Schmallenberg. Ein Schmallenberger Senior wollte sich impfen lassen – wurde aber abgewiesen. Die Details zum Ärger um die Booster-Impfung.
Jürgen Köppe ist 71 Jahre alt und findet es wichtig, seinen Corona-Impfschutz aufrecht zu erhalten, deshalb stellte er sich am 11. November in die Schlange vor dem Alexanderhaus in Schmallenberg. Dort richtete der Hochsauerlandkreis eine Impfaktion aus, zu der jeder Bürger ohne Termin erscheinen konnte. Die Schlange an diesem Tag ging quer über den Kirchplatz bis zur Weststraße, die Menschen standen teilweise zwei Stunden in der Schlange, um sich eine Impfung abzuholen. Die meisten waren für die Booster-Impfung gekommen. Doch Jürgen Köppe wartete vergebens.
„Ich habe mich um 10.15 Uhr hinter der Warteschlange angestellt. Vor mir standen etwa 20 Personen. Hinter mir, kamen viele weitere Personen hinzu, dem Anschein nach alle älter als ich, mit Rollator und anderen Gehhilfen ausgestattet“, schreibt Jürgen Köppe in einer Mail an diese Zeitung. Weiter schildert er den Ablauf der Aktion: 11 Uhr öffnete sich die Tür des Alexanderhauses in Schmallenberg und eine Mitarbeiterin überprüfte die Impfunterlagen der Wartenden, mit der Information: „Wer nicht genau die sechs Monate Karenzzeit, seit der letzten Impfung eingehalten hat, der kann nicht geimpft werden!“
Frage nach Zeitgrenze für Booster-Impfung
Jürgen Köppe war in diesem Moment entsetzt, ihm selbst fehlten noch zwölf Tage bis zu der magischen Sechs-Monats-Frist, einer Altenpflegerin, die ebenfalls angestanden hatte, nur zwei Tage: „Personen, die auch weit über 70 Jahre alt waren, durften nicht geimpft werden, wurden abgewiesen, unfassbar! Gibt es überhaupt eine „Überimpfung“ ?“, fragt der Senior. Martin Reuther, Pressesprecher des Hochsauerlandkreises, versteht den Unmut, aber weist am Donnerstagmittag darauf hin: „Wir haben als Kreis die Vorgabe vom Land Nordrhein-Westfalen, dass wir die sechs Monate Abstand von Zweit- und Drittimpfung einhalten müssen.“
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Die Frage wäre, wo man sonst auch eine Grenze zieht. Man müsse die zu impfenden Menschen auch irgendwie aufteilen, damit nicht alle Bürger auf einmal kommen. „Die Hausärzte dürfen selbst abwägen und entscheiden, ob sie jemanden vor Ablauf der Zeitspanne impfen. Aber wir vom Kreis halten uns an die Vorgaben vom Land“, erläutert Reuther. Wenn sie bei einer Impfaktion Ausnahmen machten, stelle sich die Frage, wo die rote Grenze gezogen werden solle: „Sage ich dann bei zwei Wochen vor der Grenze, dass das okay ist, kommt der Nächste und fragt, ob man nicht noch eine Ausnahme machen könnte.“
Jeder kann sich boostern lassen
Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe weist auf die Vorgaben der Stiko (ständige Impfkommission) hin. „Grundsätzlich gilt: Jeder kann sich Boostern lassen, wenn sechs Monate nach der Zweitimpfung vergangenen sind. Auch jüngere Patienten werden natürlich nicht abgewiesen, wenn ihre zweite Impfung bereits länger als sechs Monate zurückliegt“, erläutert Daniel Müller von der KVWL. Zum einen sei es aus medizinischer Sicht sinnvoll, das Zeitintervall von sechs Monaten einzuhalten und auch aus organisatorischen Gründen sei es ratsam, nicht alle Bürgerinnen und Bürger auf einmal zu einer Booster-Impfung einzuladen. „Und auch nach Ablauf der sechs Monate erlischt der Impfschutz nicht sofort, sodass es legitim ist, wenn die Praxen die Drittimpfungen terminieren und strukturiert „abarbeiten“.“
Die Stiko reagiert am Donnerstag auf die ansteigenden Corona-Zahlen und gibt bekannt, dass die neue Empfehlung für die Booster-Impfung für alle Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren gilt. Aber es gilt weiterhin: Im Regelfall solle das sechs Monate nach der Verabreichung der zweiten Dosis geschehen. „Ein entsprechender Beschlussentwurf sei zur Abstimmung an Fachkreise und Bundesländer gegangen, daher seien Änderungen noch möglich. Es handelt sich noch nicht um eine finale Stiko-Empfehlung.“