Beringhausen..
Sie nennen sich Urban Explorer, das heißt, sie erkunden heimlich verlassene Gebäude, einsame Industrieruinen und ehemalige Krankenhäuser - wie die Veramed-Klinik in Beringhausen. Wir haben mit einem dieser Menschen über seine verbotenen Besuche in Beringhausen gesprochen. Er will anonym bleiben.
Beschreiben Sie doch bitte einmal, was für ein ungewöhnliches Hobby Sie haben. Was machen Sie genau?
Wir sind immer auf der Suche nach leer stehenden Gebäuden. Es ist egal, ob es sich um ein Hotel, eine Schule, eine Klinik oder eine Fabrik handelt. Wir versuchen in die Gebäude hineinzukommen und probieren dort, gute Fotos zu machen.
Was macht diese Gebäude denn so interessant?
Das Spannende ist, die Phantasie spielen zu lassen. Sich vorzustellen, wie es hier einmal war, als das Gebäude noch intakt war: Hier sind damals Leute entlang gegangen, dort hat der Pförtner gesessen. Wir versuchen daher auch immer etwas über die Historie herauszufinden: Wie war es vorher hier?
Urban Explorer gelten als jene, die nichts zerstören und nur fotografieren und filmen. Trotzdem dringen Sie illegal in Gebäude ein. Ist Ihnen das bewusst und haben Sie keine Angst davor erwischt zu werden?
Ich gebe zu: Ein gewisses Kribbeln gehört dazu. Rein rechtlich kann die Polizei einen Platzverweis aussprechen und der Eigentümer kann Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstatten. Wenn wir erwischt werden, schickt man uns nach meinen Erfahrungen weg. Wir laufen nicht in Tarnhosen mit Sprühdosen durch die Gegend, wir machen laut Kodex nichts kaputt, wir haben nur unsere Kamera dabei. Wenn jemand fragt: „Was machen Sie?“ Dann sage ich: „Ich mache Fotos!“
Angst ist noch einmal ein Stichwort: Ist es nicht gruselig, bei Dunkelheit durch verlassene Stätten zu laufen?
Meistens sind wir bei Tage unterwegs, weil wir ja Fotos machen. Wenn es dunkel wird, haben manche Gebäude natürlich einen ganz anderen Reiz. Wir sind aus Spaß auch nachts schon in das ein oder andere Gebäude gegangen – ja, das ist zum Teil schon unheimlich.
Die Veramed-Klinik in Meschede hat inzwischen den Beinamen Geisterklinik. Finden Sie das treffend?
Unheimlich sind dort diese langen Gänge. Und in jedem Gebäude, in dem man sich aufhält, hört man plötzlich Geräusche, etwa eine Tür, die durch einen Luftzug zuschlägt. Die Veramed-Klinik liegt zudem sehr einsam im Wald. Aber es spukt da ja nicht!
Wie beschreiben Sie den Zustand des Gebäudes und der Räume?
Das erste Mal war alles noch intakt. Es war faszinierend: Damals sah es so aus, als ob das Personal gerade zur Mittagspause gegangen wäre und nicht zurückgekommen ist. Wenn ich jetzt die Fotos sehe, ist es traurig, was dort alles zum Beispiel durch Kabeldiebe zerstört worden ist.
Warum übt diese leer stehende Klinik so eine Anziehung auf Leute wie Sie aus?
Da spielt zum einen die Lage im Wald eine Rolle. Es ist ein schöner Ort. Und am Anfang war die Klinik unberührt: Ich habe noch nie ein Krankenhaus gesehen, in dem so viel Inventar zurückgelassen wurde. Wasserkästen, Computer, Sondenernährung – es war unglaublich.
Was sagen Sie dazu, dass dort Patientenakten aufbewahrt werden?
Da fragt man sich, warum die keiner weggeräumt hat. Ich finde das nicht richtig. Aber: Diese Frage stellt man sich oft. Zum Teil auch in Fabriken: Da finden sich Akten, Abrechnungen und Bewerbungen. In der Veramed-Klinik gab es direkt nach der Schließung zunächst einen Riesenraum mit Tonnen an Akten, und auch in den Patientenzimmern waren welche verstreut.
Nur mal angenommen, Sie bekämen sehr viel Geld für eine neue Nutzung dieses Hauses. Als was würden Sie es betreiben?
Als Krankenhaus fand ich es ideal, es ist optimal gelegen zum Erholen. Ich denke, auch als Hotel würde es sich anbieten. Aber man sollte sich beeilen, bevor noch mehr zerstört wird und zerfällt. Irgendwann ist es zu spät!