Menden. 26 Ehrenamtler bieten Kindern bei der Stadtranderholung zwei Wochen voller Spiel und Spaß. Sie erklären, warum ihnen das wichtig ist.
Es ist laut, wuselig und bunt. Kunterbunt. So gibt es das diesjährige Motto vor - und das wird eben auch gelebt. Bei der Stadtranderholung in und um die Schützenhalle in Böingsen tummeln sich rund 100 Kinder und erleben zwei Wochen voller Spaß, Emotionen und Freundschaft. Von Kinderschminken, Workshops und Spielen über Ausflüge ins Kino, Jugendzentrum oder auf den Ketteler Hof bis hin zum Fahrrad-Training mit der Polizei oder Wasserspritzen mit der Feuerwehr: Das Programm ist so bunt wie die Kinder und ihre Geschichten. Möglich macht das ein Team aus 26 Mendener Ehrenamtlern, die sich teilweise extra Urlaub nehmen. Aber warum eigentlich? Wer sind diese Menschen und was bewegt sie?
Die Küchenfeen
Stephanie Kimm (58), bekannt als Steffi, packt Burgerbrötchen aus und legt sie in große Kisten. Immer an ihrer Seite ist Olivia Bendel (61), kurz Olli. Die beiden Frauen schnacken in der kleinen Küche der Schützenhalle miteinander, lachen viel. Aber vor allem sorgen sie dafür, dass 100 Kinder plus Betreuer und Helfer satt werden. Steffi und Olli sind zwei von drei Küchenfeen der Stadtranderholung. Heute stehen Burger auf dem Speiseplan - ein Highlight für alle kleinen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
„Ich könnte nicht damit aufhören. Wenn ich nicht mehr kommen dürfte, wäre das schon schlimm für mich.“
Seit rund 20 Jahren helfen die beiden Frauen ehrenamtlich in der Küche. Sie verarbeiten das Essen des Caterings oder verköstigen die hungrige Kinderscharr mit ihren eigenen Kreationen oder den Lieblingsgerichten der Kinder (Burger und Hot Dogs!). „Das macht mir einfach Spaß. Ich könnte nicht damit aufhören. Wenn ich nicht mehr kommen dürfte, wäre das schon schlimm für mich“, sagt Steffi und wirft Olli einen Blick zu. Die nickt prompt. „Das ist hier wie ein Zuhause für mich. Am schönsten ist es, wenn wir mit den Kindern Ausflüge machen“, sagt Olli, die beruflich Begleitperson für behinderte Menschen ist.
„Das ist hier wie ein Zuhause für mich.“
Und auch Steffi schaufelt sich die Zeit extra frei. Sie arbeitet eigentlich im Lager eines Schuhgeschäftes. Für die Stadtranderholung nimmt sie sich jedes Jahr zwei Wochen Urlaub. „Ich mache das für die Kinder, die sonst nicht in den Urlaub können.“ Irgendwie ist sie da so reingerutscht. Ihr Mann sei früher Betreuer gewesen, ihre eigenen Kinder früher auch hier vor Ort. Schließlich habe auch sie sich engagiert und sei bis heute am Ball geblieben. Für sie ist die Stadtranderholung ein fester Termin im Kalender. „So lange ich das körperlich noch kann, mache ich das auch“, sagt Steffi. Und Olli ergänzt: „Mein Mann fragt immer: Wieso tust du dir das jedes Jahr an? Und ich sage dann: Weil es eine Gemeinschaft ist!“
Das Leitungsteam
Alle Stränge laufen bei einem dreiköpfigen Mädelsteam zusammen. Ohne Laura Hellwig (30), Saskia Meyer (24) und Denise Rüscher (36) läuft hier nichts. Die Frauen organisieren die Anmeldung, alle Abläufe, aquirieren Helfer, übernehmen die Planung von Aktivitäten und sprechen bei potenziellen Geldgebern vor, um die Ferienbetreuung Jahr für Jahr auf die Beine stellen zu können.
Denn: Nach der Stadtranderholung ist vor der Stadtranderholung, sagt Denise Rüscher und lacht. „Eigentlich ist es wie ein Hobby“, erklärt sie. Ganzjährig gebe es Organisatorisches zu regeln, um zwei vollgepackte Spaß-Wochen zu ermöglichen. „Die WhatsApp-Gruppe ist bei mir immer oben angepinnt“, sagt die 36-Jährige. „Und machen wir uns nichts vor: Es ist schwieriger geworden, Ehrenamtler zu begeistern.“ Denise Rüscher war selbst - wie viele andere auch - bereits als Kind mit dabei und liebt die Stadtranderholung. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, nicht dabei zu sein“, sagt sie und lächelt. Auch sie nimmt für die Zeit unbezahlten Sonderurlaub. „Zu sehen, wie die Kinder groß werden und sich über die einfachsten Dinge freuen“, das gebe ihr persönlich viel. Auch der Zusammenhalt unter den Betreuern sei besonders. „Und mal ehrlich: Wann kann man denn auch selbst einfach mal wieder Kind sein? Hier geht das!“
„Und machen wir uns nichts vor: Es ist schwieriger geworden, Ehrenamtler zu begeistern.“
Die Finanzierung und Unterstützer
Trotz aller Zeit und Energie, die das Orga-Team in die Stadtranderholung steckt: Ohne Geld funktioniert es nicht. Eltern zahlen für zehn Tage Betreuung (jeweils zwischen 7.30 und 16 Uhr) in diesem Jahr 120 Euro inklusive Frühstück, Mittagsessen, Snacks und Ausflüge. Das sind 40 Euro weniger als sonst. Möglich macht das ein Zuschuss von der Stadt Menden. Doch allein durch Elternbeiträge seien die Kosten nicht zu decken. Deshalb ist Denise Rüscher dankbar, dass GeWoGe, Mendener Bürgerstiftung, Lhoist, Kirchengemeinde St. Josef, Containerdienst Bendel und Mendener in Not Geld zugesteuert haben.
„Das Programm ist auf Grundschulkinder ausgerichtet“, sagt Denise Rüscher. Mit der Zeit wurde es so angepasst, dass die Schulanfänger genauso auf ihre Kosten kommen wie die Siebtklässler. In acht Gruppen sind die Kinder aufgeteilt und erleben unterschiedliche Aktionen. So steht bald beispielsweise ein Fahrrad-Training auf dem Programm. Dafür kommen Peter Griwalski und Sandra Wietbüscher von der Unfallpräventionsabteilung der Kreispolizeibehörde Märkischer Kreis vorbei. Ein vertrauensvoller Erstkontakt mit der Polizei sei für das spätere Leben wichtig. Spielerisch möchte Peter Griwalski die motorischen Fähigkeiten der Kinder verbessern und sie fit für den Straßenverkehr machen. Körperbeherrschung sei bei kleinen Kindern immer häufiger ausbaufähig. „Wir versuchen hier, die Kinder zu sensibilisieren“, sagt der Experte. In dem lockeren Rahmen der Stadtranderholung gelinge das immer gut, weshalb er gerne jedes Jahr dabei sei.
Die Betreuer und Kinder
Derweil flitzen die Kinder innen und auf dem Außengelände umher und genießen die Zeit. Mathilda (7) und Fritz (8) machen es sich nacheinander auf dem Schminkstuhl bequem. „Ich möchte einen Tiger“, sagt Fritz selbstbewusst in Richtung des Profis, Vaso Tsaveli. Fritz ist zum zweiten Mal bei der Stadtranderholung dabei: „Wir machen hier so viel und ich finde hier immer neue Freunde“, sagt der Junge aus Hüingsen fröhlich. „Das professionell Kinderschminken haben wir uns in diesem Jahr gegönnt“, erklärt Denise Rüscher mit Blick auf den großen Schminkkoffer. Und es kommt an. Die Kleinen sind glücklich - ganz gleich, ob als Iron Man, Sternenhimmel, Hai oder eben Tiger.
„Wir machen hier so viel und ich finde hier immer neue Freunde.“
Doch das schönste Programm nützt nichts, wenn es keine ehrenamtlichen Betreuer gibt. Tim Hauke ist einer von ihnen und macht zum ersten Mal als Betreuer mit. Ein Glitzerherz ziert seine Wange. Er ist eben mittendrin, statt nur dabei. „Wir hatten damals einen tollen Betreuer und haben schöne Ausflüge gemacht“, erinnert er sich an seine eigene Zeit bei der Stadtranderholung als Kind.
Nun gibt er etwas davon zurück. „Ich habe mich überreden lassen“, gesteht er grinsend. Der 22-Jährige, der eigentlich Schwimmkurse im Hallenbad gibt, hat sich extra Urlaub genommen. „Bis jetzt macht er mir viel Spaß, obwohl ich abends dann immer sofort schlafen gehe.“ Dann grinst er: „Es ist wunderschön!“