Hochsauerlandkreis. Vielerorts bemängeln Experten die Warnmeldungen vor und während des Hochwassers. Das sagen die Verantwortlichen des HSK zum Ablauf vor Ort.

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Nach dem verheerenden Starkregen in der vergangenen Woche wird Kritik an Alarmierungen der Bevölkerung durch Bund und Länder laut. Für den Hochsauerlandkreis haben wir mit Kreisbrandmeister Bernd Krause und Ralf Fischer, Vorsitzender des Arbeitskreises Recht des NRW-Feuerwehrverbands und Sprecher der Feuerwehr der Stadt Schmallenberg, über die Hochwasser-Alarmierungen gesprochen. Die Erkenntnis: Hier habe es keinerlei Probleme mit verzögerten oder durch verzögerte Meldungen gegeben.

Bevölkerung hätte früher gewarnt werden müssen

Die Notfall-Informations- und Nachrichten-APP
Die Notfall-Informations- und Nachrichten-APP "NINA" des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, aufgenommen auf einem iPhone. © dpa | Rolf Vennenbernd

Aktuell steht in den von der Flut betroffenen Bundesländern der Vorwurf im Raum, dass man die Bevölkerung früher, eindringlicher und vor allem auf verschiedenen Wegen vor der Flutkatastrophe hätte warnen müssen. Dass der Katastrophenschutz dem Bund obliegt, Alarmierungen, wie im Falle des Starkregens mit zu erwartenden Überflutungen, aber den Ländern, und somit nicht alles direkt und ohne Umwege aus einer Hand kommt, ist Teil der Anklage gegen die Politik.

Gerade im schwer verwüsteten Ahrweiler habe es laut Deutscher Presse Agentur (dpa) zunächst keinen Hinweis via Nina-Warn-App gegeben. Wer die Katwarn-App, die vom Fraunhofer-Institut entwickelt wurde, installiert hatte, wurde am Mittwoch, 14. Juli, gegen 23 Uhr dazu aufgefordert, aufgrund der starken Regenereignisse die Wohnungen zu verlassen, die sich 50 Meter rechts und 50 Meter links von der Ahr befinden.

Meldungen an der Ahr zu spät

Für viele Bewohnerinnen und Bewohner kam diese Meldung zu spät oder sie haben sie gar nicht erst erhalten, weil sie die App nicht installiert hatten. Eine genaue Rekonstruktion der Alarmierungen liege noch nicht vor, möglich wären des Weiteren aber noch Meldungen über TV und Radio, Sirenen oder ggf. auch über Lautsprecher an Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr gewesen, wie es sie in verschiedenen Städten und Kreisen im Zusammenhang mit den Überflutungen auch gegeben hat.

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Abgesehen davon, dass das Hochsauerland nicht so schwer getroffen wurde wie viele Orte an Ahr, Rhein und Mosel, habe es in den betroffenen Gebieten, also vor allem in Eslohe und Schmallenberg sowie in den Mescheder Ortsteilen Berge, Visbeck und Olpe keine negativen Auswirkungen und auch grundsätzlich keine schleppende Alarmierungskette gegeben, findet Kreisbrandmeister Bernd Krause: „Ganz im Gegenteil, bei uns ist die Alarmierung wirklich gut gelaufen. Über die Warn-App Nina wurde rechtzeitig alarmiert und über Gefahren an Flüssen aufgeklärt.“ Die App wird zwar in erster Linie vom Bundesamt für Katastrophenschutz bedient, Landkreise und Leitstellen können aber auch Warnungen darüber herausgeben, wie es im Hochsauerland schon der Fall war.

Zu wenige haben die Nina-App

Wichtig sei aber, dass gerade für solche Ausnahmesituationen möglichst viele Einwohnerinnen und Einwohner die Nina-App auf ihrem Handy installiert hätten, „die App müsste tatsächlich noch mehr beworben werden“, sagt Krause. Schließlich könne man damit bis auf Kommunen-Ebene genau Alarmierungen senden und konkrete Anweisungen für bestimmte Gebiete herausgeben. „Da ist Nina einfach die mit Abstand schnellste Option.“

Kritik an Sirenen-Anzahl

Die Sirene am Rathaus in Meschede.
Die Sirene am Rathaus in Meschede. © Unbekannt | Jürgen Kortmann

Experten kritisierten weiterhin, dass es in vielen Gebieten nicht mehr ausreichend Sirenen geben würde, um im Katastrophenfall auch die Menschen ohne Smartphone oder ganz ohne Handy zu erreichen. Auch hier kann Bernd Krause für den Hochsauerlandkreis Entwarnung geben. „Theoretisch ist es uns hier möglich, vollumfänglich über Sirenen zu warnen. Das war in diesem Fall aber kreisweit nicht nötig“, erklärt Bernd Krause, dass in Ausnahmesituationen sonst auch die Nina-App und Sirenen parallel für den Alarm genutzt werden können. „Eine Beurteilung dessen, wie gut andere Kreise da aufgestellt sind und wie die örtlichen Herausforderungen aussahen, möchte ich mir nicht anmaßen.“

Für den Hochsauerlandkreis sei aufgrund der vergleichsweise geringen Überflutungen aber tatsächlich alles reibungslos abgelaufen. „Nach den ersten Alarmierungen haben wir die Einsatzstellen im HSK besetzt und alle Notrufe nacheinander abgearbeitet. Zum Wochenende hin waren wir dann vor Ort ja schon so weit, dass wir HSK-Einheiten der Feuerwehr, Hilfsdienste und DLRG in die deutlich schlimmer betroffenen Gebiete schicken konnten“, berichtet der Kreisbrandmeister.

Rechtzeitige Meldung

Ralf Fischer ist Vorsitzender des Arbeitskreises Recht des NRW-Feuerwehrverbands und Sprecher der Feuerwehr der Stadt Schmallenberg. Er sagt: „Die Alarmierung für die Stadt ist reibungslos und problemlos verlaufen.“ Es habe am Mittwochnachmittag einen Stadtalarm, unter anderem über Sirenen und Melder, gegeben. Der Deutsche Wetterdienst habe auch sehrwohl rechtzeitig vor den Unwetter gewarnt, sagt Fischer: „Aber ich glaube, dass es viele Bürger nicht ernstnehmen, dass viele Bürger psychologisch nicht auf einen Alarm eingestellt sind.“

Fischer teile aber durchaus die Kritik an Bund und Land. Denen wird vorgeworfen, in den vergangenen Jahren wichtige Sirenen-Strukturen zurückgebaut zu haben. Er plädiert deshalb für ein Mehrklangsystem: „Wir brauchen auf der einen Seite die Sirenen und die entsprechende Aufklärung, was die einzelnen Signale bedeuten. Und wir brauchen die digitale Alarmierung über Apps und SMS.“ Unverständnis äußert Fischer gegenüber der allgemeinen Kritik am Katastrophenschutz: „Wer den Katastrophenschutz per se kritisiert, kritisiert auch jeden Ehrenamtler, jeden Feuerwehrmann und jedes THW-Mitglied.“ Die Führung müsse weiter professionalisiert werden, doch der Katastrophenschutz an sich habe nicht in Gänze versagt.