Menden. Aufklärung in Schwitten: Polizistinnen lotsen Motorradfahrer von der Straße und sprechen über Gefahren. Fahrer reagieren einsichtig.
Die B7 in Schwitten am Morgen des 5. September 2023: Ein junger Motorradfahrer aus Wickede stürzt bei einem „Wheelie“ schwer. Statt als Show-Einlage auf dem Hinterrad weiterzufahren, krachen Motorrad und Fahrer wuchtig in die Bushaltestelle in Höhe des Sportplatzes auf der Fahrspur in Richtung Menden. Der Junge muss lebensgefährlich verletzt im Rettungshubschrauber in die Unfallklinik geflogen werden.
Die B7 in Schwitten am Morgen des 22 Juni 2024: Ein 63-jähriger Motorradfahrer aus Menden kommt bei einem Sturz ums Leben, als ein Anwohner im Auto auf die Werler Straße herauszieht. Der Biker, stadtauswärts unterwegs, kann in Höhe des ehemaligen BMW-Autohauses nicht mehr ausweichen und prallt auf die Fahrzeugseite. Nach dem Sturz stirbt er noch im Rettungswagen.
Die B7 in Schwitten am Nachmittag des 25. August 2024: Zwei Beraterinnen der Verkehrsunfall-Prävention der Polizei halten Motorradfahrer an, die stadteinwärts unterwegs sind. Sie werden von Polizeibeamten auf den kleinen Parkplatz kurz hinter der Einmündung Friedrichstraße gelotst. Die meisten Biker sind sich keiner Schuld bewusst, und das auch völlig zurecht: Hier geht‘s nicht um ein Vergehen oder eine Kontrolle. Hier geht es um ein Gespräch, das Bewusstsein schaffen soll für alles, was Motorradfahrern auf der Straße passieren kann.
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Erfahrene Biker reagieren verständnisvoll auf die Polizei-Aktion
„Mir macht das viel mehr Spaß, als Ihnen ein Knöllchen zu geben“, schmunzelt Oberkommissarin Buhrow-Loks im Gespräch mit Domenico Capua aus Affeln, der auf seiner schnittigen Aprilia-Rennmaschine auf der B7 unterwegs ist. Mit angepasster Geschwindigkeit, wohlgemerkt. Als er hört, was hier passiert ist, kann er die Polizei-Aktion vollauf verstehen: „Da muss dann auch was passieren.“ Dass die Strecke beliebt ist, liegt nicht nur an der lauschigen Schwitter Landschaft, weiß die erfahrene Polizistin: „Hier geht‘s in Richtung Sorpe, in Gegenrichtung zur Möhne.“ Beide Talsperren sind im Sommer beliebte Bikerstrecken.
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Auch andere Verkehrsteilnehmer gefährden Motorradfahrer
Manche Biker fahren tatsächlich, als gäbe kein Morgen, räumt der Affelner ein. Doch nehme die Gefährdung nicht nur durch Motorradfahrer zu. Sondern auch durch Verkehrsteilnehmer, die es noch gar nicht so lange gibt: „Dank der E-Bikes sind heute viel mehr Radfahrer in Gruppen unterwegs als früher. Die rollen auf der Straße dann langsam nebeneinander her und machen keinen Platz.“ Auch die immer beliebter werdenden 45-km/h-Autos seien für Motorradfahrer im Zweifel rollende Hindernisse, die auf Landstraßen für gefährliche Vollbremsungen sorgen könnten.
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Tipp: Sicherheitstraining gerade für Wenigfahrer sinnvoll
Ins Grübeln kommt auch Frank Giese aus Hemer, der auf seiner Honda spazieren fährt, als ihm der Grund für das Gespräch genannt wird. Der erfahrene Motorradfahrer wird von Oberkommissarin Kraus gefragt, ob er schon mal ein Fahrsicherheitstraining absolviert habe. „Das wollte ich immer, denn ich fahre nicht so oft. Und gerade zu Anfang der Saison wäre das dann wohl sinnvoll.“ Frank Giese wohnt unweit des Sauerlandparks, wo solche Trainings angeboten werden. „Gehen Sie doch mal hin“, fordert ihn die Beamtin freundlich auf. Er will sich‘s überlegen. Zumal sein letzter Erste-Hilfe-Kursus ungefähr 36 Jahre her ist. Angesprochen wird auch die Frage der Sichtbarkeit bei Dämmerung und Dunkelheit: „Es gibt heute reflektierende Klamotten, die echt gut aussehen.“
Fachkommissariat Verkehrsunfallprävention bei der Kreispolizei installiert
Vorbeugung durch Aufklärung: Das gibt‘s bei der heimischen Polizei nicht nur im Kriminalbereich. Zum einen ist laut Definition jeder Polizeibeamte, jede Polizeibeamtin im Land tagtäglich auch vorbeugend tätig. Darüber hinaus verfügt die Polizei im Märkischen Kreis über zwei Fachkommissariate mit speziell in diesem Bereich geschulten Beamtinnen und Beamten: das Kriminalkommissariat Kriminalprävention und Opferschutz mit Sitz in Menden und das Verkehrskommissariat Verkehrsunfallprävention und Opferschutz mit Sitz in Iserlohn-Letmathe. Dieser Abteilung gehören auch die beiden Polizistinnen an der B7 an.
Sie sind auch zuständig für Verkehrserziehung in Kindergärten, für die Schulweg- und Fahrradtrainings an Schulen, die jetzt nach den Sommerferien wieder beginnen. Und manchmal bringen sie eben in Erinnerung, dass so ein Training auch einem Motorradfahrer helfen kann.