Meschede. Nach dem Unwetter Mitte Juli werden Menschen vermisst. Die Kreisauskunftsstelle im HSK kümmert sich. Ihr erster Einsatz nach 16 Jahren.
Weihnachten 2004 - mit zerstörerischer Kraft brachen die Tsunami-Wellen über Südostasien herein. 230.000 Menschen verloren ihr Leben. Zu Hause im Sauerland sahen auch Petra und Klemens Schemme aus Meschede diese Bilder. „Wir fanden es schrecklich, wie viele Menschen im Anschluss nach Verwandten und Freunden gesucht haben und in dem ganzen Chaos niemand Bescheid wusste.“ Das war der Auslöser, um sich im Kreisauskunftsbüro (KAB) des DRK zu engagieren, das genau solche Aufgaben übernimmt. Fast 16 Jahre später hatten beide mit sechs weiteren Sauerländern jetzt ihren ersten Katastropheneinsatz - nach dem Unwetter Mitte Juli.
Wie war der erste Einsatz?
Petra Schemme: Sehr professionell. Wir fühlten uns alle sehr gut vorbereitet und konnten ruhig und sachlich unsere Aufgabe erfüllen. Unsere Gruppe stand seit den ersten Nachrichten über das Unwetter bereit. Bereits am 17. Juli waren die ersten Helfer aus unserem Regierungsbezirk in der überörtlichen Personenauskunftsstelle (PASS) in Münster im Einsatz. Der HSK wurde am 18. Juli über die Bezirksregierung für einen Einsatz für Montag, 19. Juli alarmiert. Zu dem Zeitpunkt stand immer noch an vielen Stellen das Wasser, zum Teil fehlte die Stromversorgung, Menschen wurden vermisst. Ein weiterer Einsatz für unser Team erfolgte am Donnerstag, 24. Juli.
Und wer hat bei Ihnen angerufen?
Petra Schemme: Zum Beispiel ein Sohn, der seine Mutter suchte. Ihr Altenheim war evakuiert worden und er wusste nun nicht, wo sie hingebracht worden war. Oder ein Mann meldete sich, der wusste, dass er selbst vermisst gemeldet worden war. Er hatte nun wieder Handy-Empfang und meldete sich quasi zurück. Ein Urlauber konnte vermelden: „Wenn mich jemand sucht, ich bin wohlbehalten auf Mallorca.“ Das ist übrigens sehr sinnvoll und hilft bei Suchanfragen.
In welcher Verfassung waren die Anrufer?
Klemens Schemme: Sie waren alle sehr freundlich und dankbar. Aber natürlich probt man vorher auch den Umgang mit verzweifelten, weinenden oder unverschämten Anrufern. Das war für uns jetzt aber kein Thema. Wir hatten allerdings ein paar Störer, die ohne Grund anriefen, einfach weil die Nummer überall eingeblendet wurde.
Woher kommen die Daten?
Petra Schemme: Sie werden bei der Evakuierung, an den Sammelunterkünften, von der Polizei oder eben von uns aufgenommen und in eine EDV-Datei eingepflegt. Da ist es schon wichtig, dass man sorgfältig arbeitet, ob jemand Willi oder Wilhelm heißt, kann da entscheidend sein. Und wenn Namen unklar sind, nehmen wir auch weitere Details auf - wie eine Brille oder eine Tätowierung.
Und wer erhält Auskunft?
Klemens Schemme: Nur Menschen, die ein berechtigtes Interesse haben und das auch nachweisen können, keine Behörden und keine Journalisten. Da braucht man schon ein bisschen Fingerspitzengefühl.
Geben Sie auch Auskunft über Tote und Verletzte?
Klemens Schemme: Tote tauchen in unserem Register nicht auf. Die Überbringung von Todesnachrichten ist allein Sache der Polizei.
Aber wir wissen schon, ob jemand verletzt ist, doch Details geben wir nicht weiter. Von uns erfährt man nur, wo sich die gesuchte Person befindet, zum Beispiel in einem Krankenhaus, einer Sammelunterkunft oder ähnlichem.
Sie haben jetzt 16 Jahre nur geprobt. Wie motiviert man da sein Team?
Petra Schemme: Das ist nicht immer einfach. Wir haben aber jetzt festgestellt, dass wir gut vorbereitet waren. Nach einer Grundausbildung mit Telefontraining und Einarbeitung in ein IT-Anwenderprogramm üben wir etwa fünf bis sechs Stunden im Quartal und nehmen an den Stabsrahmenübungen des HSK teil. Unsere Aufgabe ist eigentlich ideal für alle, die nicht so viel Zeit haben oder nicht so fit sind, dass sie bei THW, DRK oder Feuerwehr aktiv im Einsatz sein können, die aber eine sinnvolle Aufgabe suchen. Denn dass es sinnvoll ist, was wir tun, haben wir jetzt gesehen.
>>> Hintergrund
Das Kreisauskunftsbüro kommt bei so genannten Großschadensereignissen zum Einsatz, das kann auch bei einer Massenkarambolage auf der Autobahn sein, bei einer Massenpanik mit vielen Verletzten, bei Evakuierungen nach einem Bombenfund oder einem Terroranschlag.
Das KAB sucht kreisweit neue Mitarbeiter, weil immer wieder Ehrenamtliche aus Altersgründen ausscheiden. Wer mitmachen will, braucht ausreichende Deutschkenntnisse (gerne auch Fremdsprachenkenntnisse), Grundkenntnisse am PC und sollte mit Menschen umgehen können.
Wer sich engagieren oder auch erstmal informieren möchte, kann sich wenden an Petra Schemme, 0291/82511 oder schreibt eine Mail an past-hochsauerlandkreis@t-online.de.