Menden. FDP und Menden Innovativ beantragen sofortige Abberufung des 2. Beigeordneten Uwe Siemonsmeier: „Wichtige Informationen vorenthalten“

Mendens Stadtkämmerer Uwe Siemonsmeier, der zugleich 2. Beigeordneter ist, ist in den Fokus zweier Ratsfraktionen geraten. In einem gemeinsamen Antrag fordern FDP und Menden Innovativ (MI) die sofortige Abberufung des obersten Finanzchefs der Stadt. Am 12. November sollte das Thema demnach auf die Tagesordnung der Ratssitzung genommen werden. FDP und MI berufen sich auf den Paragrafen 71 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, nach dem Beigeordnete vorzeitig abberufen werden können.

Blick ins Gesetz

Nach Paragraf 71, Abs 7 der Gemeindeordnung NRW können Beigeordnete abberufen werden. Der Gesetzestext im Wortlaut:

Der Rat kann Beigeordnete abberufen. Der Antrag kann nur von der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder gestellt werden. Zwischen dem Eingang des Antrags und der Sitzung des Rates muss eine Frist von mindestens sechs Wochen liegen. Über den Antrag ist ohne Aussprache abzustimmen. Der Beschluss über die Abberufung bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder. Ein Nachfolger ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu wählen.

Die Stadtverwaltung bestätigt auf Anfrage nicht nur den Eingang des Antrags, sondern hat ihn auch schon geprüft. Stadtsprecherin Vanessa Wittenburg teilt das Ergebnis mit: „Wir behandeln das Schreiben der beiden Fraktionen formal derzeit nicht als Antrag, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Dies haben wir sowohl den Antragstellern als auch den Ratsmitgliedern bereits so mitgeteilt.“ Der sogenannte Antrag werde also auch nicht in die Beratungsfolge des Rates eingebracht. Der Rat der Stadt Menden hat 60 Mitglieder. Für die erforderliche Mehrheit, die einen Antrag zur Abberufung eines Beigeordneten stellen kann, seien demnach 31 Ratsmitglieder notwendig. FDP und MI als Antragsteller kommen zusammen aber lediglich auf neun Mitglieder.

Antragstellern bleibt Zeit zur Nachbesserung

Ist die Abberufung damit vom Tisch? Nicht unbedingt, heißt es seitens der Stadt. Sollte bis zum 29. Oktober, also sechs Wochen vor der Dezember-Ratssitzung, ein Antrag auf Abberufung von mindestens 31 Mitgliedern des Rates vorliegen oder von ihnen unterstützt werden, müsste der Rat in seiner Sitzung am 10. Dezember über den Inhalt des Antrages abstimmen. Fest steht: Eine Aussprache findet bei einem Antrag auf Abberufung nicht statt. Dies diene dem Schutz des Beigeordneten vor Diskriminierung, erklärt die Stadtsprecherin. Zudem sei die Aussprache des Misstrauens ausreichend für eine Abstimmung, weitere Sachgründe müssten nicht vorgetragen werden. Eine Abberufung würde erfolgen, wenn eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wird – also 41 Stimmen. Diese Zahl ist unabhängig von den tatsächlich anwesenden Ratsmitgliedern. Läge diese Mehrheit vor, müsste der Bürgermeister einen Abberufungsbescheid erlassen. Die Wahl eines Nachfolgers müsste dann innerhalb von sechs Wochen erfolgen.

Siemonsmeier zog Bürgermeisterkandidatur in seiner Heimat zurück

Uwe Siemonsmeier, der seit 2011 Kämmerer und Beigeordneter der Stadt Menden ist, wurde zuletzt am 2. Juli 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 als Stadtkämmerer und somit zum 2. Beigeordneten wieder gewählt. Die Dauer der Amtszeit beträgt acht Jahre und endet somit regulär zum 31. Dezember 2027. Vor der Kommunalwahl 2020 war Siemonsmeier in seiner Heimatstadt Porta Westfalica von CDU und FDP als Bürgermeisterkandidat nominiert worden, zog seine Kandidatur aber zurück. Die Ausübung seines Amtes in Menden sei mit einer notwendigen, tief gehenden Einarbeitung in die kommunalpolitischen Themen in Porta nicht vereinbar, erklärte Siemonsmeier damals. „Meine Erfahrung und Sachkenntnis über die meinen Geschäftsbereich betreffenden Aufgabengebiete möchte ich daher weiterhin für Menden (...) zur Verfügung stellen“, sagte er.

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FDP und Menden Innovativ üben harsche Kritik an Siemonsmeier

FDP und MI begründen ihren jetzigen Abberufungsantrag damit, dass Siemonsmeier „unter anderem seine Pflichten als Kämmerer in mehrfacher Hinsicht nicht ordnungsgemäß wahrgenommen“ habe. Diese Auffassung stütze sich auf mehrere Punkte:

  • Mangelnde Haushaltsdisziplin: Trotz hoher Zuwendungen aus dem Stärkungspakt NRW, unvergleichbar hoher Steuereinnahmen etc. sei es Siemonsmeier nicht gelungen, den Haushalt der Stadt Menden so stabil aufzustellen, dass dieser auch nach der Entlassung aus dem Stärkungspakt nachhaltig bewirtschaftet werden könne.
  • Unzureichende Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Stadtrat: Siemonsmeier sei seiner Informationspflicht gegenüber dem Stadtrat nur unzureichend nachgekommen. Insbesondere in Haushaltsfragen und bei wichtigen finanziellen Entscheidungen sei der Rat nicht rechtzeitig und vollständig informiert worden, sodass eine fundierte Entscheidungsfindung erschwert worden sei. Zusätzlich habe er dem Rat „nachweislich wichtige Informationen vorenthalten bzw. und nach eigener Aussage Informationen gezielt und selektiv verteilt, um Mehrheiten für ,seine Vorhaben‘ zu gewinnen“.
  • Vertrauensverlust in der Verwaltung und der Öffentlichkeit: Es bestehe ein erheblicher Vertrauensverlust innerhalb der Stadtverwaltung und auch in Teilen der Bevölkerung gegenüber dem Kämmerer. Mehrere Beschwerden seitens der Mitarbeitenden und aus der Bürgerschaft über die Amtsführung von Siemonsmeier seien „nicht sachgerecht adressiert worden“.
  • Missmanagement von Investitionsprojekten: Bei der Umsetzung wichtiger Investitionsprojekte sei es zu mehrfachen Verzögerungen und Kostenüberschreitungen gekommen, die nach Ansicht der Antragsteller auf unzureichendes Management und eine fehlende Aufsicht seitens des Kämmerers zurückzuführen seien.

Darüber hinaus gebe es „eine ganze Reihe von weiteren zu hinterfragenden Sachverhalten“, etwa die Besetzung der Stelle der Kulturamtsleitung. Diese Gründe, die nicht weiter konkretisiert werden, stellen aus Sicht von FDP und MI „eine schwerwiegende Pflichtverletzung im Sinne des Paragrafen 71, Absatz 7 der Gemeindeordnung NRW“ dar, die eine „vorzeitige Abberufung des Beigeordneten und Kämmerers“ rechtfertige. Neben der Abberufung Siemonsmeiers als Beigeordnetem beantragen die beiden Fraktionen auch die Einleitung des Verfahrens zur Nachbesetzung der Position des 2. Beigeordneten (Kämmerers) durch den Stadtrat, sofern die notwendig sei. Heißt: FDP und MI können sich auch vorstellen, dass nur eine Beigeordnetenstelle für Menden ausreicht.