Menden/Frankfurt. Die Autorin Sarah Pines hat einen Debütroman über das Sauerland geschrieben. Den stellt sie nicht nur beim Autorenherbst vor.
Größer könnten die Kontraste kaum sein. Sarah Pines ist am Stand des Diogenes-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse, spricht mit Leserinnen und Lesern über ihren Debütroman „Der Drahtzieher“. Plötzlich ist die im Sauerland geborene und jetzt an der Ostküste der USA lebende Autorin mitten drin in der großen Bücherwelt. Wenige Tage zuvor hat sie noch in Menden gelesen, in der gemütlichen Buchhandlung Daub. Inhaber Andreas Wallentin wollte sie unbedingt nach Menden holen, hat ihr Buch im WDR-Hörfunk vorgestellt. Es ist die erste „richtige“ Lesung der neuen Autorin. Tags zuvor ist ein Termin in Soest quasi ins Wasser gefallen, weil Sarah Pines im Stau auf der gesperrten A1 stand.
Der Applaus, den die Autorin bekommt, ist nicht nur Mutmacher. Sarah Pines hat die Erwartungen des Publikums, aber auch die des Buchhändlers erfüllt. Andreas Wallentin lobt sie: „Sie haben ein tolles Zeitmanagement. Es ist großartig, dass Sie hier waren“, gibt er ihr mit auf den Weg. Sarah Pines hat nicht nur aus ihrem Buch vorgelesen, sondern auch etwas über ihr Leben und über ihre Wurzeln erzählt. Das Leben der Sarah Pines – das drängt sich auf – kann durchaus als aufregend bezeichnet werden.
Sarah Pines hat ihre ersten Lebensjahre bei ihren Großeltern verbracht. „Im Wald“, wie sie sagt. Ihre Eltern waren jung, Oma und Opa haben Sarah Pines geprägt. Sie hat die Grundschule in Letmathe besucht, zog später nach Bonn. In Köln und an der Stanford University hat sie Literaturwissenschaft studiert. In Düsseldorf legte sie mit einer Arbeit über Baudelaire ihre Promotion ab. Heute schreibt sie für die Kulturressorts der „Zeit“, der „Welt“ und der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) – und das alles aus den USA.
„Trump ist dort noch beliebter als die Menschen in Deutschland denken.“
Schon 2009 ist Sarah Pines in die Vereinigten Staaten von Amerika gezogen, hat zunächst in Kalifornien gelebt. Eine Zeit, an die sie sich gerne erinnert. „Nach Kalifornien, da müssen Sie mal hin“, sagt sie vor ihrer Premierenlesung beim Plausch auf dem roten Sofa der gemütlichen Buchhandlung. Weil ihr damaliger Ehemann einen Job an der Ostküste bekam, zog es sie dorthin. Heute lebt sie in New York. Sarah Pines erlebt jetzt ein ganz anderes Amerika. Wie erlebt sie die USA überhaupt? Tatsächlich seien die Vereinigten Staaten ein gespaltenes Land – und: „Trump ist dort noch beliebter als die Menschen in Deutschland denken.“ Sie halte es für „gut möglich“, dass die Demokratin Kamala Harris die Wahl am 4. November nicht gewinne.
Dass Sarah Pines in dieser Situation in den USA einen Roman über das Sauerland schreibt, ist ungewöhnlich. Dass der auch noch in den 1920er-Jahren spielt, noch mehr. Wer aber genau hinhört, der spürt diese große Liebe zu ihrer Heimat. „Das Sauerland ist mein Heimwehort, es fehlt mir sehr“, sagt die Autorin. In ihrem Roman ist das Sauerland mehr als nur Kulisse. Es geht um einen Drahtfabrikanten, vor allem aber um eine komplizierte Liebesgeschichte. Und es geht um die Rolle der Frau.
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Für den Fabrikanten Theodor Hugo Hasselt, Hauptfigur des Romans, hat Sarah Pines ein Vorbild: ihren Ur-Ur-Großvater. „Den habe ich natürlich nie gekannt, aber ich stelle ihn mir so vor“, sagt sie. Ein Mann mit Wutanfällen und einer besonderen Eigenschaft, die auch Pines‘ Ur-Ur-Großvater hatte: Die Tischdekoration muss stimmig sein. Ist sie das nicht, rastet er aus. In Südafrika hat er sich in seine Cousine Alba verliebt, er bringt die wahnsinnig schöne Frau mit heim auf seinen Landsitz in Iserlohn.
Die Gäste in der Buchhandlung Daub kann man an diesem Abend an zwei Händen abzählen. Die aber sind sehr interessiert, hinterfragen das Frauenbild der Zeit, in der Pines‘ Roman spielt. „Es ist so spannend, wie Sie die Figur Theodor beschreiben“, sagt eine Zuhörerin. Die Rolle zwischen sehr kontrollierten Momenten und plötzlichem Jähzorn – das ist tatsächlich spannend.
Die nächsten Veranstaltungen
Der Autorenherbst der Buchhandlung Daub wird mit folgenden Veranstaltungen fortgesetzt:
Donnerstag, 24. Oktober, 19 Uhr: Adrian Geiges – „Front gegen die Freiheit“, Firma ECO Schulte
Mittwoch, 30. Oktober, 19 Uhr: Ruprecht Polenz – „Tu was!“, Theater Am Ziegelbrand
Samstag, 2. November, 19 Uhr: Martin Walker – „Im Chateau“, Restaurant Il Campo, Fröndenberg
Montag, 18. November, 19 Uhr: Prof. Carlo Masala – „Zeitenwende“, Wilhelmshöhe
Freitag, 22. November, 19 Uhr: Jan Weiler – „Munk“, Theater Am Ziegelbrand
Tickets für alle Veranstaltungen gibt es in der Buchhandlung Daub, Unnaer Straße 7, Tel. (02373) 3065.
In Menden hat Sarah Pines den Anfang ihrer Autorinnenkarriere gemacht. Sie verrät, dass sie schon ein weiteres, älteres Manuskript in der Schublade habe: „Das wird aber dann wohl mein zweites Buch.“ Details verrät sie nicht – auch nicht auf der Frankfurter Buchmesse. Dort gab es für Sarah Pines, die gemeinsam mit Stefanie vor Schulte Überraschungsgast beim Blogger-Treffen des Diogenes-Verlags war, viele schöne Begegnungen. Und natürlich signierte die fleißig Bücher – wie zuvor schon in Menden.
Der Roman „Der Drahtzieher“ ist als Hardcover am 21. August 2024 im Diogenes-Verlag erschienen. Es ist 320 Seiten stark und für 24 Euro im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-257-07278-5).