Meschede. Felix Willmes aus Meschede spendet Stammzellen an einen genetischen Zwilling. Warum der 18-Jährige das macht und was ihn überrascht hat.

Felix Willmes besucht das Städtische Gymnasium in Meschede, spielt Fußball im FC Remblinghausen, ist bei der Freiwilligen Feuerwehr, spielt dort im Orchester auch die Posaune - und wenn noch Zeit bleibt, angelt er. Der 18-Jährige ist „’n Echten“ wie man im Sauerland so sagt. Wirkt zuverlässig, eher ein ruhiger Typ. Und er ist Stammzellenspender.

Registrierung bereits mit 17

Das ist ungewöhnlich früh. Denn erst mit 17 Jahren darf man sich überhaupt typisieren lassen. Doch kurz nach seinem 17. Geburtstag registrierte sich der Gymnasiast bereits auf der Seite der Deutschen Knochenmark-Spender-Datei (DKMS), ließ sich ein Test-Kit zusenden und nahm den erforderlichen Mundabstrich. „Meine Cousine hat vor drei Jahren Stammzellen gespendet. Damals habe ich das erste Mal davon gehört. Die Typisierung war komplett unkompliziert.“

Menschen zu helfen, das ist ein Thema für den jungen Mann. Das ist auch ein Grund, warum er bei der Freiwilligen Feuerwehr ist. „Für mich ist die Typisierung eine Chance, anderen das Leben zu retten oder wenigstens mehr Lebensqualität zu schenken.“ Dabei gab es für ihn keinen konkreten Anlass, niemand in der Familie oder im Bekanntenkreis, der betroffen war. „Ich habe das einfach auf gut Glück gemacht.“ Im vergangenen November, etwa ein Jahr nach seiner Typisierung, kam dann tatsächlich der Anruf der DKMS: Man habe hier einen Patienten, dem Felix Willmes möglicherweise helfen könne.

Test-Kit erhalten

„Da war ich total aufgeregt“, gibt der junge Mann zu. Dabei wusste er auch: Das heißt erstmal nicht viel, nur dass weiter verglichen wird. Er erhielt ein weiteres Test-Kit - diesmal, um Blut abzunehmen. Sein Nachbar, Henrik Zieleniecki, eigentlich Frauenarzt in Meschede, übernahm das auf dem kurzen Dienstweg und ließ sich gleich versprechen, dass er auf dem Laufenden gehalten werden will, wie es weitergeht. Bald war klar, gesundheitlich stand der Spende nichts im Weg. Doch dann passierte erstmal nichts.

„Man hatte mir gesagt, dass wenn sich die DKMS nicht innerhalb von drei Monaten meldet, es wahrscheinlich nichts wird.“ Drei Monate tat sich nichts. Heute weiß Felix, dass das wahrscheinlich nicht daran lag, dass er nicht gebraucht wurde. „Die Ärzte haben mir später gesagt, dass es gut sein kann, dass der Patienten nicht stabil genug war. Er bekommt vorher eine heftige Chemotherapie und auch die Transplantation selbst ist für ihn ein Kraftakt.“

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Nochmal zwei Monate später, der junge Mann hatte seinen Einsatz schon abgeschrieben, kam dann doch noch der Anruf der DKMS, die Spenderklinik habe ihr „Go“ gegeben. Und es handele sich immer noch um denselben Patienten. Am Telefon und schriftlich wurde der Mescheder noch mal aufgeklärt, Termine wurde abgesprochen, „die gibt letztlich der Patient vor“. Felix Willmes entschied sich dafür die Stammzellen in Dresden zu spenden, nicht in Köln oder Frankfurt, was näher gelegen hätte. „In Dresden nimmt man gleichzeitig an einem Forschungsprojekt teil, dafür werden einem zusätzliche Stammzellen entnommen.“

Felix Willmes bei der Stammzellenspende in Dresden. „Eigentlich war das dann ganz entspannt.“
Felix Willmes bei der Stammzellenspende in Dresden. „Eigentlich war das dann ganz entspannt.“ © Privat | Privat

Langer Weg für die Stammzellen

Zweimal fuhr der 18-Jährige nach Dresden, das erste Mal allein, zum erneuten Gesundheits-Check, das zweite Mal begleitete ihn ein Kumpel. Seine Freundin konnte nicht, sie steckte gerade mitten im Abi. „Es war gut zu wissen, dass jemand dabei ist, falls es mir hinterher schlecht geht.“ Vor der Spende hatte er sich vier Tage spritzen müssen, damit sein Körper mehr Stammzellen produziert. Die Symptome waren heftig, Kopf- und Rückenschmerzen, die ihn sogar nachts wachhielten. Die Spende selbst war dagegen schnell erledigt. Drei Stunden saß er in der Praxis, im linken Arm wurde das Blut entnommen, rechts wurde es wieder eingeleitet. „Ich saß da eigentlich ganz entspannt, habe einen Film auf dem Handy geguckt und hinterher ein bisschen mit den anderen Spendern geredet.“

Wieder zu Hause erfuhr Felix Willmes dann auch, dass seine Stammzellen jetzt einen langen Weg vor sich haben. Sein genetischer Zwilling lebt in Nordamerika. „Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte eher gedacht, dass das ein Mensch zumindest aus Deutschland ist und dass man über 27 Ecken vielleicht sogar doch irgendwie verwandt ist.“ Das scheint jetzt unwahrscheinlich. Denn die Willmes sind waschechte Sauerländer, die Familie lebt seit Generationen in Meschede.

Datenschutz

Viel mehr wird über den Patienten aber erstmal aus Datenschutzgründen nicht verraten. Nur einen Brief durfte Felix bereits verfassen, in dem er seinem genetischen Zwilling alles Gute wünscht. Und in zwei Jahren können, wenn beide Seiten einverstanden sind, die Adressdaten ausgetauscht werden. Felix Willmes fände das wunderbar. „Das ist doch verrückt, dass ich einen genetischen Zwilling habe, der so weit weg lebt. Den würde ich schon gern kennenlernen.“ Und dass er ihm vielleicht das Leben retten konnte, das macht ihn besonders glücklich. „Ich würde das immer wieder machen“, sagt er und hofft, „dass jetzt auch mancher Ältere denkt, wenn das so ein junger Kerl kann, dann kann ich das auch.“

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Emrah Kilic, DKMS-Pressesprecher, schreibt zur Spende von Felix Willmes: „Es kommt tatsächlich eher selten vor, dass man bereits mit 18 spendet. In 2021 haben bei der DKMS Deutschland insgesamt 5526 Personen gespendet, davon waren 118 erst 18 Jahre alt (am Tag des Spenderauftrags).“

Generell gilt aber, dass junge Menschen, vor allem junge Männer, am häufigsten spenden. Diese Zielgruppe werde am häufigsten von den transplantierenden Ärzte angefragt. Kilic: „Deshalb ist es wichtig, dass sich möglichst viele junge Menschen registrieren.

Dadurch, dass sie auch länger in der Datei bleiben, ist die Chancen, tatsächlich zu spenden statistisch gesehen höher. Auch haben junge Menschen in der Regel weniger Vorerkrankungen und kommen dadurch eher für eine Stammzellentnahme infrage.“ Im Jahr 2021 waren insgesamt 43,9 Prozent der Spender männlich und zwischen 18 und 30 Jahre alt. Am häufigsten haben Männer zwischen 22 und 24 Jahre gespendet. Registrieren kann man sich bei der DKMS bis 55 Jahre, eine Spende ist dann noch bis zum 61. Geburtstag möglich.

Blut wird in Dresden entnommen und die Stammzellen werden dann herausgefiltert.
Blut wird in Dresden entnommen und die Stammzellen werden dann herausgefiltert. © Privat | Privat