Meschede. An der B 55 und der Antoniusbrücke in Meschede sind plötzlich die Wahlplakate verschwunden. Selbst der Staatsschutz ist eingeschaltet.

Das Rätsel der verschwundenen Wahlplakate beschäftigt in Meschede die politischen Parteien. Die FDP ist darüber so sauer, dass sie die Polizei einschaltete und Strafanzeige erstattet hat. Die wiederum hat den Fall an den für politisch motivierte Straftaten zuständigen Staatsschutz in Dortmund weitergereicht. Wie sich jetzt herausstellt, stecken allerdings gar keine Halunken dahinter.

+++ Lesen Sie hier: Neue Riesenwindräder im Mescheder Stdtgebiet geplant +++

Betroffen ist die Antoniusbrücke in Meschede und der Bereich ab der Aral-Tankstelle bis hinauf zur Raiffeisen-Tankstelle an der B 55 – für den FDP-Fraktionsvorsitzenden Dr. Jobst Köhne „die heiße Meile“ in Sachen Sympathiewerbung für die Parteien vor Wahlen. Angesichts des starken Durchfahrtsverkehrs sind die Plätze an den Masten immer besonders begehrt. Diesmal war es nicht anders, die AfD hängte sich dort als erstes auf – ihre Plakate wurden danach tatsächlich von Vandalen abgerissen. Danach kamen die anderen Parteien, bis hin zur Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, die dort gegen den Kapitalismus wetterte, aber auf die Kraft der Plakate setzt. Plötzlich aber sind die Plakate weg.

FDP stellt Strafanzeige bei Polizei

Hier ist Werbung erlaubt: Innerhalb des Ortes, hier am Ruhrplatz in Meschede, darf für die Wahl geworben werden, Plakate dürfen nur nicht behindern. 
Hier ist Werbung erlaubt: Innerhalb des Ortes, hier am Ruhrplatz in Meschede, darf für die Wahl geworben werden, Plakate dürfen nur nicht behindern.  © Unbekannt | Jürgen Kortmann

Dr. Jobst Köhne sagt: „Ich bin empört!“ Er hatte die Plakate selbst am 22. August aufgehängt, eine Woche später bemerkte er, dass nichts mehr hängt. Auch er vermutete politische Gegner dahinter – und meldete sich auf der Mescheder Polizeiwache. Zuständigkeitshalber gab die die Strafanzeige zur Bearbeitung an den Staatsschutz weiter. Köhne verweist darauf, dass er alle Genehmigungen zum Aufhängen der Wahlwerbung habe. Generell verbietet das Straßen- und Wegegesetz sowie das Bundesfernstraßengesetz Werbeanlagen außerhalb von Ortsdurchfahrten, die näher als 20 Meter vom Fahrbahnrand sind. Die Ausnahme: Wahlkampfzeiten. Ab drei Monate vor dem Wahltag wird dieses Verbot teilweise aufgehoben. Denn Parteien sind bei der Wahlwerbung an Straßen privilegiert: Sie tragen ja zum politischen Meinungsbildungsprozess bei. Nur sichtbehindernd dürfen keine Plakate aufgehängt werden.

Der Urheber ist gefunden

Hier ist Werbung unerwünscht: Ab/bis zum Ortsschild in Meschede sollen keine Plakate hängen, um nicht abzulenken.
Hier ist Werbung unerwünscht: Ab/bis zum Ortsschild in Meschede sollen keine Plakate hängen, um nicht abzulenken. © Unbekannt | Jürgen Kortmann

Auf Nachfrage unserer Zeitung findet sich der Urheber: Der Landesbetrieb Straßenbau hat die Plakate an der Antoniusbrücke und an B 55/Warsteiner Straße über seine Straßenmeisterei abhängen lassen. Der Landesbetrieb erklärt, die Plakate hätten an freier Strecke gehangen – dort aber seien sie nicht zulässig. „Grundsätzlich sind wir gehalten, illegale Werbung zu unterbinden. Der Autofahrer soll sich auf den Verkehr konzentrieren“, so ein Sprecher des Betriebs in Paderborn. Es gibt ein wichtiges, bisher unbemerktes Detail dabei: Innerhalb einer Ortsdurchfahrt sind Wahlplakate kein Problem – „diese waren aber an freier Strecke“. Und sie seien zu nahe an den Straßen gewesen. Die Antoniusbrücke zählt demnach auch als freie Strecke, an der keine Plakate hängen dürfen: Auch wenn das in der Vergangenheit immer der Fall war. Und das Mescheder Ortsschild hängt tatsächlich etwa in Höhe der Aral-Tankstelle: Dort beginnt und endet Meschede offiziell – die B 55 ist formal gesehen dort ebenfalls freie Strecke, auf der der Autofahrer nicht abgelenkt sein soll. Dass es kein Vandalismus ist, zeigt ein Detail: Alle Plakate sind fein säuberlich entfernt worden, die Straßenmeisterei hat auch keine Kabelbinder hängen lassen. Die Plakate können bei ihr in Enste abgeholt werden.

Inzwischen hat die Mescheder Stadtverwaltung die FDP informiert: Die beseitigten Plakate seien „ohne vorhergehende Information an die Kreis- und Hochschulstadt Meschede durch den Landesbetrieb Straßen NRW“ entfernt worden. Zulässig sei, von Warstein kommend, Werbung auf dem kurzen Stück ab Ortseingangstafel gegenüber der Aral-Tankstelle bis zum Beginn der Antoniusbrücke. Von jeglicher Wahlwerbung muss übrigens, das ist eine Anordnung der Stadt Meschede, der Bereich Heide (Auf der Wieme/Steinstraße/Hennestraße) frei bleiben – das ist ein Unfallschwerpunkt.

Fraktionschef: „Ignorantes Verhalten“ des Landesbetriebs Straßenbau

Wahlkämpfer Köhne bleibt sauer über das Verbot an der Warsteiner Straße/B 55, es stecke ja auch viel Arbeit dahinter: „Da hat nichts die Sicht behindert.“ Seine Trittleiter misst 1,50 Meter, er ist selbst knapp 2 Meter groß – so kann er die Plakate immer in 3,50 bis 4 Meter Höhe hängen. Man passe immer auf, dass alle Regeln eingehalten würden – man achte sogar darauf, dass nicht einmal Wanderzeichen verdeckt würden. Köhne spricht von einem „ignoranten Verhalten“ des Landesbetriebs gegenüber der politischen Willensbildung.

+++ Lesen Sie hier: So sieht in Meschede der Wald der Zukunft aus +++

An der Antoniusbrücke hängt noch ein Plakat der Grünen, wo es eigentlich nicht mehr hängen dürfte. Vermutlich wurde es erst später aufgehängt.

>>>HINTERGRUND<<<

Im Zuge der Umgestaltung der Innenstadt hat die Stadtverwaltung Meschede 16 hochwertige Leuchtstelen aufstellen lassen – auf dem Kaiser-Otto-Platz, am Henne-Ruhr-Markt und am Rathaus.

Damit diese Beleuchtung auch weiterhin unversehrt bleibt, wird darum gebeten, an diesen Leuchtstelen keine Plakate oder sonstige Werbung zu befestigen: Bei Schäden durch Kabelbinder oder Werkzeuge ist die Reparatur sehr viel aufwändiger als bei herkömmlichen Straßenlampen.