Meschede.. Rechtsanwalt Jochen Libertus verteidigte die Mutter, konnte nach dem Brand im Rebell nicht einfach zum Tagesgeschäft zurückkehren.


Auch der Iserlohner Rechtsanwalt Jochen Libertus, er verteidigte die Mutter, konnte nach dem Brand im Rebell nicht einfach zum Tagesgeschäft zurückkehren. Bis heute denkt er immer wieder an den Fall. „Ein schlafendes Kind allein in einer Wohnung zurücklassen. Das könnte ich nicht mehr.“

An was denken Sie beim Brand im Rebell?


Jochen Libertus: Dass eine junge Frau unverschuldet in eine Situation reingerissen wurde, die ihr Leben komplett auf links krempelte. Ich kannte auch das Kind, Jasmin, ein süßes aufgewecktes Mädchen. Ich sehe es noch in einem bestimmen Pullover, der lag hinterher verbrannt auf dem Boden des Kinderzimmers. Ich habe auch die Leichenfotos gesehen. Als der Anruf der Mutter kam, die mich um anwaltlichen Beistand bat, weil ihr Kind an einer Rauchgasvergiftung gestorben war und sie verdächtigt wurde - das war heftig.

Was war die Mutter für ein Typ?

Eine einfache, aber lebenslustige Frau, die aus dem Osten Deutschlands stammte, blond, zierlich, durchaus gut aussehend. Sie hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie als Prostituierte arbeitet. Auch ihren späteren Mann hatte sie in einem Bordell in Dortmund getroffen. Ich hatte sie durch einen vorherigen Fall kennengelernt. Sie hatte furchtbares Theater mit einem Ex-Freund, gegen den ich eine einstweilige Verfügung erwirken konnte. Er durfte sich ihr nicht mehr nähern. Zuvor war sie zu ihrem Ex-Mann zurückgekehrt. Das passte ihm nicht.

War sie jemand, die ihr Kind vernachlässigt?

Nein. Wenn ich sie traf, hatte sie Jasmin immer dabei. Sie ließ sie nie allein. Wenn sie anschaffen ging, hatte sie jemanden, der aufpasste. Nur in der Brandnacht, da hatte sich das zerschlagen. Deshalb war das Kind allein in der Wohnung.

Die Ermittlungen liefen letztlich ins Leere. Was kritisieren sie daran?

Diese Vorstellung, dass meine Mandantin ihre Kleidung aus dem Schrank nimmt und Zigarettenasche dort ein Feuer entfacht, schien mir völlig lebensfremd. Ich habe immer wieder auf den Ex-Freund hingewiesen, der schon mal im Flur einer früheren Freundin einen Kinderwagen in Brand gesetzt haben soll und der einen Schlüssel hatte.

Letztlich spielte der Schlüssel eine entscheidende Rolle?

Ja, bei einer der letzten Vernehmungen wurde meine Mandantin nur gebeten, die Wohnung so zu verlassen, wie sie es immer getan habe. Sie ging raus und zog die Tür zu. Auf Nachfrage betonte sie, dass sie nie abschließe.

Und?

Als die Feuerwehr in der Brandnacht die Tür öffnete, war sie verschlossen.

Ihre Mandantin wurde letztlich freigesprochen? Wie ging es ihr?

Sie war vollkommen aus der Bahn geworfen. Dass es so lange gedauert hatte, bis der Vorwurf der fahrlässigen Tötung ihrer Tochter aus der Welt geschafft wurde, war sehr belastend. Dabei war sie eigentlich eine sehr liebe Frau, die niemandem etwas Böses wollte. Auch dass ihr Ex-Mann sie erst anschaffen schickte und sie dann vor Gericht als Nebenkläger belastete, hat ihr zugesetzt. Sie ist damals zurück in den Osten gegangen. Ich habe seitdem keinen Kontakt mehr und hoffe nur, dass es ihr gut geht. Ich habe ihr immer geglaubt.