Bestwig/Nuttlar. Seit 1899 gab es die Fleischerei Fischer in Nuttlar. Nach 122 Jahren ist der Betrieb nun geschlossen. Für die Nuttlarer bedeutet das weite Wege.

Deftige Hausmannskost in der Mittagspause - das ist es, was die Ess-Bahn im alten Bestwiger Bahnhof immer ausgemacht hat. Jetzt bleiben die Türen des beliebten Gastronomie-Betriebes geschlossen. Betreiber Ernst Fischer ist in den Ruhestand gegangen. Einen Nachfolger gibt es bislang nicht. Daher ist fraglich, wann sich die Türen wieder öffnen werden - und sogar, ob sie sich überhaupt jemals wieder öffnen werden.

Und auch in Nuttlar reißt der Ruhestand von Ernst Fischer eine große Lücke. Denn gleichzeitig mit der Ess-Bahn in Bestwig ist auch in seiner Metzgerei in Nuttlar zum letzten Mal der Schlüssel umgedreht worden.

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Dabei ist es nicht so, dass sich Fischer nicht um eine Nachfolge bemüht hätte. „Aber es hat sich leider nichts ergeben“, sagt er. Mit einem Interessenten habe es zwar ein Gespräch gegeben. Der hatte am Ende aber abgelehnt, weil er zu viel hätte investieren müssen. Nun sei es als Eigentümerin Sache der Mainzer Wohnungsbaugesellschaft, einen Nachmieter zu finden, sagt Fischer. Ob das gelingen wird, vermag er nicht einzuschätzen.

Auch ein Treffpunkt

20 Jahre lang hat Ernst Fischer die Ess-Bahn betrieben: Als die Bahn sich im Jahr 2001 zurückzog, hatte er die Chance ergriffen und in der ehemaligen Kantine die Ess-Bahn eröffnet. Die Namenswahl für die Restaurant-Kantine war ihm dabei ganz leicht gefallen. „Es lag ja auf der Hand, wir sind direkt am Bahnhof, es gibt was zu essen, also passt Ess-Bahn einfach“, hatte Fischer damals gegenüber unserer Zeitung erklärt.

20 Jahre lang hat Ernst Fischer die Ess-Bahn in Bestwig betrieben.
20 Jahre lang hat Ernst Fischer die Ess-Bahn in Bestwig betrieben. © Unbekannt | Mareike Maack

Nach Fischers Übernahme war die Ess-Bahn zwar keine Kantine der Deutschen Bahn mehr, der Kantinen-Charakter aber war geblieben: Die Einrichtung rustikal, das Essen deftig. Auf der Speisekarte: Klassiker wie saftiger Schweinebraten mit Kartoffelklößen und Rotkohl. Ein Konzept, das bei den Gästen ankam. Nicht selten waren in der Mittagszeit alle Tische besetzt.

70 Prozent Stammgäste

Bei den Besuchern hat es sich zu 70 Prozent um Stammgäste gehandelt. „Die meisten haben immer gesagt, dass es sich für sie nicht lohnt, allein daheim zu kochen“, sagt Fischer. Für viele war die Ess-Bahn in der Mittagszeit auch ein Treffpunkt. Ein Treffpunkt, der nun fehlt. Neben Gästen, die in der Umgebung wohnen, waren stets auch weiterhin die Bahnangestellten zum Essen in die Ess-Bahn gekommen.

Gesetzt hatte Fischer stets auf Fleisch- und Wurstspezialitäten aus eigener Produktion. Gekocht wurde bewusst das, was sich die Leute eher seltener allein zu Hause machen - und das sei eben die deftige Hausmannskost gewesen.

  • Die Bahn hatte damals ihre Kantine aufgegeben, weil aus ihrer Sicht in Bestwig nicht mehr ausreichend Personal stationiert ist.
  • Dennoch war die Nachfrage groß: Laut Fischer waren weiterhin 100 bis 120 Mittagessen pro Tag in der Ess-Bahn über die Theke gegangen.