Fröndenberg. Gäbe es in Fröndenberg einen Preis für besonderes innovatives Engagement, stünden die Macher des Freibad Dellwig sicher oben auf der Liste.
Nach der Übernahme des beliebten Freibades im Westen Fröndenbergs durch Bürger, die nicht damit einverstanden waren, dass die Stadtwerke eine beliebte Freizeiteinrichtung schließen wollten, wurden viele Ideen zur Kostendämpfung umgesetzt. Hellwach werden Aktivitäten entwickelt, die Staunen lassen: Immer den Blick auf Modernisierungsmöglichkeiten und auf Attraktivitätssteigerungen, um zusätzliche Einnahmequellen zu schaffen.
Sei es die Photovoltaikanlage auf dem Dach, seien es die Wärmepumpen, für die Wassertemperatur im Becken zuständig, immer werden Quellen aufgetan, die für nötigen Anschub sorgen. Natürlich darf die Eigenleistung nicht vergessen werden, bei Not am Becken packen sofort viele Hände mit an.
Der Mensch mit Blick von außen auf die Kreativität der „Macher“ nimmt nur staunend zur Kenntnis, dass kein noch so großes Problem die Energie bremst. Im Gegenteil, gibt es eine Nuss zu knacken, scheint sich der Wille, gegenzuwirken, potenziell zu steigern.
Der Wasserverlust nahm gravierende Formen an
So wie jetzt beim Kinderbecken. „Wir stellten einen relativ hohen Verbrauch fest“, machte sich Dirk Weise, Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft, schon vorletzten Sommer Sorgen. „Damals waren es acht Kubikmeter, jeden Tag.“ Nach 15 Kubikmetern täglich im letzten Jahr war schnell klar, dass etwas passieren musste: „Wir haben das Becken einen Tag außer Betrieb gesetzt, 24 Stunden später war es halb leer.“ Unter den Platten der Umrandung stand alles voll Wasser.
Die Fehlersuche gestaltete sich schwierig, es stand zwar fest, dass eine der zwölf Zuleitungen (Hirschgeweihanschluss) defekt war, alles lag aber in Beton. „Fachleute rieten, bei dieser Konstellation namens Hirschgeweihanschluss zur Radikalkur: abreißen“, so Dirk Weise.
Den Verantwortlichen war bewusst, dass ein Neubau vom Verein finanziell allein nicht zu tragen war, wieder war Kreativität gefragt. „Natürlich haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, wir wussten von der Leaderförderung ‚Börde trifft Ruhr‘“, schmunzelt der Geschäftsführer. Wissen bedeutet jedoch noch nicht bekommen: „Allerdings war die Hoffnung zumindest auf einen Teilbetrag groß.“
Den Organisatoren ist durchaus bewusst, dass selbst ein positiver Bescheid kein Nulltarif ist: „Immer muss ein Anteil getragen werden.“ Dazu zählt die Eigenleistung, die nicht zu unterschätzen ist, denn das ganze Dorf steht hinter seinem Freibad: „Viele kommen und packen an.“
Zusage von der Leaderförderung ‚Börde trifft Ruhr‘ bekommen
Die Kostenschätzung brachte lange Gesichter: „188.000 Euro ist eine gewaltige Summe.“ Die Stimmung hellte sich schnell wieder auf, denn eine Nachricht ließ alle Beteiligten aufatmen. Weise: „Als der Vorsitzende der Lokalen Aktionsgruppe, Dr. Martin Michalzik, Bürgermeister der Nachbargemeinde Wickede (Ruhr), uns mitteilte, dass eine Zusage für 115.000 Euro vorliegt, waren wir einfach happy.“
Die Sparkasse Unna/Kamen packte ebenfalls in den Spendentopf, um ihren Teil zur Unterstützung beizutragen: „Ein treuer Partner, für dessen Initiative wir sehr dankbar sind.“
Die Volksband wiederum bietet mit dem „Crowdfunding - Viele schaffen viel“ eine alternative Finanzierungsform, die die Öffentlichkeit in die Finanzierung einbezieht. Dabei verdoppelt das Geldinstitut jede Spende bis maximal zehn Euro zusätzlich. „Wir hofften, in einer Laufzeit bis zum 28. Februar 7000 Euro zu erreichen“, war das Ziel definiert. Die Überraschung: „Bereits am dritten Januarwochenende haben wir diese Summe überschritten.“ Jeder weitere Spender ist weiterhin willkommen: „Es kommen meist noch zusätzliche Kosten, die vorher nicht ersichtlich waren.“
Abgerissen ist der alte Betonklotz inzwischen, das neue Becken ausgesucht, glasfaserverstärkter Kunststoff aus einem Stück, 6,50 Meter in der Breite, 17 Meter in der Länge, zwei verschiedene Tiefen, 25 und 50 Zentimeter.
Baustraße über die Liegewiese muss gebaut werden
„Um das gute Stück direkt an Ort und Stelle zu platzieren, benötigen wir eine Baustraße über unsere Liegewiese, sonst sinkt der Lkw unweigerlich ein, der Boden würde verdichtet“, kamen die nächsten Sorgen. Ein Aufruf in den Medien brachte einen vielversprechenden Rückruf: „Da meldete sich Christopher Lanzynski von der Firma EPS, Kernkompetenz Eventböden, das Unternehmen ist Weltmarktführer.“ Nach dem Hinweis auf einen engen monetären Spielraum wollte der Anrufer mit seiner Chefin sprechen. „Bei diesem Rückruf musste ich mich setzen, mir zitterten die Knie“, gesteht Dirk Weise. Denn: „Die Dame sagte zu, die Kosten komplett zu übernehmen, bei diesem Zweck würde sie gern helfen. Das sind glatte 60.000 Euro, eine immense Summe“, ist die Begeisterung in der Stimme nicht zu überhören. Einzige Bedingung: Zur Einweihung möchte die EPS-Chefin eingeladen werden.
Spannend wird die Anfahrt des Spezialtransporters, alles wird genau mit dem Kreis Unna und der Stadtverwaltung geplant. Über den normalen Weg ist die Zufahrt nicht möglich. Es geht nachts durch ein Wohngebiet, Laternen, Straßenschilder werden abgebaut, ein Kran hebt das Becken an, damit Hecken nicht beschädigt werden. „Es wird spektakulär“, weiß der Geschäftsführer. „Wir nehmen mit unserem Filmteam alles auf.“
Zur Eröffnung am Mittwoch, 1. Mai, wird es nicht nur für die Kinder kunterbunt: „Wir feiern zusätzlich 50 Jahre Freibad Dellwig mit großem Empfang und Gottesdienst, bieten ein Programm an, werden vielleicht den Streifen von der Lieferung des Beckens zeigen.“
Stolz sind die „Macher“, dass sie es wiederum schaffen, ohne zusätzliche Gelder der Stadt den Kinderbeckenneubau zu realisieren.