Eslohe. Viel verändert hat sich im Esloher Störmanns Hof trotz der Impfung der Senioren nicht. Das findet Dieter Kaiser als Leiter sehr bedauerlich.
Im Esloher Störmanns Hof sind Bewohner und Mitarbeiter inzwischen zweimal gegen Corona geimpft. Den Alltag hat das kaum verändert - weil gesetzlich immer noch nicht viel mehr erlaubt ist als vorher. Allerdings gibt es durchaus Hoffnung, dass sich das bald ändern könnte. Wir haben mit Einrichtungsleiter Dieter Kaiser gesprochen.
Hat der Impftermin für mehr Leichtigkeit im Alltag gesorgt?
Vom Grundsatz her hat die Impfung leider für keine enorme Leichtigkeit im Alltag gesorgt, weil sich laut Robert Koch-Institut an der grundsätzlichen Corona-Situation ja nichts geändert hat. Es ist zwar so, dass Angehörige, die einen geimpften Bewohner besuchen, nun auf dem Zimmer ihre Maske abnehmen dürfen, aber in diesem Zusammenhang würde ich nicht von einer riesigen Erleichterung sprechen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich schön, dass für die Bewohner nach so langer Zeit mal wieder ein Gesicht ihrer Angehörigen zu sehen ist. Und natürlich auch umgekehrt.
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Haben die erfolgten Impfungen denn wenigstens andere Auswirkungen auf den Alltag?
Im März haben sich Änderungen ergeben, was die Corona-Tests angeht. Das kann man sicherlich im Zusammenhang mit den Impfungen sehen. Das Personal muss sich jetzt nur noch alle drei Tage und nicht mehr alle zwei Tage testen lassen. Und die Bewohner sind nicht mehr verpflichtend einmal in der Woche zu testen, sondern haben einen Anspruch auf eine Testung einmal in der Woche. Sie können also selbst entscheiden, ob sie sich testen lassen wollen oder nicht.
Wie viele Bewohner nehmen dieses Angebot denn wahr?
Seit der Impfung wollen das eigentlich immer weniger Bewohner - mit dem Hinweis darauf, dass sie ja jetzt geimpft seien. Auf der anderen Seite lassen sich aber dennoch einige Bewohner vermehrt freiwillig testen, nachdem wir andere Tests angeschafft haben. Ursprünglich hatten wir die Tests, bei denen das Stäbchen extrem weit in die Nase eingeführt werden musste. Inzwischen haben wir die Tests für die das Stäbchen nur zweieinhalb Zentimeter eingeführt werden muss. Das ist schon deutlich angenehmer. Im Prinzip hält sich die Zahl der Testungen damit wieder die Waage. Wichtig war mir die Veränderung dieser Tests vor allem auch für die Mitarbeiter. Wir hatten Mitarbeiter, die mit Nasenbluten zu kämpfen hatten. Daher wurde es aus meiner Sicht allerhöchste Zeit für diese Änderung.
Sind denn nach der Impfung nicht wenigstens wieder verstärkt Gruppenangebote und Gemeinschaftsaktionen für die Bewohner möglich?
Gänzlich haben wir darauf ja auch vorher nicht verzichtet, mit entsprechenden Hygienemaßnahmen. Es bleibt auch nach der Impfung vorerst bei internen Veranstaltungen und nur wohnbereichsbezogen - also Veranstaltungen, ohne die Teilnahme von Angehörigen. Aber sie waren in der Regel auch vor Corona ohnehin nur bei unseren großen Veranstaltungen mit dabei. Es finden wieder Vorleserunden, Gymnastik und gemeinsame Spiele-Aktionen mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen statt. Insofern kann man schon sagen, dass wieder ein wenig mehr Gemeinschaft möglich ist.
Wie ist denn die Situation unter den Bewohnern im Allgemeinen?
Viele von ihnen haben vor einigen Monaten massiv unter der fehlenden Nähe zu Verwandten und Freunden gelitten. Weil Kontakte fehlen oder eben nur noch mit Maske möglich waren, haben viele der Senioren gesundheitlich abgebaut. Diese Situation hat sich tatsächlich deutlich verbessert. Wir hatten zwei Monate lang keinen einzigen Sterbefall. Das ist schon enorm und sehr selten. Es macht sich durchaus bemerkbar, wenn Besuche wieder öfter möglich sind, länger dauern dürfen als zwei Stunden und auch wieder mehr Besucher erlaubt sind. Was die Bewohner allerdings weniger gut finden: Wenn sie mit ihren Angehörigen spazieren gehen, müssen sie sich nach ihrer Rückkehr zwingend einem Corona-Test unterziehen - und zwar auch, wenn sie oder die Angehörigen versichern, unterwegs niemanden getroffen zu haben. Das heißt, wir dürfen keinem der Angehörigen und der Bewohner glauben. Und das finde ich sehr schade, Vertrauen ist so wichtig. Der Test direkt nach dem Spaziergang ist auch nicht aussagekräftig.
Welche Wünsche haben Sie denn mit Blick auf die kommenden Wochen und Monate?
Die WTG-Behörde, also die ehemalige Heimaufsicht, hat in Aussicht gestellt, dass eine neue Allgemeinverfügung in Arbeit ist, die angeblich weitere Erleichterungen für Einrichtungen wie unsere mit sich bringen soll. Das würde ich mir tatsächlich wünschen. Welche Erleichterungen das konkret sein sollen ist, ist zwar noch völlig unklar. Aber ich wünsche mir schon, dass da was kommt - wie zum Beispiel ein Abschied von der Testpflicht nach dem kurzen Spaziergang. Jetzt, da viele Häuser durchgeimpft sind, kann man wohl auch erhoffen, dass Verbesserungen kommen. Sonst ist die Situation ja irgendwann für keinen Menschen mehr nachvollziehbar. Vorstellen könnte ich mir in diesem Zusammenhang auch, dass unsere Mitarbeiter sich künftig selbst testen. Wenn Schülern das zugetraut wird, fragt man sich schon, warum das nicht auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Senioren-Einrichtungen funktionieren soll. Viele von ihnen sind immerhin vom Fach - und ihnen wird das nicht zugetraut. Das ist für mich in keiner Weise nachvollziehbar. Wünschen würde ich mir auch eine Gleichberechtigung von Geimpften und Nicht-Geimpften. Wie soll ein Bewohner verstehen, dass sein Besuch die Maske auf dem Zimmer nicht abnehmen darf, wenn er doch freiwillig auf die Impfung verzichtet hat. Bei den Geimpften geht es ja auch. Es handelt sich um eine freiwillige Impfung, weshalb wird dann eine Unterscheidung vorgenommen, wenn diese deutlich gegen unsere Grundrechte verstößt?
Ist da deutliche Kritik an der Corona-Politik herauszuhören?
Sagen wir mal so. Ich halte einige Maßnahmen für sinnvoll, aber einige sind eben nicht erklärbar und aus meiner Sicht völlig übertrieben. Es wird meines Erachtens zu viel mit dem Thema Angst gearbeitet und viel zu stark nur auf die Zahlen geschaut, während die Nebenwirkungen der Maßnahmen viel zu wenig Beachtung finden. Ich denke hier zum Beispiel an das psychische Leid der Kinder, der alten Menschen und der ganzen Selbstständigen, die um ihre Existenz kämpfen. Es macht mich traurig, dass dieses Nöte aus meiner Sicht völlig außer Acht gelassen werden. Insofern kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass Menschen wie etwa Daniela Tigges vom Familotel Ebbinghof beginnen, sich zu wehren, weil sie schließlich vernünftige Corona-Konzepte ausgearbeitet haben. Es gibt einen schönen Satz von Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“. Das finde ich auf die heutige Zeit sehr zutreffend. Ich würde mir wünschen, dass die Politik den Menschen wieder mehr Beachtung schenkt.
In der Vergangenheit waren Angehörige mit ihren Besuchen sehr zurückhaltend, um die Bewohner nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Hat sich hieran etwas geändert?
Auf jeden Fall. Es sind inzwischen schon wieder viele Besucher, die kommen. Es ist wie bei allen Dingen. Am Anfang gab es viele Unsicherheiten und Ängste und irgendwann gewöhnt man sich an die Situation. Und dann stattet man seinen Angehörigen auch wieder einen Besuch ab, weil man sich innerlich die Frage stellt, wie lange man denn noch abwarten will. Schließlich kann es irgendwann auch mal zu spät sein.
Hatten Sie unter den Bewohnern überhaupt mal einen Corona-Fall in Ihrer Einrichtung?
Einen einzigen - im April des vergangenen Jahres. Danach sind alle anderen Bewohner und Mitarbeiter getestet worden. Sie waren allesamt negativ. Insofern zeigt es ja, dass hier vieles richtig läuft und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen tollen Dienst am Menschen leisten. Dafür ein großer Dank an meine Kolleginnen und Kollegen. Aber auch das ist keine Garantie, ein Virus lässt sich nicht beherrschen.