupten, dass das manch einer so nicht durchgezogen hätte. Das ist für mich das klassischste Beispiel für seine Art, zu arbeiten und Dinge zu entwickeln und sie umzusetzen. Ich habe Stephan Kersting immer als einen Menschen erlebt, der sich den Dingen und Problemen stellt - und zwar nicht mit der Axt in der Hand, sondern mit sehr viel Fingerspitzengefühl. Ich denke, das zeichnet ihn aus. Ich persönlich kann sagen, dass es immer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe war. Wenn das Vorzimmer mal nicht besetzt ist, kocht er sich seinen Tee auch mal selbst und holt sich selbst die Akten aus den Fachbüros.
Wie fällt denn nach 43 Jahren im Vorzimmer ihr Gesamt-Resümee aus?
Ich würde sagen, ich hatte einen spannenden Beruf, obwohl er im öffentlichen Dienst stattfand (lacht). Viele Veranstaltungen waren nur durchzuführen und zu organisieren, weil ich immer ein gutes Team im Rathaus zur Seite hatte. Und die gute Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern konnte nur funktionieren, weil der Draht zu den Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung immer sehr gut war und ich wirklich immer in allen Fragen Unterstützung erlebt habe.
Was werden Sie nach den 43 Jahren am meisten vermissen?
Ich glaube, am meisten werde ich die Informationen als solche vermissen. Immerhin laufen im Büro des Vorzimmers alle Fäden zusammen. Da bekommt man eine Menge mit und ist immer auf dem Laufenden.
Und was werden Sie so gar nicht vermissen?
Gar nicht vermissen werde ich, immer in einen Zeitplan eingebunden zu sein.
Wer in seinem Leben so viel geplant und organisiert hat, weiß doch sicher schon sehr genau, wie die ersten Tage im Ruhestand aussehen werden?
Ja, da will ich mich erstmal ein bisschen langweilen (lacht). Ich habe mir eigentlich so recht gar nichts vorgenommen. Ich denke, ich werde mich mehr um meinen großen Garten kümmern, der ohnehin mein Hobby ist. Und ich war in all den Jahren sehr stark kirchlich engagiert - da könnte ich mir durchaus vorstellen, mich wieder mehr einzubringen.
- Begonnen hat Gudrun Kobilke im Alter von 20 Jahren als Chefsekretärin des Gemeindedirektors Walter Habbel. 21 Jahre hat sie mit ihm zusammengearbeitet.
- Danach folgte im Jahr 1999 für zehn Jahre Bürgermeister Reinhold Weber, bevor dann im Jahr 2009 Stephan Kersting als Esloher Bürgermeister ins Rathaus einzog.
- Als Sekretärin des Bürgermeisters war Gudrun Kobilke auch Protokollantin bei hausinternen Besprechungen und koordinierte Presseanfragen, Pressetermine und -artikel.
- Außerdem war Gudrun Kobilke in ihrer Funktion auch Geschäftsführerin der Koenig‘schen Stiftung.