Bestwig. Der massive Corona-Ausbruch in der Bestwiger Tagespflege des DRK hat angesichts seiner Tragik für mehr Demut gesorgt. Und für Nachdenklichkeit.
Nach einem massiven Corona-Ausbruch musste die Tagespflege des DRK in der alten Post in Bestwig im Februar geschlossen werden. Fünf Monate sind seitdem vergangen. Inzwischen ist wieder Alltag eingekehrt. Angesichts des tragischen Vorfalls sei man jedoch demütiger und nachdenklicher geworden, sagt Norbert Vowinkel, Geschäftsführer der DRK Soziale Dienste Meschede gGmbH. Von den sieben Mitarbeitern waren damals vier positiv auf Corona getestet worden. Hinzu kamen zehn positiv getestete Gäste der Tagespflege. Einige von ihnen haben die Infektion nicht überlebt.
Herr Vowinkel, wie haben Mitarbeiter und Gäste der Tagespflege den Ausbruch verkraftet?
Norbert Vowinkel Die Situation nach dem Corona-Ausbruch war nicht leicht - insbesondere für unsere Gäste und Angehörigen aber auch für die Mitarbeiterinnen.
Und wie haben die Angehörigen reagiert?
Für jeden Betroffenen und Angehörigen ist ein positiver Infektionsfall immer eine hohe Belastung und es schwingt Angst mit. Zum Ausbruch der Infektion im Februar waren wir gerade in den Anfängen der Impfungen, hierdurch war das Risiko einer Infektion noch deutlich größer. Die Reaktionen der Angehörigen waren entsprechend unterschiedlich - so wurde uns mit Kritik aber auch mit positivem und motivierendem Zuspruch begegnet.
Mussten Sie sich nach dem Ausbruch Vorwürfe gefallen lassen?
Wir haben immer nach den jeweils geltenden Richtlinien des Infektionsschutzgesetzes und den Vorgaben der WTG-Behörde gearbeitet, was von vielen honoriert wurde. Trotzdem gab es - auch aus emotionaler Betroffenheit heraus – kritische Äußerungen.
Machen Sie sich selbst Vorwürfe?
Als Verantwortlicher macht man sich immer Vorwürfe, hinterfragt Situationen, hat unruhige Gedanken, zurück bleibt dann eine große Sprachlosigkeit und Traurigkeit zum Geschehenen.
Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?
Ob wir im Nachhinein etwas anderes machen würden, ist schwer zu beantworten, weil man zu diesem Zeitpunkt ja alles erdenkliche umgesetzt hat. Die Vorgaben wurden ja eingehalten. Mir bleiben die geselligen Gäste in Erinnerung – die sicherste Alternative wäre, gar keine Angebote mehr zu machen. Wir bewegen uns hier immer auf einen schmalen Grad. Soziale Gemeinschaft versus allein sein bis hin zur Isolation.
Wie schwer waren denn die Verläufe bei den Infizierten?
Bei dem Infektionsgeschehen handelte es sich im Februar um die zum damaligen Zeitpunkt unbekannte „britische Variante“ wie sich im Nachhinein herausstellte. Sie ruft bekanntlich eine höhere Virenlast bei den Infizierten hervor und ist leichter übertragbar. Das Krankheitsgeschehen bei den Infizierten war ausgeprägt, die Verläufe waren intensiv, es gab leider auch Todesfälle.
Wie haben Sie den Vorfall aufgearbeitet?
Natürlich sind wir, soweit es im Rahmen des Infektionsgeschehens möglich war, mit den Gästen und ihren Angehörigen in Kontakt getreten. Der Kontakt zu unseren Mitarbeiterinnen war ebenfalls wichtig, um sie in dieser Situation zu begleiten und zu unterstützen. Mit etwas zeitlichem Abstand haben wir im April eine interne Gedenkfeier mit Unterstützung des katholischen Seelsorgers abgehalten und der Betroffenen gedacht. Das waren sehr emotionale Momente für alle. An dieser Stelle möchten wir nochmals unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl mit den Betroffenen und Angehörigen zum Ausdruck bringen.
Haben Sie in Erwägung gezogen, die Tagespflege längerfristig zu schließen?
Nein, das war und ist weiterhin nicht notwendig! Im Gegenteil, das Angebot der teilstationären Pflege und Betreuung wird von zahlreichen Senioren und ihren Familien benötigt und weiterhin gern angenommen.
Ist inzwischen wieder Alltag eingekehrt? Haben die Impfungen für mehr Leichtigkeit gesorgt?
Der Alltag ist inzwischen wieder eingekehrt, viele Gäste sind wieder da, wir können viel im Freien auf unserer schönen Terrasse sein. Fast alle Gäste sind inzwischen geimpft was wiederum zu einer schönen Leichtigkeit beiträgt. Trotzdem herrscht weiter große Vorsicht!
Was hat sich im Alltag geändert?
Auf der einen Seite ist man demütiger geworden und nachdenklicher. Was immer wieder motiviert, ist die lebendige Gemeinschaft und die Aktivitäten in der Tagespflege, das Engagement unserer Mitarbeiterinnen und letztlich natürlich die Zufriedenheit der Gäste und ihrer Angehörigen.