Meschede. Der Hashtag #segenfüralle wurde an Ostern an Kirchen im HSK platziert. Das missfiel dem Mescheder Vikar Jakob Küchler - er entfernte die Malerei.

Das Motiv an Ostersonntag.
Das Motiv an Ostersonntag. © Privat | Privat

Drei Messdienerinnen aus Meschede haben sich am Osterwochenende der bundesweiten Aktion #segenfüralle angeschlossen und mit einer Kreide-Malerei vor den Kirchen Mariä Himmelfahrt und St. Walburga auf die gleichberechtigte Segnung aller - und vor allem homosexueller - Menschen aufmerksam gemacht. Vikar Jakob Jan Küchler entfernet die Botschaft, bestehend aus einer Regenbogen-Flagge, einem Herz und den Hashtags #segenfüralle sowie #loveisnosin daraufhin. Seine Begründung: Die Botschaft passe nicht zum Osterfest.

Segens-Diskussion

Während die Zeichnungen vor der Mariä-Himmelfahrt-Kirche sowie an weiteren Standorten um Meschede herum stehenbleiben durften, hatte Vikar Küchler für die Walburga-Kirche entschieden, dass gerade der Hashtag #loveisnosin, also Liebe ist keine Sünde, nicht zu den aktuellsten Äußerungen zur Segens-Diskussion um homosexuelle Paare aus Rom und nicht zum Osterfest passe.

Das angesprochene Schriftstück aus Rom beantwortet die Frage, ob die Kirche die Vollmacht besitzt, Personen gleichen Geschlechts zu segnen, klar mit nein, ruft aber auch dazu auf, Menschen mit homosexuellen Neigungen mit „Respekt und Takt“ zu behandeln. „Es kommt sicherlich immer auf den Blickwinkel an, aus dem man das Schreiben betrachtet, aber ich sehe darin auf jeden Fall ein riesigen Schritt auf das Thema Homosexualität in der katholischen Kirche zu. Vor einigen Jahren wären solche Äußerungen aus Rom sicher noch nicht möglich gewesen“, findet Jakob Küchler, der persönlich auch hinter der Verneinung des Segens für homosexuelle Paare steht, Schwulen oder Lesben als Einzelperson aber Gottes Liebe und Segen zusprechen würde. Für ihn fehle in den gegenwärtigen Debatten eben diese Unterscheidung.

Botschaft nur vor Walburga entfernt

Die drei Messdienerinnen haben die Zeichnungen vor den Kirchen Mariä Himmelfahrt und Walburga angefertigt.
Die drei Messdienerinnen haben die Zeichnungen vor den Kirchen Mariä Himmelfahrt und Walburga angefertigt. © Privat | Privat

Die drei Messdienerinnen, Anne Remmel, Florentina Schulte und ihre Schwester Helena Schulte, die neben einer Reihe anderer Katholiken an Ostern, die Aktion #segenfüralle unterstützt hatten, äußern am Tag nach dem Wegwischen ihrer Botschaft ihre Enttäuschung darüber, dass nur Vikar Küchler sich dafür entschieden hatte, die Botschaft nicht stehen zu lassen.

„Wir wollten ja nur darauf aufmerksam machen, dass etwas, das im normalen Leben schon respektiert wird, auch in der Kirche einen Platz haben sollte“, erklärt die 24-jährige Florentina Schulte, die wie ihre Schwester Helena von ihrem Vater davon erfahren hatte, dass Jakob Küchler die Malerei vor der Kirche entfernt hatte. „Vikar Küchler hat unseren Vater angerufen und mit ihm darüber gesprochen“, erklären die Schwestern, die sich gewünscht hätten, dass man direkt mit ihnen das Gespräch gesucht hätte. „Nachdem ich herausgefunden hatte, wer an der Aktion beteiligt war, habe ich gleich versucht, die drei zu erreichen. Bei Florentina und Helena Schulte hatte ich nur die Nummer des Vaters“, erklärt Küchler, dass er nur deshalb nicht direkt mit den jungen Frauen gesprochen habe.

Keine Kirchenpolitik an Ostern

Anne Remmel hatte am Abend eine Nachricht erhalten, nachdem sie einen Anruf des Vikars verpasst hatte. „In Betracht gezogen hatten wir natürlich schon, dass die Malereien eventuell entfernt würden, aber so richtig damit gerechnet haben wir nicht“, sagt die 17-Jährige. Dass die #segenfüralle - Botschaft gerade an Ostern keinen Platz finden soll, können die drei jungen Frauen, die seit ihrer Kindheit in der Kirche aktiv sind, allesamt nicht nachvollziehen. Für den Mescheder Vikar steht jedoch fest, dass es sich dabei um kirchenpolitische Inhalte handle, die für ihn an Ostern nichts verloren hätten. „Da sprechen wir ja zum Beispiel auch nicht über das Thema Abtreibung oder ähnliche heiß diskutierte Themen“, so Küchler, der sich gewünscht hätte, dass man vor der Aktion mit ihm in den Dialog gegangen wäre. „Das Thema hätte ja an jedem anderen Tag auch Aufmerksamkeit bekommen und hätte besser gepasst. Zum Beispiel am Christopher Street Day.“ Zum Hintergrund: Am Christopher Street Day wird jedes Jahr für die Rechte von Homosexuellen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen demonstriert.

Sich wieder annähern

Um das im Mescheder Fall nicht nur kirchenpolitische, sondern vor allem innerkirchliche Problem anzugehen, soll es zeitnah eine offene Diskussionsrunde zwischen den drei jungen Frauen, weiteren an der Aktion beteiligten Personen, Vikar Küchler sowie einer geistlichen Person geben, die die Position vertritt, dass auch homosexuelle Partnerschaften einen kirchlichen Segen bekommen sollten. „Wir möchten ein Gespräch auf Augenhöhe schaffen und die Inhalte mit guter Expertise verständlich darstellen“, erklärt Dekanatsjugendreferent Christopher König, der sowohl von Jakob Küchler, als auch von Anne Remmel, Florentina und Helena Schulte darum gebeten wurde, in der Angelegenheit zu vermitteln.

Sich im Gespräch wieder anzunähern, wünschen sich die drei Messdienerinnen sehr. Ob ihr emotionaler Wunsch nach gleichberechtigter Segnung für alle Menschen sich mit den Ansichten Roms und Vikar Küchlers vereinen lässt, daran haben sie ihre Zweifel. „Für mich ist es halt klar, dass unsere Botschaft die Richtige ist. Ich gehe also davon aus, dass wir am Ende des Gesprächs alle weiterhin unsere Meinungen vertreten. Dass wir offen darüber sprechen und uns näher kommen, ist mir aber sehr wichtig“, ordnet Anne Remmel die Situation für sich ein. Wann genau es zu dem Gespräch kommen soll, steht noch nicht fest, die Planungen wurden aber bereits aufgenommen.