Meschede. Wie komme ich gerade an eine Handwerkerleistung heran? Jochem Huneke von der Kreishandwerkerschaft in Meschede-Enste gibt Auskunft.
Holz ist bekanntermaßen teuer, an viele andere Baumaterialien kommt man nur mit langer Wartezeit und zu stolzen Preisen heran. Ebenso sieht es mit Handwerksleistungen aus: Kurzum, wer im Sauerland aktuell (um-)baut, steht vor einer Herausforderung. Jochem Hunecke, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft des Hochsauerlandkreises in Meschede-Enste, über die Auswirkungen von Coronapandemie und Flut sowie vorsichtige Prognosen, wann sich die Situation wieder entspannen könnte.
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„Das Handwerk im HSK hatte schon vor der Flut eine sehr gute Auftragslage, nun kann man sagen, dass sie außerordentlich gut ist“, fasst Jochem Hunecke es zusammen. Außerordentlich gut bedeute zur Zeit für den Kunden, das derjenige, der zum Beispiel ohne dringenden Handlungsbedarf streichen lassen möchte, eventuell eine längere Wartezeit beim Maler in Kauf nehmen muss, als gewöhnlich. „In fast allen Gewerken wird geschaut, welcher Auftrag verträgt Aufschub und wo geht es darum, zerstörte Wohnhäuser wieder bewohnbar zu machen. Wer keine Küche mehr hat, braucht am dringendsten eine neue, ist ja klar“, so Hunecke. Man könne das Sauerland zwar nicht mit den von der Flut am schwersten getroffenen Gebieten an der Ahr vergleichen, doch auch hier sei es durchaus zu enormen und existenzbedrohenden Zerstörungen durch das Hochwasser gekommen.
Und so wurde in den letzten vier Wochen aus dem sowieso schon hohen Auftragsdruck ein noch höherer. Maurer, Stuckateure, Dachdecker, Elektriker, eigentlich für alle, bis auf Bäcker und Friseure, seien aktuell sehr gefragt. „Und ich könnte mir auch vorstellen, dass die Anfragen nicht nur aus dem näheren Umkreis kommen, sondern auch aus entfernten Regionen, in denen das Hochwasser gewütet hat. Das ist ja ganz logisch: Man ruft zunächst den Handwerker an, den man immer anruft. Kann der nicht, den nächsten und immer so weiter“, erklärt Jochem Hunecke einen Aspekt, der aktuell Spannung im Baugewerbe aufbaut.
Letztlich muss auf die ganze Welt schauen
Hinzu kommen, nicht erst seit der Flut, die hohen Rohstoffpreise und die Lieferengpässe, die von der Dachlatte, über mineralische Dämmstoffe, Kabel zur Elektroinstallation, Kunststoffrohre und OSB-Platten reichen. „Vor ein paar Wochen gab es Anzeichen, dass die Rohstoffpreise sich etwas entspannen, doch dann kam die Flut und wenn man auf Südeuropa und letztlich die ganze Welt blickt, beeinflussen natürlich auch die vielen Waldbrände und der Wiederaufbau die Wirtschaft.“ Für Sauerländer, die aktuell bauen oder handwerkliche Arbeiten in Auftrag geben möchten, weiß der Kreishandwerkerschaft-Geschäftsführer, bedeutete das neben längeren Wartezeiten in erster Linie, dass es kaum möglich ist, konkrete Kostenvoranschläge zu bekommen. Da es je nach Auftrag ggf. erst Wochen später zur Ausführung kommt, sei es Gang und Gebe erst kurz vorher noch einmal über den Preis zu sprechen, eben je nachdem, wie die Rohstoffpreise dann liegen.
Sorge, dass man gar keinen Handwerker bekommt, müsse man aber nicht haben. Aus extremen Material-Engpässen ergebe sich letztlich „nur“ ein höherer Preis für den Kunden. Anders funktioniere es für die Handwerker im Kreis aber schlichtweg nicht. „Es gibt genügend Beispiele, bei denen die Kollegen letztlich drauf gezahlt haben, weil der Meter Dachlatte nicht mehr 50 Cent sondern 1,50 Euro gekostet hat, der Preis jedoch bereits mit dem Kunden verhandelt war“, berichtet Jochem Hunecke.
Eine konkrete Prognose, wann sich das Baugewerbe wieder erholen könnte, kann auch der Experte kaum formulieren. Jahrelange Erfahrung lässt ihn jedoch zu folgendem Schluss kommen: „Meine persönliche Einschätzung ist: Nach Sonne kommt Regen und nach Regen kommt Sonne. So lange die Zinsen noch so niedrig sind, ermutige ich jeden, der es möchte, zum Bauen. Vielleicht nicht noch in diesem Jahr, aber in einem halben oder in einem Jahr kann man das Thema durchaus wieder angehen.“
>>>HINTERGRUND<<<
Klaus Burmann, Obermeister der Baugewerbeinnung für Brilon und Meschede, beschreibt die aktuelle Lage als bescheiden.
Besonders Dämmmaterial stehe Handwerkern momentan nicht zur Verfügung, weshalb der Wechsel auf andere Arbeiten unausweichlich und mit langen Wartezeiten verbunden sei.
Er vermutet, die Preise werden sich zwar nicht halten können, jedoch im nächsten halben Jahr auch nicht wirklich sinken. Im Winter, wenn es in der Baubranche etwas ruhiger zugeht, könne sich die Lage möglicherweise wieder entspannen. „Wer Häuser baut, sollte aktuell genügend Geld in der Tasche haben oder seine Pläne verschieben“, so Klaus Burmann.