Bad Fredeburg..


Die Diskussion um die Wisente hat eine neue Wende genommen. Nachdem der Trägerverein des Wisentprojekts gestern Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Schmallenberg eingelegt hatte, hat das Gericht nun die Zwangsvollstreckung vorläufig eingestellt – gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2000 Euro. „Bis über den Widerspruch in dieser Instanz entschieden ist“, heißt es in dem Beschluss durch den Direktor des Amtsgerichts, Ralf Fischer. Dieser soll am 11. September am Amtsgericht in Bad Fredeburg erfolgen.

Der Oberkirchener Waldbauer Hermann Josef Vogt hatte eine Einstweilige Verfügung gegen den Wisent-Verein erwirkt. Sie war am Freitag zugestellt worden. Danach wurde der Verein verpflichtet, die Wisente mit „geeigneten Maßnahmen“ am Betreten der
Grundstücke des Waldbauern zu hindern, um Schälschäden zu vermeiden.

Sind die Wisente Wildtiere oder sind sie im Eigentum des Trägervereins? Um diese Fragen wird es am Donnerstag, 11. September, vor Gericht gehen. Werden sie als Wild anerkannt, muss der Verein nicht mehr für die Tiere haften.

„Enteignungsgleicher Eingriff“

„In seinem Widerspruch hatte der Verein deutlich gemacht, dass die Tiere in dem für Westeuropa einzigartigen Artenschutzprojekt seit ihrer Freisetzung im April 2013 als herrenlos zu betrachten seien“, heißt es in der Pressemitteilung des Wisent-Vereins. Noch im Oktober vergangenen Jahres hatte der Wisent-Verein gegenüber unserer Zeitung geäußert, dass man sich noch in der Testphase befinde. In zwei Jahren müsse man dann eine neue Abschätzung machen.

In dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, der zu Beginn des Auswilderungsprojekts zwischen dem Trägerverein, dem Kreis Siegen-Wittgenstein, der Bezirksregierung und dem Landesbetrieb Wald- und Holz geschlossenen wurde, heißt es: „Da die Wisente während der Freisetzungsphase nicht herrenlos im Sinne des Zivil- und Jagdrechts sind, haftet der Projektträger als Eigentümer und Tierhalter gem. § 823 und 833 BGB für alle Sach- und Personenschäden, die durch die Wisente verursacht werden.“ Auf diesen Vertrag berufen sich die geschädigten Waldbauern. Sie fühlen sich hinters Licht geführt, wenn es vom Trägerverein jetzt plötzlich heißt, die Tiere seien herrenlos.

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Vereinbarung in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag grundsätzlich zulässig ist, da die Tiere bei der Freisetzung „nicht schlagartig zu Wildtieren werden“. Letztlich könne aber die Frage, ob es sich bei den Wisenten um Wildtiere handelt, nicht vertraglich geregelt werden. „Es handelt sich vielmehr um eine tatsächliche Frage, die nach § 960 BGB zu beurteilen ist“, heißt es in dem Gerichtsbeschluss.

Das Gericht spricht in dem Beschluss weiter von einem „enteignungsgleichen Eingriff“, der darin bestehe, dass mit der Auswilderung die Grundstückseigentümer keine Entschädigung mehr erlangen könnten. „Da es sich bei dem Auswilderungsprojekt um ein Naturschutzprojekt von überaus großem öffentlichen Interesse handelt, steht hier auch das Land NRW in der Pflicht, welches die Auswilderung erst ermöglicht“, so Direktor Ralf Fischer.

Bis zum Europäischen Gerichtshof

Nach Auffassung des Gerichts ist ohne einen entsprechenden Entschädigungsfond für mögliche Wildschäden ein langwieriger – für alle Beteiligten nur mit Nachteilen verbundener Rechtsstreit – absehbar, der gegebenenfalls aufgrund der Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Naturschutzrecht letztlich erst vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden wird.