Wenholthausen. Nach einem tödlichen Unfall in Wenholthausen beschäftigt sich das Gericht mit dem tragischen Ereignis. Weit ist es aber nicht gekommen.

Der 43 Jahre alte Müllwagenfahrer kennt die Strecke im Schlaf. Kennt jede Kurve und jede Einfahrt. Jeder Handgriff sitzt. Routine. Schließlich fährt er diese Tour bereits seit zwei Jahren. So schildert der Mann, der nun als Angeklagter im großen Saal des Mescheder Amtsgerichtes sitzt, die Abläufe des 6. März 2019 der Richterin.

Er sitzt dort, weil an jenem Tag um 8.15 Uhr seine morgendliche Routine jäh endet. Zu diesem Zeitpunkt ereignet sich ein tragischer Unfall, der für einen 72 Jahre alten Beifahrer tödlich endet: Während der Müllwagenfahrer mit seinem schweren Laster von der L541 zwischen Wenholthausen und Berge nach links zum Glut Blessenohl abbiegen will, rauscht ein nachfolgender Audi, der zum Überholen angesetzt hatte, während des Abbiegevorgangs in den Müllwagen. Die Fragen, um die es in dem Prozess geht: Wann hätte man was wie sehen können? Dem 43-jährigen Müllwagenfahrer wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Angeblich soll er nicht geblinkt haben. Angeblich soll er vor dem Abbiegevorgang nicht in die Spiegel geschaut haben. All das streitet er ab.

Eben, weil er die Strecke genau kenne, wisse er, wie gefährlich es sei, von der Landstraße zum Gut Blessenohl abzubiegen. Daher habe er definitiv rund 300 Meter vor der Einfahrt den Blinker gesetzt. Und auch in den Spiegel habe er geschaut. Dabei habe er nämlich gesehen, dass der Pkw, der sich unmittelbar hinter ihm befunden habe, abgebremst hat. Was er nicht sah: Hinter jenem Pkw fuhr ein weiteres Auto, dessen Fahrer gerade zum Überholen ansetzte. Während der Müllwagen bereits nach links gezogen war, kam es zu dem tragischen Zusammenstoß.

„Ich konnte diesen Wagen gar nicht sehen“, erklärt der 43-Jährige vor Gericht. Weil sein Müllfahrzeug bereits schräg zur Fahrbahn gestanden habe, hätte er zig mal in den Spiegel schauen können - „zu diesem Zeitpunkt hätte man im Spiegel höchstens die Wiese neben der Landstraße gesehen“, so der 43-Jährige. Den größeren Beitrag zu diesem Unfall, habe vielmehr der Fahrer des überholenden Pkw geleistet, sagt der Verteidiger des Angeklagten.

Weit gekommen ist das Gericht in der Verhandlung noch nicht. Nach der Aussage des Müllwagenfahrers zogen sich Richterin, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Rechtsgespräch zurück. Denn: Kurz zuvor war im Prozess bekannt geworden, dass derzeit ein Unfallrekonstruktionsgutachten in Arbeit ist. Erstellt wird es nach Angaben des Verteidigers für ein parallel verlaufendes Zivilverfahren. Dieses Gutachten soll nun abgewartet werden. Das Gericht verspreche sich von der Expertise Antworten auf die entscheidenden Fragen „Wann hätte man was wie sehen können“, so die Richterin.

Es mache keinen Sinn, ohne dieses Gutachten die Verhandlung fortzusetzen. „Wir brauchen das Ergebnis, vorher können wir nicht entscheiden“, sagt sie. Entsprechend wurden auch die beiden geladenen Zeuge unverrichteter Dinge wieder entlassen. Wann es nach der Aussetzung des Verfahrens weitergehen wird, ist noch unklar.

  • Bei dem Zusammenstoß im März war der 72-jährige Beifahrer des Audi schwer verletzt worden. Der Mann, der an einer Herzinsuffizienz litt, erlag seinen Verletzungen etwa 14 Tage später im Krankenhaus.
  • Der 64-jährige Audifahrer sowie eine weitere 66-jährige Mitfahrerin erlitten leichte Verletzungen. Der Fahrer des Müllwagens wurde ebenfalls leicht verletzt.
  • Die drei Leichtverletzten waren damals durch den Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht worden. Für den schwer verletzten Mann war der Rettungshubschrauber an der Unfallstelle gelandet.