Bestwig.. Für die Zeit nach der Fertigstellung der A 46 liegt noch kein fertiges Konzept in der Schublade des Bürgermeisters. Dennoch hat Ralf Péus Vorstellungen, wie es weitergehen wird, wenn in ein paar Jahren nur noch die Hälfte der Fahrzeuge über die B 7 fahren wird. Wir haben mit ihm gesprochen.
Freut sich der Bürgermeister noch auf die Autobahn?
Ralf Péus: Aber natürlich!
Das heißt, in Ihren Augen ist die A 46 mehr Segen als Fluch für die Gemeinde?
Auf jeden Fall und ich denke, dass es den meisten Menschen in der Gemeinde genauso geht. Bevor der Bau begonnen hat, gab es nur Befürworter. Die Zweifler und Gegner haben sich erst nach und nach im Laufe der Zeit zu Wort gemeldet. Die überwältigende Mehrheit in der Gemeinde ist aber nach wie vor für die Autobahn.
Wer sind die Befürworter, wer sind die Gegner?
Befürworter sind ganz klar alle, die an der B 7 wohnen und unter dem Verkehr leiden. Aber auch alle Verkehrsteilnehmer, die durch oder nach Bestwig müssen, gehören zu den Befürwortern. Gegner sind teilweise die Geschäftsleute, die durch ein geringeres Verkehrsaufkommen geringere Einnahmen befürchten.
Teilen Sie diese Befürchtungen?
Ich denke, dass es teilweise eine Milchmädchenrechnung ist. Nicht der Verkehr bringt den Umsatz. Wenn wir weniger Verkehr auf der B 7 haben und Leute künftig bewusst nach Bestwig kommen, weil sie die Ortsdurchfahrt nicht mehr als Fluch empfinden, kann das auch zusätzliche Einnahmen bringen. Man muss klar differenzieren: Für Geschäfte, die unter anderem vom Durchgangsverkehr leben, wie Tankstellen oder Bäckereien, wird die Situation eine andere sein als etwa für den Möbel-Markt Bestwig. Kein Holländer, der durch den Ort fährt, hält spontan dort an, um eine Küche zu kaufen. Ich kenne viele Velmeder und Bewohner aus dem Valmetal, die wegen der Situation auf der B 7 den Weg nach Bestwig zum Einkaufen scheuen. Wer im Velmeder Oberdorf wohnt, ist im Moment schneller im Schwarzen Bruch in Meschede als bei unseren eigenen Märkten in Borghausen.
Welche Möglichkeiten gibt es nach Fertigstellung der A 46 aus Ihrer Sicht, um den fehlenden Verkehr zu kompensieren?
Ich glaube, wir müssen ein bisschen relativieren. Wir werden hier in Bestwig später keine Freienohler Verhältnisse haben. Seitdem dort die Autobahn fertig ist, fahren tatsächlich nur noch die Freienohler nach Freienohl. Bei uns hingegen werden alle Fahrzeuge weiterhin über die B 7 fahren, die etwa in Richtung Schmallenberg oder ins Valmetal möchten.
Gibt es Zahlen hierzu?
Es heißt immer, dass nach der Fertigstellung der A 46 etwa noch die Hälfte der Fahrzeuge auf der B 7 unterwegs sein wird. Das wären dann zwischen 10 000 und 12 000 Fahrzeuge. Und das ist immer noch eine ganz ordentliche Zahl. Vor allem an Freitagnachmittagen und in der Wintersportsaison wird sich die Fertigstellung der A 46 im Ort bemerkbar machen. Dann wird die Entlastung deutlich spürbar sein.
Kann die Gemeinde denn etwas für die klagenden Einzelhändler tun?
In erster Linie sind die Einzelhändler hier selbst gefragt. Sie müssen ihre Stärken herausstellen, sich interessant machen. Nochmal: Ich bin der festen Überzeugung, dass die Menschen eher nach Bestwig kommen, wenn sie wissen, dass sie hier nicht im Stau stehen werden. Es ist ja letztlich auch schon eine Menge getan worden - ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Rückbau und die Umgestaltung der Bundesstraße in der Ortsdurchfahrt. Seitdem ist es nicht nur schöner. Damit ist auch die Parksituation deutlich verbessert worden. Es gibt in ganz Bestwig zum Beispiel keinen einzigen kostenpflichtigen Parkplatz. Die meisten Geschäfte haben Parkplätze direkt vor der Tür. Das sind Pfunde, mit denen man in Bestwig durchaus wuchern kann.
Gibt es nach dem erfolgten Rückbau noch Möglichkeiten für eine weitere Optimierung und Umgestaltung der Bundesstraße?
Wir wollen nach der Fertigstellung der Autobahn ein Verkehrskonzept in Auftrag geben. In dem Konzept soll es auch um die Seitenstraßen gehen. Dort gibt es jetzt teilweise Einbahnstraßenregelungen, damit der Weg parallel zur B7 nicht abgekürzt werden kann. Wenn niemand mehr abkürzen muss, kann man solche Regelungen natürlich wieder aufheben. Das ist auch eine Erleichterung für die Anwohner, die teilweise einmal um den Block fahren müssen, wenn sie nur drei Häuser weiter wollen.
Das heißt, es liegen noch keine Pläne in der Schublade, wie es nach der Fertigstellung der A 46 mit der B 7 weitergehen kann?
Wir haben uns bewusst entschieden, nichts für die Schublade zu planen. Das bringt uns nichts. Wir wollen nach der A 46 erst einmal die Entwicklung abwarten und beobachten, wie sich die Verkehrsströme entwickeln. Wir brauchen schließlich Pläne, die der Realität entsprechen. Ich denke, etwa ein halbes Jahr nach der Eröffnung haben wir hier die ersten Erfahrungen gesammelt, mit denen es sich dann arbeiten lässt.
In Ihrer Rede zum Baubeginn der A46 haben Sie gesagt: „Heute ist ein Tag der Freude für alle Bestwiger“. Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie bei der Eröffnung sagen werden?
Heute ist ein Tag der Freude für alle Bestwiger (lacht).
Baubeginn war am 3. September 2009. Damals war die Rede von einer siebenjährigen Bauzeit. Das heißt, schon in wenigen Monaten müsste Eröffnung sein. Das wird nicht klappen. Wissen Sie Näheres?
Der Landesbetrieb hält sich in der Regel bedeckt, wenn es um konkrete Terminangaben geht. Bei der Rede zur 825-Jahrfeier vor wenigen Wochen auf der Autobahnbaustelle hat Richard Mede vom Landesbetrieb Straßenbau aber zumindest den weiteren Ablauf noch einmal öffentlich kurz geschildert. Demnach soll in den nächsten Monaten mit den Trassenarbeiten begonnen werden - also unter anderem mit der Entwässerung. Das, so sagte Mede, werde etwa zwei Jahre dauern. Hinzu kämen dann noch weitere Arbeiten. Daraus lässt sich also schließen, dass 2018 nicht mehr klappen wird. Ohne, dass Mede eine konkrete Zahl genannt hat, hörte sich das für seine Zuhörer nach 2019 an. Man muss aber bedenken, dass immer auch die nötigen Finanzmittel vom Bund fließen müssen.
Wie sehen die Bestwiger diese Verzögerung?
Vor dem Baubeginn gab es in der Gemeinde immer nur ein Thema: Wann wird endlich mit dem Bau der A 46 begonnen? Wann ist die Autobahn endlich fertig? Seitdem die Leute sehen, dass gebaut wird, habe ich diese Frage nur noch selten gehört. Die Ungeduld ist bei den meisten nicht mehr so groß wie vor dem Beginn des Baus. Bei mir übrigens auch nicht. Es ist ja zu sehen, dass es voran geht. Wir haben fast drei Jahrzehnte auf die Autobahn gewartet - was ist dagegen schon ein Jahr?
Was glauben Sie, wie sieht Bestwig 2030 aus?
2030 dürfte Bestwig den Makel „Dort kannst du nicht mehr hinfahren, ohne dass du im Stau stehst“ endgültig verloren haben. Es ist einfach so: Die Bundesstraße 7 ist ein Alleinstellungsmerkmal, aber eben kein positives. Es wird eine Weile dauern, bis sich die neue Situation in den Köpfen festgesetzt und sich das Image gewandelt hat. Es wird mehr Lebensqualität und neue Impulse für die Geschäftsleute geben, weil dann auch endlich wieder die Bestwiger in Bestwig einkaufen werden. Die Autobahn hat dann zur positiven Entwicklung der Gemeinde beigetragen - und das in jeder Hinsicht.