Menden. Nach sieben Jahren als Gleichstellungsbeauftragte im Rathaus wechselt Andrea Swoboda ins Schulressort. Bilanz mit Licht und Schatten.

Nachfolgerin gesucht! Nach sieben Jahren als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Menden hat sich Andrea Swoboda (54) kürzlich für die Teamleitung im Bereich Schule und Sport im Rathaus beworben – und die Stelle von Miriam Sdunek übernommen, die zur Stadt Werdohl wechselte. „Nach sieben Jahren wieder etwas anderes zu machen, die Perspektive zu verändern von der Einzelkämpferin zur Teamleiterin, das hat mich schon sehr gereizt“, bekennt die Mendenerin. Damit muss die Stadt nun eine neue Gleichstellungsbeauftragte suchen.

In sieben Jahren für die Gleichstellung: viel Licht, viel Schatten

Licht und Schatten sieht Andrea Swoboda, wenn sie beschreiben soll, was in „ihren“ sieben Jahren für die Gleichstellung von Mann und Frau erreicht worden ist, ob im Rathaus oder in der ganzen Stadt. Als eindeutig positiv betrachtet sie, dass es gelungen ist, den Frauenanteil im Rathaus in dieser Zeit deutlich zu erhöhen, auch in Spitzenpositonen. Swoboda nennt hier die Erste Beigeordnete Henni Krabbe, die auf Sebastian Arlt folgte. Sophie Dartmann, die den Bereich Integration von Dennis Bröcking übernahm. Oder Patrizia Deertz, die neue Jugendamtsleiterin und Nachfolgerin von Christian-Peter Goebels. Oder Steffi Ohm, die nach Michael Schmidt die Leitung der Stadtkämmerei übernommen hat. Auch in der Summe sei der Frauenanteil im Rathaus angestiegen. „Das ist gut, ein echter Erfolg“, sagt Andrea Swoboda. Doch dann kommt auch ein großes Aber.

„Wörter machen Bilder im Kopf, und wenn es immer nur ,der Pilot‘ heißt, dann ist das auch in der Vorstellung junger Frauen ganz klar ein Männerberuf.“

Andrea Swoboda
zur Gleichstellung in der Sprache

Gerade im vermeintlich Kleinen wird die Ungleichbehandlung erkennbar

„Gerade im vermeintlich Kleinen kann man sehr gut sehen, dass wir die Gleichstellungsstelle als Instrument immer noch dringend brauchen“, konstatiert sie. Mit dem „Kleinen“ meint sie zum Beispiel die alltägliche Behördensprache. „Auch ich will die deutsche Sprache nicht verhunzen“, beteuert Swoboda. „Aber wir müssen Mädchen und Frauen in der Sprache sichtbarer machen.“ Stattdessen werde es auch im behördlichen Schriftverkehr wieder gängige Praxis, nur das generische Maskulinum zu benutzen, natürlich mit der Rechtfertigung im Kleingedruckten, dass es nur um bessere Lesbarkeit geht. „Ich halte das für total falsch“, sagt Andrea Swoboda. Denn: „Wörter machen Bilder im Kopf, und wenn es immer nur ,der Pilot‘ heißt, dann ist das auch in der Vorstellung junger Frauen ganz klar ein Männerberuf.“

Ausbildungsbörse Wilhelmshöhe
40 Unternehmen und Institutionen, 60 Ausbildungsberufe und unterschiedlichste Studiengänge bietet die von Andrea Swoboda jährlich organisierte Ausbildungs- und Studienbörse auf der Mendener Wilhelmshöhe. © Stadt Menden | Swoboda

Nach Sendung über Frauenparkplätze fast nur Reaktionen von Männern

Ein anderes Beispiel: Als sie im ersten Jahr in einem Radio-Interview die Notwendigkeit von Frauenparkplätzen betonte, erhielt sie über die Sozialen Medien fast nur Reaktionen von Männern, die ihrerseits Gleichberechtigung einforderten. „Wer hat denn in einer dunklen Ecke mehr Grund, sich zu fürchten?“, fragt sie zurück. Die dahinter stehende Haltung, man brauche doch in Deutschland keine Gleichstellungspolitik mehr, sei ihr in den vergangenen sieben Jahren in vielen Zusammenhängen begegnet. „Es wird getan, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Punkt.“ Dabei gebe es die Gleichberechtigung von Mann und Frau in vielen Bereichen weiterhin nicht.

Die Coronaphase war schwierig für Netzwerkerinnen wie Andrea Swoboda (rechts), hier Marianne Völlmecke von der kfd.
Die Coronaphase war schwierig für Netzwerkerinnen wie Andrea Swoboda (rechts), hier Marianne Völlmecke von der kfd. © Stadt Menden | Johannes Ehrlich

In der Coronazeit sind viele Kontakte im Netzwerk verlorengegangen

Auch deshalb füllt Andrea Swoboda ihre ehemalige Stelle bis zur Wiederbesetzung noch in Teilen aus, während sie sich zugleich in das Ressort Schule und Sport hineinfräst: Der Übergang soll möglichst fließend vonstatten gehen. Denn was ein echter Bruch in einer Arbeit bewirken kann, die zu großen Teilen aus Netzwerken besteht, hat sie in der Gleichstellungsstelle auch erlebt: „Die vielen verlorenen Kontakte aus der Coronaphase haben bis heute Spuren hinterlassen. Es ist dann wirklich schwierig, all die dabei verlorenen Kontakte wieder neu zu knüpfen, die auseinandergegangenen Gruppen wieder zusammenzuführen. Und das ist auch nicht immer gelungen.“

Bereich Schule und Sport: Für Andrea Swoboda ist das auch eine Rückkehr

Ihr aktueller Arbeitsplatz mag jetzt ein neuer sein, der Arbeitsbereich ist für sie kein Neuland: „Ich habe jahrelang im Ausschussdienst den Fachbereich Schule und Sport betreut“, erzählt die frühere Referentin von Bürgermeister Rudi Düppe. Für ihn war sie in seinen 15 Jahren als ehrenamtlicher und hauptamtlicher Erster Bürger der Stadt die Ansprechpartnerin Nummer 1 im Rathaus. Auch in Sachen Schule und Sport habe sich naturgemäß viel verändert. Doch auch hier ist sie am Ball geblieben, engagiert sich zum Beispiel seit Jahren als Organisatorin der großen Frühjahrs-Ausbildungsbörse auf der Wilhelmshöhe. Dabei stellen sich heimische Unternehmen den Mendener Schülerinnen und Schülern vor – und umgekehrt.

Suche nach der Nachfolgerin: Vorstellungsgespräche beginnen jetzt

Jetzt werde sie es jedenfalls genießen, ein Team um sich zu haben, statt als Gleichstellungsbeauftragte buchstäblich eine Alleinstellung zu haben. Auch ihre augenblickliche Doppelfunktion sollte bald Geschichte sein. Denn die Suche nach der Nachfolgerin von Andrea Swoboda läuft. Die Vorstellungsgespräche beginnen im November.