Menden. Entwässerungsbetrieb SEM vor der Auflösung. Jetzt soll die Aufgabe an die Stadt oder die Stadtwerke gehen, und die Zeit drängt.
Hat die Stadt Menden ab Januar kein funktionierendes Abwasser-Management mehr? Dieses Szenario droht, weil der Stadtentwässerungsbetrieb Menden (SEM) dann mehr als ein Drittel seiner Stellen dauerhaft nicht mehr besetzt hat. Deshalb hat die Verwaltungsspitze jetzt einen drastischen Vorschlag gemacht: Der SEM soll nach 26 Jahren als „eigenbetriebsähnliche Einrichtung“ aufgelöst werden, das Mendener Kanalnetz wieder unter das Dach der Stadtverwaltung kommen.
Siemonsmeier: Im Rathaus wartet dringend benötigte Unterstützung
Damit, so meint der Erste Beigeordnete Uwe Siemonsmeier, können die verbliebenen SEM-Kräfte die dringend benötigte personelle Unterstützung aus dem Rathaus gewinnen. Unklar ist unterdessen, ob auch eine Übernahme des Kanalnetzes durch die Stadtwerke Menden in Frage kommt. Die Möglichkeit, das Mendener Kanalnetz ab Januar 2025 an den Ruhrverband abzugeben und dafür 108 Millionen Euro zu erhalten, hat eine Ratsmehrheit aus CDU, FDP und AfD kürzlich abgelehnt.
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Techniker und Ingenieure krank, gegangen oder auf dem Absprung
Wie Uwe Siemonsmeier in seiner Beschlussvorlage zur SEM-Auflösung vorrechnet, verfügt der städtische Betrieb planmäßig über 8,5 Stellen. Aktuell ist jedoch immer noch die Stelle eines Technikers frei, der den Betrieb am Jahresanfang verlassen hat. Eine weitere Technikerstelle gilt wegen der Langzeiterkrankung einer Beschäftigten als unbesetzt. Zum Jahresende verlässt nun noch ein weiterer Ingenieur die Stadtentwässerung Menden. Damit aber droht offenbar das Szenario, dass die Stadtentwässerung ab Januar ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Dazu Uwe Siemonsmeier: „Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in den technischen Berufen, ist nicht davon auszugehen, dass die freien Stellen besetzt werden können.“
„Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in den technischen Berufen, ist nicht davon auszugehen, dass die freien Stellen besetzt werden können.“
Appell von Kisler (Grüne): „Da muss jetzt zwingend etwas passieren!“
Was das ohne Gegenmaßnahmen bedeuten kann, macht am Mittwochabend in einem Appell an die Mitglieder des städtischen Hauptausschusses das Grünen-Ratsmitglied Marus Kisler deutlich: „Da muss jetzt zwingend etwas passieren. Wir haben ab Januar sonst eine wirklich dramatische Lage. Die Stadtentwässerung muss arbeitsfähig bleiben. Es kann doch nicht sein, dass beim nächsten Starkregen die betroffenen Bürger dort anrufen und dann niemanden mehr erreichen.“
CDU-Fraktionschef Bernd Haldorn erklärt zunächst, dass die Personalstruktur in dem städtischen Betrieb schon vor der Debatte um die Kanalnetz-Übertragung an den Ruhrverband problematisch gewesen sei. Auch in den Monaten der Diskussion habe sich daran nichts geändert. Die Union werde der Rückführung des Kanalnetzes in die Obhut der Stadtverwaltung aber nicht zustimmen, solange nicht klar sei, ob nicht auch die Stadtwerke Menden als 100-prozentige Tochter der Stadt diese Aufgabe übernehmen könnten.
CDU: In Selm dürfen die Stadtwerke das Netz übernehmen, in Menden nicht?
Genau das, also eine Übertragung der Aufgaben auf die Stadtwerke Menden GmbH, hat die Stadtverwaltung nach eigenen Angaben längst überprüft. Die Antwort: Da die Abwasserbeseitigung eine hoheitliche Aufgabe ist, dürfe es keine Übertragung auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen geben, also auch nicht auf die Stadtwerke. Das bestreitet Haldorn jedoch entschieden: „Die Stadt Selm hält meines Wissens nach 51 Prozent an ihrer Stadtwerke-Gesellschaft, und dort ist das Kanalnetz übertragen worden. Warum ist in Selm etwas erlaubt, was bei uns verboten sein soll?“
Bürgermeister zeigt sich überrascht: Neuerliche Prüfung bis zur Ratssitzung
Bürgermeister Dr. Roland Schröder zeigt sich von diesen Aussagen „wirklich überrascht“. Die Stadt Menden habe bei ihren Recherchen erfahren, dass die Auslagerung der Abwasserbeseitigung bestenfalls an eine „Anstalt öffentlichen Rechts“ erlaubt sei. Das sei zum Beispiel in der MK-Kreisstadt Lüdenscheid der Fall. Schröder: „Wir werden das nochmal überprüfen.“ Nun will man bis zur Ratssitzung am 24. September nochmals nachfragen, ob eine Übertragung an die Stadtwerke Menden nicht doch möglich ist. Erst im Stadtrat soll dann die Entscheidung darüber fallen, wie jetzt verfahren wird.
Verwaltungsspitze hat bereits die Planung für die Rückkehr entworfen
Die Mendener Verwaltungsspitze hat unterdessen bereits eine neue Organisationsstruktur entworfen, die nach der Rückkehr des heutigen SEM in die Rathaus-Abteilung Straßenbau und Verkehr greifen könnte. Demnach könnten sich durch diese Zusammenlegung „Vorteile für die konkrete Sacharbeit“ ergeben.